25. Todestag von Ria Deeg, Kommunistin und Widerstandskämpferin

Angemessene Ehrung bis heute verweigert

Gießener Echo

Das „Gießener Echo“, die Kleinzeitung der DKP Gießen, erinnert in der Ausgabe August 2025 an die Gießener Antifaschistin und Kommunistin Ria Deeg. Wir haben den Beitrag geringfügig überarbeitet und danken dem „Gießener Echo“ für die freundliche Genehmigung zum Nachdruck.

Ria Deeg, geboren am 2. Oktober 1907, gestorben am 13. August 2000, war eine über die Grenzen Gießens hinaus bekannte Antifaschistin, Kommunistin und Trägerin der goldenen Ehrennadel. Seit 2015 gilt in Gießen, dass Ehrungen erst 20 Jahre nach dem Tod einer Person (vorher zehn Jahre) vorgenommen werden dürfen. Selbst am zwanzigsten Todestag verwehrte man ihr im Stadtparlament die von Martina Lennartz (damals Gießener Linke) beantragte angemessene Ehrung. Wir bleiben dran!

Auch zum 25. Todestag fordern wir wieder eine angemessene Ehrung in Form einer Stele in der Plockstraße. Ria wäre die erste und einzige Person aus dem Widerstand gegen den Faschismus, die so geehrt würde. Bisher wurden ausschließlich Opfer der Faschisten geehrt. Ria war beides: Sie leistete aktiven Widerstand und wurde deshalb verhaftet. Sie war aktiv im Wiederaufbau nach 1945, unermüdliche Zeitzeugin, als Friedenskämpferin, tief verankert in der Gießener Zivilgesellschaft ihrer Zeit bei hoher Akzeptanz ihrer Person über alle Parteigrenzen hinweg.

„Nun bin ich 86 Jahre alt und habe mein Leben lang für Frieden und Sozialismus gekämpft. Ich bereue nicht einen Tag. Das sozialistische Lager ist zusammengebrochen, Fehler wurden gemacht. Aber das soll uns nicht entmutigen. Karl Marx ist nicht tot, seine Idee lebt, und es gilt immer noch, und heute mehr denn je, für eine bessere Welt zu kämpfen – gegen Kapitalismus und Krieg. Leider ist das Gedächtnis der Menschen sehr kurz.“
Ria Deeg, 1993

Genossen, Freunde, Familie und Weggefährten erinnern sich an sie:

Von Ria und Walter bleibt mir in Erinnerung, dass sie die ersten Personen waren, von denen ich in einer öffentlichen Veranstaltung die Aussage hörte: „Ich bin Kommunist“. Die DKP gab es noch nicht, Kommunisten wurden vom Staat verfolgt. Bei Aktionen der Friedensbewegung wurde manchmal gemunkelt, der und der oder die und die seien Kommunisten. Dass sich jemand öffentlich zum Kommunismus bekannte, war für mich sehr eindrucksvoll.
Gernot Linhart

Wenn ich Ria traf – und auch Walter –, wusste ich, dass ich mich gut zu benehmen hatte. Aufrecht dasitzen, keine blöden Witze, nicht so viel quasseln, zuhören. Ich habe von ihr gelernt, die Gegenwart in das, was sie erfahren und geleistet hat, einzuordnen und es als Auftrag für die Zukunft zu verstehen. Danke!
Georg Fülberth

Als Marburger Student und junges Mitglied der VVN-BdA habe ich Ria Deeg häufig erlebt, wie sie in ihrer Lebendigkeit und Prinzipienfestigkeit über antifaschistischen Widerstand in Gießen, aber auch über aktuelle Themen gesprochen hat. Von ihr und Cilly Schäfer in Marburg lernte ich praktisch, welche großartige Rolle Frauen im antifaschistischen Kampf gespielt haben, eine Perspektive, die sich auch in unserer eigenen Geschichtsdarstellung durchsetzen musste. Und sie hat gezeigt, dass sie sich nicht als „Heldin“ gefühlt hat, sondern als Teil einer kollektiven organisierenden und organisierten Kraft. Diese Lehre gilt bis heute.
Ulrich Schneider, Historiker, seit 50 Jahren in der VVN-BdA aktiv

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Oberbürgermeister Mutz (SPD) überreicht Ria Deeg 1987 die Goldene Ehrennadel der Universitätsstadt Gießen. (Foto: DKP Gießen)

„Die Spuren Deines Lebens und die Zeit mit Dir wird stets lebendig sein.“ Der Spruch ist nicht von mir, trifft es aber ganz gut, wenn ich an meine Oma denke. Nun ist sie seit 25 Jahren tot, aber doch noch sehr lebendig in meiner Erinnerung. Sei es beim Radfahren üben mit mir als Fünfjährige oder beim Besuch der Karl-May-Festspiele in Bad Segeberg usw. Natürlich hat sie mich auch politisch geprägt. Das merke ich dieser Tage wieder ganz besonders, wenn es um Aufrüstung geht …
Anette Deeg-Steinmetz

An Ria Deeg bewundern wir ihren klaren Klassenstandpunkt und ihren konsequenten Einsatz für die Arbeiterklasse. Als Kommunistin stellte sie sich dem Faschismus mutig entgegen und kämpfte gegen Krieg, Ausbeutung und kapitalistische Unterdrückung. Ihr Wirken war geprägt vom Einsatz für Frieden und eine sozialistische Zukunft. Unser Auftrag ist es, ihr Erbe im Kampf für eine Welt ohne Krieg und Ausbeutung fortzuführen.
Antifaschistische Revolutionäre Aktion Gießen (ARAG)

Ria war immer optimistisch, klar, bescheiden und gradlinig. Für sie war es selbstverständlich, dass wir zusammen für den Sozialismus kämpfen. Ich hatte einen unglaublichen Respekt vor ihrem Kampf und Mut im Widerstand, niemals aufzugeben. Sie ist für mich ein großes Vorbild.
Martina Lennartz

Vor 100 Jahren trat Ria in die SPD und die Gewerkschaft ein. 1932 trat sie der KPD bei. Ihr Leben lang blieb sie Kommunistin und Gewerkschafterin. Ria gehörte zu den stillen, aber wichtigen Widerstandskämpferinnen gegen den Hitler-Faschismus. Sie verteilte Flugblätter und Zeitungen, schrieb Flugblätter, hielt Verbindungen zu anderen Widerstandskämpfern. Mit drei kleinen Kindern erlebte sie die Befreiung. Ria war eine der Gründerinnen der hessischen VVN.
Danke Ria für Dein Engagement. Dein Leben und Dein Wirken in Erinnerung zu behalten, ist uns wichtig. Gerade jetzt! Bei ihrer letzten Rede 1956 in der Gießener Stadtverordnetenversammlung begründete sie den Antrag der KPD „gegen die Erfassung der Wehrpflicht“. Also: nicht nur Erinnerung, sondern Vorbild. Wer stellt einen solchen Antrag in der nächsten Gießener Stadtverordnetenversammlung? Es ist an der Zeit …

Norbert Birkwald, VVN-BdA Hessen

Ria gehörte zu den Menschen, für die politischer Anspruch und gelebte Realität stets untrennbar zusammengehörten. Das unreflektierte Nachbeten hohler Phrasen war ihr stets zuwider.
Ulf Immelt

Ria sagte stets, was sie meinte und stand zu dem, was sie sagte – immer mit einem Lächeln, als hätte sie schon die zukünftige sozialistische Gesellschaft vor Augen.
Mario Berger

Was ich von Ria bestimmt gelernt habe, sind Gelassenheit und die Notwendigkeit, zusammenzuhalten. Gleichzeitig, sich keine Illusionen über diesen bluttriefenden Imperialismus zu machen. Das Schmierentheater des bürgerlichen Parlamentarismus nie mit Demokratie zu verwechseln.
Henning Mächerle

Ria hat immer wieder daran erinnert, wenn wir etwas verstehen wollen, dann müssen wir immer wieder fragen: Wem nutzt das? Oder cui bono, wie es im alten Rom hieß. Das gilt natürlich auch und gerade heute.
Harald Römer

Ria hat den Schwur von Buchenwald gelebt. Deshalb war es ihr immer sehr wichtig, gerade mit jüngeren Menschen über die Gefahren des Faschismus zu sprechen. Mich hat sie überzeugt, und ich bin 1973 in die VVN-BdA eingetreten.
Ute Bender

Broschüre „Ria Deeg – Signale aus der Zelle“
Herausgegeben von DKP Gießen und VVN-BdA Gießen
November 2020, 60 Seiten
Preis: 5 Euro zuzüglich Versand
Bestellung per E-Mail: giessen@dkp.de

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