Mit ihrer Kundgebung unter dem Motto „80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus – Wir sagen danke!“ eröffnete die „Initiative 8. Mai“ die Reihe von Befreiungsfeiern rund um den 8. und 9. Mai in Berlin. Den Ort der Kundgebung hatte die Initiative aus Aktiven der Friedensbewegung bewusst gewählt: das Sowjetische Ehrenmal im Tiergarten in Sichtnähe des Reichstagsgebäudes. Christiane Reymann, eine der Initiatorinnen, eröffnete die Veranstaltung mit mehr als 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Diese Kundgebung solle ein Zeichen gegen Hass und Russophobie sein und diejenigen ehren, denen die Befreiung zu verdanken ist: den Armeen der Alliierten, vor allem der Roten Armee, dem Widerstand, den Partisanen. Es sei anmaßend als Tätervolk, den Botschaftern Russlands und von Belarus die Anwesenheit bei den Feierlichkeiten zum Jahrestag der Befreiung zu verweigern. Diese Kundgebung solle Brücken bauen und zur Verständigung beitragen.
Brücken bauen und Frieden schaffen statt Kriegshetze und Kriegstüchtigkeit – dieses Anliegen wurde in dem fast dreistündigen Programm in Reden und musikalischen Beiträgen immer wieder betont. Mit russischen und deutschen Liedern begeisterten Tino Eisbrenner, Tobias Thiele, Hartmut König, Quijote aus Chemnitz und viele weitere Künstlerinnen und Künstler die Gäste.
Egon Krenz, der letzte Staatsratsvorsitzende der DDR, forderte die Bundesregierung auf, die russophobe Kriegstüchtigkeit zu stoppen. Deutschland müsse friedensfähig werden und ein Land mit guten Beziehungen zu allen Völkern. Die Journalistin Gabriele Krone-Schmalz forderte in einer Audio-Grußbotschaft von der Politik, der Befreier in Würde und Anstand zu gedenken. Sie erinnerte an die großherzige Vergebung der Sowjetbürger und bat die Russen um Verzeihung für Ausgrenzung und Russenhass.
Die 95-jährige Überlebende der Leningrader Blockade Ludmila Sirota überbrachte in einer Videoaufzeichnung ihre Friedensbotschaft und sprach über ihre schmerzvollen Erfahrungen während der Blockade. Inge Pardon, Historikerin, würdigte Sergej Tjulpanow, der von 1945 bis 1949 in Berlin in der Informationsabteilung der Sowjetischen Militäradministration Deutschlands gewirkt hat, und interviewte dessen Urenkelin Alisa Tjulpanowa-Bezold. Als letzte Rednerin vertrat Marlen Scheel von der SDAJ die Jugend. Sie berichtete, wie sie, zunächst unpolitisch, erst nach und nach von antifaschistischen Widerstandskämpfern und der Jugend im Widerstand gegen den Faschismus erfahren habe. Dadurch habe sie verstanden, dass Krieg und Kapitalismus untrennbar zusammenhängen und das eine Übel nicht ohne das andere bekämpft werden könne. 80 Jahre nach der Befreiung heiße das, gegen die Militarisierung und die Wehrpflicht zu kämpfen.