Nun soll sie zum 1. Januar 2026 kommen, die „Aktivrente“. Dabei handelt es sich um orwellschen Neusprech, um eine Rente geht es hier nicht. Gemeint ist vielmehr, dass Rentner weiterarbeiten und bis zu 2.000 Euro ihres Rentner-Arbeitseinkommens nicht versteuern müssen.
Dass dieses Vorhaben der wachsenden Schar von Armutsrentnern nichts nützt, war lange klar. Schließlich soll jeder verdiente Euro bei Wohngeld und Grundsicherung im Alter angerechnet werden. Je lauter allerdings die Angriffe der Regierenden und Medien auf Bürgergeld und Sozialleistungen werden, desto klarer zeigt sich: Das Ziel ist, dass diejenigen, die noch nicht oder nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt sind, freiwillig oder gleich im „Pflichtjahr“ in die Hände spucken.
Im Magazin „Focus“ präsentiert der stellvertretende Präsident des Bundesverbandes der Rentenberater, Andreas Irion, Beispiele, die aufhorchen lassen: Ein arbeitender Mensch verdient 3.000 Euro brutto. Bei 2.050 Euro netto hat er mit 1.200 Euro eine „Rentenlücke“ von 850 Euro. Die „Aktivrente“ ermögliche ihm nun, mit „nur“ 12,8 Wochenstunden im Monat 950 Euro zu verdienen (inklusive 100 Euro zusätzliche Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung). Unser Beispielrentner muss also arbeiten, um seine Rentenlücke selbst zu schließen. Wie viele Jahre wird er das durchhalten können? Und was geschieht, wenn er es nicht mehr kann?
Im gegenwärtigen Diskurs geht es nicht mehr um Renten, von denen wir anständig leben können. Es geht darum, die Lebensarbeitszeit zu verlängern. Dies sei unverzichtbar, so Wirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU). Die Kosten für Grundsicherung im Alter und Wohngeld sollen so gesenkt werden.
Die Sozialausgaben müssen runter, so lautet die Forderung der Konservativen. Laut Statistischem Bundesamt sind sie letztes Jahr im Vergleich zu 2023 um 14,8 Prozent gestiegen auf zuletzt 20,2 Milliarden Euro. Nun wird es interessant: 56,5 Prozent der Sozialausgaben sind auf die Grundsicherung im Alter entfallen, berichtete die FAZ. Sozialkosten zu senken heißt also, bei den Alten zu sparen.
Rentnerinnen und Rentner sollen ihre „Rentenlücke“ selbst schließen, statt in komplizierten Verfahren zu beantragen, was ihnen zusteht. Ins Bild passt, dass Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) laut Deutschlandfunk eine weitere Nullrunde beim Bürgergeld verkündet – und damit auch bei der Grundsicherung im Alter. Bas’ Nullrundenverordnung soll am 10. September vom Bundeskabinett beschlossen werden.
Die Zahlen sprechen dagegen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert eine Erhöhung des Regelsatzes von derzeit 563 Euro für eine alleinstehende Person auf 725 Euro plus Stromkosten. Das sei das Mindeste. Diese Forderung wird deshalb unter anderem auch für BAföG-Beziehende erhoben.
Eine weitere Nullrunde bei Bürgergeld und Grundsicherung im Alter wird die Altersarmut weiter verschärfen, warnt die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier. Die Inflation liegt bei 2 Prozent, die Stromkosten steigen. Eigentlich hatte sich die Koalition auf einen „Anpassungsmechanismus“ geeinigt, nach dem der Regelsatz um 12 Euro steigen müsste. Eigentlich. Doch nun, so scheint es, darf Bärbel Bas die „Drecksarbeit“ machen mit der zweiten Nullrunde.