Russland und China verabschieden gemeinsame strategische Dokumente

Signal für globale Stabilität

Knapp 30 Staats- und Regierungschefs begrüßte Russlands Präsident Wladimir Putin aus Anlass der Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Sieges über den Faschismus in Moskau. Seine Gäste repräsentierten vor allem Länder des globalen Südens, darunter ein Schwergewicht wie Brasilien mit Präsident Luiz Inácio Lula da Silva.

Der wichtigste Gast war Chinas Präsident Xi Jinping, der am 7. Mai zu einem viertägigen Staatsbesuch anreiste. Putin und Xi unterzeichneten am 8. Mai 28 Dokumente zu den bilateralen Beziehungen sowie zwei Papiere grundsätzlichen Charakters: Zum einen eine „Gemeinsame Erklärung aus Anlass des 80. Jahrestages des Sieges der So­wjet­union im Großen Vaterländischen Krieg, des Sieges des chinesischen Volkes im Krieg gegen den japanischen Aggressor und der Gründung der Organisation der Vereinten Nationen“ sowie eine „Gemeinsame Erklärung zur globalen strategischen Stabilität“.

Im ersten Dokument bekräftigen beide Seiten, dass sie „alle Anstrengungen unternehmen, um den zunehmenden Versuchen entgegenzuwirken“, die Ideologie des NS und der rassischen Überlegenheit „zu rehabilitieren“. Sie bekämpften weiterhin die wachsende „Rassendiskriminierung, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und damit verbundener Intoleranz“. Die vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg und vom Internationalen Militärgerichtshof für den Fernen Osten entwickelten Grundsätze müssten „respektiert und geschützt“ werden. Die russische Seite betonte in diesem Zusammenhang, dass die im Urteil von Nürnberg festgestellten Tatsachen der Vertreibung und Vernichtung der Zivilbevölkerung der UdSSR „als Völkermord an den Völkern der So­wjet­union angesehen werden müssen“. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Xi hielt Putin zudem fest, die So­wjet­union habe 27 Millionen Menschenleben verloren, China 37 Millionen. Er hob hervor, dessen Sieg sei „unter der Führung der Kommunistischen Partei errungen“ worden.

Im Dokument über globale Stabilität warnen beide Staaten vor allem vor Versuchen, die Beziehungen zwischen den Atomwaffenmächten zu untergraben. Wörtlich heißt es: „Beide Seiten stellen mit Besorgnis fest, dass sich vor dem Hintergrund der Verschärfung der Beziehungen zwischen den Atomwaffenstaaten, die in einigen Fällen bis zur Drohung eines direkten militärischen Zusammenstoßes eskaliert ist, eine kritische Masse an Problemen und Herausforderungen im strategischen Bereich angehäuft hat und das Risiko eines Atomkonflikts gestiegen ist.“ Eines der dringendsten strategischen Risiken sei „die höchst destabilisierende Ausweitung bestehender und neu gebildeter Militärbündnisse und -koalitionen“ an die Grenzen anderer Atomwaffenmächte. Besonders kritisch sehen beide Seiten Schritte, „bodengestützte Mittelstrecken- und Kurzstreckenraketen mit kurzer Flugzeit zu einer Vielzahl von Zielen auf dem Territorium anderer Kernwaffenstaaten zu stationieren“. Gleichzeitig werde die Entwicklung von Langstreckenraketensystemen beschleunigt. China und Russland „verurteilen derartige provokative Aktivitäten, die die regionale Stabilität und die globale Sicherheit untergraben, aufs Schärfste“. Gleiches gelte für das kürzlich von den USA angekündigte Raketenabwehrsystem „Golden (Iron) Dome“ sowie für Konzepte der „nuklearen Teilhabe“ und für die Militarisierung des Weltraums. Beide Staaten erinnern an die Erklärung von fünf Atomwaffenstaaten vom 3. Januar 2022, wonach ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und nie ausgetragen werden darf.

Russland und China zogen zugleich eine positive Bilanz ihrer wirtschaftlichen Beziehungen: Der Handelsumfang wuchs demnach 2024 um 9 Prozent und erreichte mit 245 Milliarden US-Dollar einen neuen Rekord. Putin hob hervor, dass nahezu alle Transaktionen in Rubel oder Yuan stattfinden. Die Gaspipeline „Kraft Sibiriens“ habe mit 31 Milliarden Kubikmetern ihre volle Kapazität erreicht, ab 2027 werde Russland mit der „Fernost-Gaspipeline“ seine Exporte um weitere zehn Milliarden Kubikmeter steigern. Ende März sei in Dubna bei Moskau der mit chinesischer Unterstützung gebaute Teilchenbeschleuniger „Nika“ in Betrieb gegangen, beide Staaten bauten wichtige Eisenbahnstrecken aus, 1,6 Millionen russische Touristen und 1,2 Millionen chinesische hätten 2024 das jeweils andere Land besucht.

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"Signal für globale Stabilität", UZ vom 16. Mai 2025



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