Russlands Memorandum und die Kriegsverlängerer

„Ausschließlich Maximalforderungen!“

Kolumne

Während US-Präsident Trump sich aus dem Ukraine-Krieg zurückzieht, wollen die „Europäer“ ihre Militärhilfe steigern und auf dem Schlachtfeld die „Verhandlungsposition Kiews verbessern“. Da aber weder die USA noch die BRD fähig sind, Waffen zu liefern, die die Ukraine dringend braucht (zum Beispiel Abwehrraketen) und weil der Personalmangel der ukrainischen Armee immer größere Lücken in die Verteidigung reißt, griffen Selenski und Sponsoren Trumps Forderung nach einer 30-tägigen Waffenruhe auf. Die Kriegsverlängerer rufen nun lautstark nach „bedingungsloser Waffenruhe“. Sie soll für Aufrüstung, Mobilisierung und Wiederbewaffnung der ukrainischen Streitkräfte Luft schaffen. Die Kehrtwende soll zudem Trump auf ihre Seite ziehen und ihm die Zustimmung zu neuen Sanktionen und Waffenlieferungen abringen, um Putin „zum Frieden zu zwingen“.

Die Kriegsverlängerer in Berlin, Paris und London handeln koordiniert mit Neocons in den USA wie Senator Lindsay Graham. Er sammelt Zustimmung für 500-Prozent-Strafzölle auf den Kauf russischer Energie. Das träfe primär China und Indien. Im Mai akzeptierte Trump allerdings Putins Vorschlag sofortiger, direkter Ukraine-Russland-Verhandlungen. Zwei Runden fanden in Istanbul statt. Dass es auch ohne „bedingungslose Waffenruhe“ zu Verhandlungen kam, ist ein diplomatischer Erfolg Putins. Russland will kein temporäres Einfrieren, sondern einen Friedensschluss, der die tieferen Ursachen des Kriegs angeht. Istanbul begann mit Resultaten auf humanitärem Gebiet: Gefangenentausch, Leichenübergabe, Familienzusammenführung.

Beim zweiten Treffen legten beide Seiten Memoranden mit Vorstellungen für den Weg zum Frieden vor. Erste Forderung im Memorandum der Ukraine ist der „bedingungslose Waffenstillstand“ als Voraussetzung für Friedensverhandlungen. Hinzu kommen unter anderem: Nichtanerkennung von Grenzveränderungen nach 2014, robuste Sicherheitsgarantien der internationalen Gemeinschaft, keine Neutralität, Beteiligung der USA und Europas an den Verhandlungen, Nutzung des eingefrorenen russischen Vermögens für Reparationen, Treffen auf höchster Ebene (Selenski, Trump, Putin).

Beate Landefeld
Beate Landefeld

Das russische Memorandum fordert unter anderem: Anerkennung des Beitritts der Krim, der Volksrepubliken Donezk und Lugansk, Chersons und Saporischschjas zur Russischen Föderation; Abzug dort noch agierenden ukrainischen Militärs. Neutralität der Ukraine, Begrenzung der Armee, keine Atomwaffen, keine fremden Truppen und Militärbasen; Gewährung der Rechte der russischsprachigen Bevölkerung; Auflösung neonazistischer Verbände in Armee und Gesellschaft; gegenseitiger Verzicht auf Reparationen. Ein zweiter Teil des Memorandums nennt konkrete Schritte zu Waffenruhen – Schritte, die ein endgültiges Friedensabkommen befördern und nicht hinauszögern würden.

„Ausschließlich Maximalforderungen!“ war das einhellige Urteil der NATO-Presse über das russische Memorandum. Eine glatte Fehlinformation. In der Territorialfrage ist dem Westen längst klar, dass die Ukraine geteilt bleiben wird. Die Thinktanks sprechen vom „deutschen“ oder vom „koreanischen Modell“. Neutralität stand 1991 in der Verfassung der Ukraine. Was die Kriegsverlängerer wirklich stört, sind Entmilitarisierung und Entnazifizierung. Ihre Umsetzung würde die Ukraine ihrer Rolle eines aggressiven Rammbocks gegen Russland berauben. Das wollen die Fanatiker der NATO- und EU-Ostexpansion in Berlin, Brüssel und London verhindern. Sie brauchen die ethnonationalistischen Bandera-Fans und den terroristischen „Rechten Sektor“ in Staat und Armee einer hochgerüsteten Ukraine. Sie brauchen den ukrainischen Rechtsextremismus als Hebel gegen Russland, weil sie an ihren Träumen von hemmungsloser Ostexpansion festhalten.

Trump führt mit China gerade Handelsgespräche. Die Strafzölle von US-Senator Graham passen da nicht. Auch Bundeskanzler Merz konnte Trump nicht zur neuen Sanktionsrunde bewegen.

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"„Ausschließlich Maximalforderungen!“", UZ vom 13. Juni 2025



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