Keine Ahnung, wie man es in NRW, Sachsen oder Hessen hält, aber in Berlin macht es sich schon bemerkbar, wenn in München die Wiesnzeit beginnt. Hier und da verändern sich temporär die Speisekarten; es gibt Brezeln, Weißwurst und Münchner Hell. Mit dem Ausklang des Oktobers erlischt dieses kleine blau-weiße Strohfeuer wieder. Allerdings loderte es in diesem Jahr prompt nochmal auf, denn kaum, dass der November an die Pforte geklopft hatte, kam es gleich mehrfach zum sportlichen Kräftemessen der stadtbesten Teams von der Spree und der Isar.
In der Frauen-Bundesliga bekamen die Eisernen Ladies von den Bajuwarinnen, zu denen sie ziemlich ersatzgeschwächt hatten anreisen müssen, eine 4:0-Packung. Die Unionerinnen verkauften sich so teuer wie möglich, ihre Unterlegenheit war aber manifest. Die Herren, die sich tags darauf in Berlin ein Stelldichein gaben, trafen sich unter ähnlichen Vorzeichen, denn der FC Bayern reiste ausweislich des 1. Platzes in der Champions-League-Tabelle als aktuell beste Mannschaft Europas nach Köpenick. Was dem Ligakrösus zur Ehre gereicht (und zugleich seine Professionalität bezeugt), ist der Umstand, den eigentlich klar schwächeren Gegner wirklich ernst genommen zu haben und demgemäß in bester Besetzung angetreten zu sein. Genutzt hat es aber wenig, denn Union brachte an diesem Tag einfach alles auf den Platz, was es zu bieten hatte, und rang dem FCB durch einen leidenschaftlichen Kampf die ersten Punkte der Saison ab. Ohne den späten Ausgleich durch das Tormonster Harry Kane wär‘s sogar der erste Sieg über die Bayern geworden und also was für die Geschichtsbücher.
Aktuell gibt es noch eine weitere Verbindungslinie zwischen den Vereinen: die Stadionfrage. Union plant seit Jahren einen Neubau der Alten Försterei, die vergrößert werden soll, bekam aber bislang kein grünes Licht von den Behörden, da es an der Verkehrs-Infrastruktur hapert. Erstaunlich: Es geht hier längst nicht bloß um Schienenwege, Haltestellen und Bahnhöfe, die errichtet, erneuert oder ausgebaut werden müssen, sondern vor allem um einen chronischen Mangel an „Fahrstrom“. (Ja wirklich, man will dem Iwan keine Energieträger mehr abkaufen, aber hat nicht mal genügend Energie für S- und Straßenbahnen – dieser Irrsinn ist kaum zu glauben.) Immerhin wurde derweil ein Kompromiss mit dem Berliner Senat erzielt: Das Fassungsvermögen des neuen Stadions wird verringert (mehr Sitz- und weniger Stehplätze), zur Belohnung darf der Bau Anfang 2027 starten.
Die Bayern suchen indes eine größere Spielstätte für ihr Frauenteam und sind am südlichen Stadtrand fündig geworden, in Unterhaching, dessen Stadion sie einfach mal auf ihrem Einkaufszettel notiert haben. Der Vorstand der ortsansässigen SpVgg, die mit dem großen FCB ohnehin eng kooperiert, sowie die Gemeinde Unterhaching als Eigentümerin der Sportanlage sind von der Idee sehr angetan, die Hachinger Fans hingegen grantig wie der Pumuckl – Ausgang ungewiss.
Irgendwie imponiert einem dieses imperiale Gebaren ja schon, aber auf Berlin ist das Münchner Modell nicht anwendbar. Hier gibt es nämlich keine fußballtauglichen Immobilien, die man kaufen möchte. Und die Vorstellung, die Eisernen Ladies sollten ihre Heimspiele fortan im Olympiastadion oder im Sportforum Hohenschönhausen austragen, würde jeder Unioner als frauenfeindlich zurückweisen.
Stand jetzt müssen die Bayern Union nicht nur in Sachen Spielstätte der Frauen beneiden, sondern auch zähneknirschend feststellen, dass die Herren-Mannschaft keines ihrer beiden diesjährigen Gastspiele in Berlin gewinnen konnte. Na hoppala, sowas passiert den erfolgsverwöhnten Münchnern doch eher selten. Eine letzte Chance, die Statistik für das Kalenderjahr aufzuhübschen, bietet sich ihnen Anfang Dezember, wenn beide im Pokal-Achtelfinale aufeinandertreffen. Zugleich laufen sie aber Gefahr, in Berlin zu verlieren. Schließlich können sie sich nicht immer auf ihren Dusel verlassen. Sicher ist nur: Unsere bayerischen Wochen sind danach definitiv vorbei. Eisern Union!



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