„Geschichten vom Widerstand aus dem Ruhrgebiet“ ist ein lesenswertes Buch überschrieben, in dem 14 Nachfahren von Widerständlerinnen und Widerständlern gegen das faschistische Nazi-Regime zu Wort kommen. Sie schreiben aus der Erinnerung von Gesprächen mit ihren Eltern oder Großeltern über deren Aktivitäten, die – aus unterschiedlichen Motiven kommend – unterschiedliche Ausdrucksweisen hatten. Geeint hat alle der Kampf um Demokratie, aber sowohl beim Blick auf das „Warum?“ als auch auf das „Danach“ werden Unterschiede sichtbar. Auch waren nicht alle innerhalb größerer, organisierter Strukturen aktiv.

Die meisten der hier überlieferten Geschichten des Widerstands innerhalb der Familie werden über Menschen erzählt, die der KPD angehörten. Die Namen der Mutigen, die ihr Leben für den Kampf gegen den Faschismus aufs Spiel setzten, sind daher Mitgliedern und Freunden der DKP oft geläufig – so die Familie Rentmeister aus Sterkrade (heute Oberhausen), Willi Hendricks aus Duisburg, die Familie Hilbig, Marta und Robert Weinand und Willi Rattai aus Essen, Jupp und Elfriede Ledwohn aus Oberhausen beziehungsweise Ahlen oder Karl Friedrich Lahrmann aus Rheinhausen (heute Duisburg), der später von der KPD zur SPD wechselte. Zuweilen wird auch auf spätere Verfolgungen nach dem Verbot der KPD 1956 eingegangen, das die Kontinuitäten der Herrschaft (und ihrer Machtausübung) in Westdeutschland aufzeigt. Diese gingen bis zu den Berufsverboten wegen DKP-Mitgliedschaft, von denen auch Reinhold Loch betroffen war, der beeindruckend seine Eltern Irma und Erich Loch würdigt. Erich Loch, der Mitglied des Lagerkomitees im KZ Buchenwald war, wurde nach 1934 auch 1956 der Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt.
Wichtig ist auch der Anhang, in dem – von allen Autorinnen und Autoren gemeinsam – Begriffe und Entwicklungen erklärt und eingeordnet werden. Eine der Stärken dieses Buches, die insbesondere im Anhang zum Tragen kommen, ist seine Unvoreingenommenheit gegenüber Motiven auch des kommunistischen Widerstands, dessen Dimension im Buch gut abgebildet ist.
Die „Buxus“-Edition, der Historiker Tobias Fetzer und die Historikerin Irmtrud Wojak, haben das Buch herausgegeben. Tobias Fetzer, der die Texte zusammenstellte, arbeitet zugleich am Bochumer Fritz Bauer-Forum, das sich schwerpunktmäßig mit dem politischen Nachlass des Frankfurter Generalstaatsanwalts Fritz Bauer beschäftigt. In dem von Wojak verantwortlich geleiteten Forum, zu dem eine Fritz Bauer-Bibliothek gehört, finden regelmäßig Veranstaltungen auch zu aktuelleren Themen des Widerstands gegen faschistische Regime statt, vor allem aus Lateinamerika. Wie in „Geschichten vom Widerstand aus dem Ruhrgebiet“ geht es dabei um die Perspektive nicht nur von Opfern, sondern auch um die Vielfältigkeit des Widerstands und seiner Protagonistinnen und Protagonisten.
Tobias Fetzer (Hrsg.)
Geschichten vom Widerstand aus dem Ruhrgebiet
Buxus-Stiftung, Bochum 2025, 186 Seiten, 19 Euro
Erhältlich im UZ-Shop