Gibt es eine Renaissance von Wahrheit und Vernunft?

Das Lügenjahr 2025

Kolumne

Die Jahresbilanz 2025 lässt den Vernünftigen erschauern. In Erinnerung bleibt ein Jahr der Lügen und der Missachtung von Wählerwillen. In Deutschland endete das Ampel-Gewirr unter dem führungs- und erinnerungsschwachen Olaf Scholz, der die ideologisch beladenen Irrwege seines Wirtschaftsministers Habeck sowie der dilettierenden Außenministerin Baer­bock nicht stoppen wollte. Die Russophobie der grünen „Beck-Bock“-Riege, die Deutschlands Wirtschaft auf ruinöse Weise um vorteilhafte Energie und die deutsche Diplomatie um die Reste ihres Rufs brachte, wurde mit Kriegslust des Kremls begründet. Einer Lüge, die die Vorgeschichte des Ukraine-Konflikts samt der NATO-Ostlandreiterei ausblendete und bis heute als Mantra der kriegsverlängernden Phalanx des „Wertewestens“ herhalten muss. Obwohl der Waffengang nur diplomatisch beendet werden kann, spendierte die kriegstüchtige Ampel der Bundeswehr 100 Milliarden Euro Sondervermögen. „Sondervermögen“ ist eine Euphemie für Schulden. Die Bedrohungslüge kommt das Volk also teuer. Es ist eine Schande, dass die Sozialdemokratie dem BlackRocker Merz diese Steilvorlage für eine noch zügellosere Versenkung von Volksvermögen vererbte.

Scholz stürzte, und SPD-Chef Klingbeil würdigte die Ehe mit der CDU durch eine weitere Abdrift von sozialdemokratischen Traditionswerten. Im Bundestag ging es nun zu wie im Tollhaus. Um für eine wahnwitzige Rüstungsorgie die nötigen Mittel aufzubringen, musste die Schuldenbremse gelockert werden. Der neu gewählte Bundestag konnte die dafür erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht liefern, also wurde der alte wiederbeatmet – eine Verballhornung der Demokratie. Und weil Merz bei der Kanzlerwahl im ersten Durchgang durchfiel – ein Unikat bundesdeutscher Parlamentsgeschichte –, wurde in Abweichung von der Geschäftsordnung ein zweiter Wahlgang am selben Tag ermöglicht. Das Merz-Kabinett folgte der Ampel unverzüglich in den Streitmodus. Nichts dagegen, wenn sozialdemokratisches Restgewissen Merzens Sozialkälte wirksam in die Schranken gewiesen hätte. Aber es ging und geht stets nur um den Schärfegrad der als nötig erachteten sozialen Einschränkungen. Was kann einem kriegsunwilligen Volk an Teuerung der Lebenshaltungskosten, Einbußen bei Sozial-, Renten-, Gesundheits- und Pflegeleistungen, im Bildungssystem und Dienstleistungssektor oder bei der Rekrutierung einer unruhig gewordenen Jugend in die Bundeswehr zugemutet werden?

Baer­bocks verhunzte Außenpolitik setzte sich fort. Fehlgedeutete Verantwortung für Israels Sicherheit mündete in eine Duldung der genozidalen Verbrechen des Kriegskabinetts Netanjahu. Während eine gewaltige Nationenmehrheit Palästina als Staat anerkannte, steht Deutschland wie blind vor dem Völkermord im Abseits. Im Ukraine-Krieg bläst es sich als geldspuckender Primus in der Allianz der Willigen auf. NATO-Kriegsminister und Geheimdienste nennen fiktive russische Überfalltermine, um jene Hysterie zu schüren, die die Rüstungsindustrie mästet.

Widerspruch gilt als Putinismus und wird niederkartätscht. Opponenten des Mainstreams werden zu Talkshows nicht mehr eingeladen oder 4:1 abgebürstet, um das Sendeziel zu erreichen. Die Hälfte der Deutschen hält die Meinungsfreiheit hierzulande für desolat. Der Kanzler indes übersteht jedes vergiftete Wording („Drecksarbeit“, „Städtebild“). Am Zustand der amerikanischen Führungsmacht darf medial gerüttelt werden. Wie verlogen ist dann das Anschleimen unserer Regenten an Trumps wüste Egozentrik? Und trügt der Eindruck, dass die „Westwertewelt“ auf der Suche nach einem gefaketen Kriegsanlass ist, so wie einst im Golf von Tonkin oder im Irak? Hier die Schattenflotte und die – was denn sonst? – russischen Drohnen, vor Venezuelas Küste die Boote der zur Drogenterroristen erklärten Seeleute?

Ein Jahr der Lügen geht zu Ende. Kann es eine Renaissance von Wahrheit und Vernunft geben? Ja, wenn sich emanzipierter Volkswille, geläuterter Journalismus und eine einflussreicher werdende Friedensbewegung darauf besinnen.

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"Das Lügenjahr 2025", UZ vom 5. Dezember 2025



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