Rüdiger Rauls’ Beitrag versucht, westliche Wirtschaftswissenschaftler wegen angeblicher Verwirrung über Chinas Wirtschaft zu kritisieren. (…) Über große Strecken arbeitet er sich an der Theorie der Inflation ab – ohne auf die konkrete Problematik der Deflation in China einzugehen.
Deflation bedeutet fallende Preise über längere Zeit. Das klingt zunächst positiv, deutet aber auf einen gravierenden Mangel an Nachfrage hin: Investitionen bleiben aus, das Kapital kann sich nicht mehr verwerten. Was Marx als „Entwertung“ beschrieb, erleben wir heute in China – trotz hohen Exportüberschusses.
Rauls tut diesen Befund ab. Stattdessen verweist er auf Chinas starke Exporte und sieht darin ein Gegenargument zur Deflationstheorie. Doch das greift zu kurz. In der Ökonomie ist bekannt, dass Länder Deflation exportieren können – etwa indem sie billiger produzieren und so Preisdruck auf andere Volkswirtschaften ausüben. Marx hätte diese Entwicklung als Ausdruck des Widerspruchs zwischen Geldkapital und Industrieproduktion beschrieben: Kapital existiert, findet aber keine produktive Verwendung.
Rauls interpretiert sogar eine Aussage von Xi Jinping – „Was ist so schlimm an der Deflation?“ – als Beleg dafür, dass das Problem in China gar nicht bestünde. Dabei zeigt diese Haltung eher, dass die chinesische Führung das Thema öffentlich kleinhalten will, obwohl wirtschaftspolitisch durchaus Gegenmaßnahmen diskutiert werden. (…) Dass China marktwirtschaftlich agiert – also mit Profit als Triebkraft –, erkennt auch Rauls an. Warum sollte dann die Deflation dort harmloser sein als in anderen kapitalistischen Ökonomien? Rauls bleibt die Antwort schuldig. (…)