Eine umfassende Aufrüstung findet im gesamten Ostseeraum, der „Baltic Sea“, statt. Dies ist die wohl wichtigste Erkenntnis aus einem Erfahrungsaustausch von Friedenskräften der Ostsee-Anrainerstaaten.
Krieg wird von Menschen gemacht, also können sie ihn auch verhindern. Eine der Voraussetzungen dafür ist eine realistische Lageeinschätzung. Dies kann und muss die Friedensbewegung leisten, um eine gemeinsame Handlungsorientierung zu entwickeln. Die Ostsee-Friedenskonferenz mit Akteuren aus fünf Anrainerstaaten hat dafür am 14. Juni eine gute Grundlage geschaffen. Die Militarisierung der Ostsee vollzieht sich in allen kriegsrelevanten Bereichen: Ausbau der Militärbasen, Hochrüstung und beschleunigte Kriegswaffenproduktion und militärische Vereinnahmung der zivilen Infrastruktur, begleitet von einem umfassenden reaktionär-militaristischen Gesellschaftsumbau.
Rodolfo Bohnenberger, ein Sprecher des Friedensbündnisses Norddeutschland, wies darauf hin, dass bereits im Dezember vergangenen Jahres über 2.000 Soldaten aus NATO-Ländern eine Blockade des Finnischen Meerbusens probten, um das Auslaufen von Schiffen aus St. Petersburg und anderen russischen Städten zu kontrollieren und zu verhindern.
Ulrich Leonhardt aus Schwerin verwies auf die gefährliche Zunahme der NATO-Manöver im baltischen Raum, aber auch auf den wachsenden Widerstand der antimilitaristischen Kräfte. Diese werden in der Herrschaftspresse weitgehend verschwiegen oder denunziert.
Erhellend war der Beitrag von Ulla Klötzer (Global Women for Peace – United against NATO). Sie sprach über die Bedrohung Russlands infolge des NATO-Beitritts Finnlands und Schwedens mit den geplanten neuen NATO-Basen samt atomarer Bewaffnung mit einer noch kürzeren Entfernung zum Kreml.
Tomas Magnussen aus Schweden berichtete von den dortigen Aufrüstungsplänen und kam zu dem Schluss: Wir brauchen für die Region eine neue starke Friedensbewegung, wie in den 80er Jahren. Er erinnerte an die letzten Worte des ermordeten Arbeiterführers Joe Hill: „Trauert nicht – organisiert euch.“
Niki Müller (Zusammenarbeitsausschuss der Friedensbewegung Schleswig-Holstein und DKP-Friedenskommission) verwies auf die dominante Stellung des „militärisch-industriellen Komplexes“. Beängstigend seien der beschleunigte quantitative Ausbau und die offensive Neuausrichtung aller vier in Schleswig-Holstein stationierten Teilstreitkräfte. Damit wurde die Befürchtung unterstrichen: Hier wird Krieg gegen Russland vorbereitet.
Die norwegische Friedensaktivistin Ingeborg Breines forderte: „Die Friedensbewegung muss der Militarisierung, sei es durch die NATO oder durch die EU, entgegentreten.“ Ein Anfang könnte darin bestehen, die Anwendung des NATO-Paragraphen 13 anzuregen, der den Austritt aus dem NATO-Vertrag anzeigt. In den nordischen Ländern wurden bilaterale Abkommen für 47 sogenannte „gemeinsame amerikanische Gebiete“ unterzeichnet. Auf diese Weise sind die nordischen Länder Teil eines globalen Netzes von rund 900 amerikanischen Stützpunkten in über 80 Ländern geworden.
Aus St. Petersburg zugeschaltet war Oleg Bodrow. In seinem Beitrag beleuchtete er besonders ökologische Aspekte und die Gefährdung der Baltic-Sea-Region mit der Vielzahl ziviler Atomanlagen. „Wenn die Kernkraftwerke in der Ostsee zerstört werden, ist die traditionelle Lebensweise von 90 Millionen Menschen“ zerstört.
Reiner Braun (International Peace Bureau) ging in seinem Beitrag insbesondere auf die notwendigen Schritte für einen neuen Anlauf vertrauensbildender Maßnahmen und eine notwendige Kooperation zwischen Deutschland und Russland ein. Auch wenn „wir derzeit davon meilenweit entfernt“ sind.
In ihrem beeindruckenden Schlusswort zeichnete Sevim Dagdelen (BSW) in „Fünf Thesen zu Weltkrieg und NATO-Gipfel“ die aggressive Strategie des imperialistischen Kriegsbündnisses nach.
Für den ganz oben auf der Agenda stehenden Kampf zur Verhinderung eines Weltkriegs müssen alle friedliebenden Kräfte, ohne jegliche spalterische Ausgrenzung, vereint werden. Darüber herrscht bei allen vernünftigen Menschen Klarheit. Die Konferenz war ein erster wichtiger Schritt, die antimilitaristischen Kräfte in den Anrainerstaaten stärker zu vereinen, um möglichst auch zu gemeinsamen Absprachen und Aktionen zu kommen. In einer Region, deren Zeichen in beängstigender Weise auf Krieg stehen.
Die Konferenzbeiträge sind auf der Seite des Friedensbündnisses Norddeutschland online verfügbar.