Auf dem 26. Parteitag der DKP tauschten die Delegierten in drei Blöcken Erfahrungen zu den Schwerpunkten Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, Kommunalpolitik und Friedens- und Bündnisarbeit aus. UZ wird in den kommenden Ausgaben Diskussionsbeiträge aus dem Erfahrungsaustausch veröffentlichen. Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus der Einleitung von Rainer Perschewski, Sekretär für Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit der DKP, für den Erfahrungsaustausch in diesem Bereich:
In unseren Leitdokumenten der letzten Parteitage wird die Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit als zentrales Feld unserer politischen Praxis hervorgehoben. Sie ist kein Nebenschauplatz, keine Ergänzung zu anderen Aufgaben, sondern eine Kernaufgabe unserer Partei, wenn wir als kommunistische Kraft in diesem Land eine Rolle spielen wollen. Die Begründung dafür ist ebenso klar wie historisch gewachsen: Die Arbeiterklasse ist die Hauptkraft im antimonopolistischen Kampf. Ohne sie lässt sich kein Widerstand gegen den Kapitalismus organisieren, keine gesellschaftliche Alternative aufbauen. Doch diese Hauptkraft existiert nicht automatisch – sie muss organisiert, bewusst gemacht, kampffähig werden. Und das gelingt nur, wenn wir dort präsent sind, wo die Klasse lebt, arbeitet und kämpft – vor allem in den Betrieben und den DGB-Gewerkschaften.
Der Betrieb ist nicht nur Ort der Lohnarbeit, sondern auch Ort des direkten Antagonismus zwischen Kapital und Arbeit. Hier zeigt sich der Kern des Klassenwiderspruchs, hier erleben Menschen täglich die Auswirkungen von Leistungsdruck, Rationalisierung, Leiharbeit, Outsourcing, Digitalisierung, Standortkonkurrenz. In dieser Realität entscheiden sich die Bedingungen, unter denen sich Bewusstsein verändert – oder eben nicht. Nämlich dann, wenn unser Einfluss sich nicht vergrößert.
Doch der Betrieb ist auch Ort kollektiver Erfahrung: von gemeinsamer Pausenunterhaltung bis zu Auseinandersetzungen im Betriebsrat oder Tarifkämpfen. Wenn es uns gelingt, als Kommunistinnen und Kommunisten genau hier verankert zu sein, können wir Einfluss nehmen, Orientierung geben und Impulse für eine klassenkämpferische Praxis setzen.
Unsere Arbeit verfolgt mehrere strategische Ziele:
★ Die Herausbildung proletarischen Klassenbewusstseins,
★ Die Förderung der Aktionseinheit der Klasse – gegen Spaltung und Standortlogik,
★ Die Politisierung betrieblicher Auseinandersetzungen,
★ Die Verbindung von Betriebs-, Kommunal- und Friedensfragen,
★ Den Aufbau kämpferischer gewerkschaftlicher Strukturen, unabhängig von sozialpartnerschaftlicher Ausrichtung.
Diese Ausrichtung wurde auf dem 25. Parteitag in der Orientierung „Heizung, Brot und Frieden – In der Klasse wirken“ zusammengefasst. Die betriebliche Arbeit bildet das erste Standbein dieser Orientierung – gemeinsam mit der kommunalpolitischen Verankerung. (…) Dazu gehört auch die Thematisierung der Hochrüstungspolitik, der Auswirkungen von Militarisierung auf Sozialabbau und gewerkschaftliche Handlungsfähigkeit.
Wir machen uns dabei keine Illusionen. Die Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit steht unter einer schlechten Ausgangssituation. Prekarisierung, Home-Office, Deindustrialisierung – insbesondere im Osten – erschweren die Organisierung. Erschwert wird die Organisierung in Gewerkschaften auch durch die abnehmende Tarifbindung der Unternehmen bei der gleichzeitigen zunehmend defensiveren Rolle der Gewerkschaften in Tariffragen. Dazu ist das Bewusstsein in der Klasse oft durchzogen von Standortdenken, Konkurrenz, oder Illusionen in die Sozialpartnerschaft.
Ein wichtiger Ansatzpunkt für uns ist daher die Begleitung von Tarifrunden. Durch das restriktive Streikrecht in Deutschland sind diese derzeit der alleinige Punkt, in dem die Arbeiterklasse in der Lage ist, in die konkrete Auseinandersetzung geführt zu werden. Daher beobachten wir die Tarifrunden – insbesondere in den Branchen, in denen auch Genossinnen und Genossen vertreten sind, und vernetzen diese und organisieren unsere Beteiligung.
Die Gewerkschaften orientieren sich faktisch an staatlich-kapitalistischen Lösungen – sei es bei der „konzertierten Aktion“ oder in der faktischen Unterstützung der Kriegspolitik. Deshalb ist es so wichtig, dass kommunistische Kräfte innerhalb der Gewerkschaften eine konsequente, klassenorientierte Linie vertreten – und sich gegenseitig stärken und vernetzen. Die Verankerung unserer Partei in Betrieben und Gewerkschaften war auch in den 1980er Jahren eine Voraussetzung für die Massenbasis der westdeutschen Friedensbewegung.
Heute sind unsere Ausgangsbedingungen deutlich schlechter. Daher ist die Aufgabenstellung, die wir uns auf den vergangenen Parteitagen und dem heutigen hinsichtlich der betrieblichen Verankerung der Partei gegeben haben, von immenser Bedeutung für dem Kampf gegen die so genannte Herstellung der „Kriegstüchtigkeit“ und unserem Einsatz gegen Krieg und für den Frieden. Leider ist die Bedeutung der Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit noch nicht ausreichend in der Partei gesetzt. Mir wurde schon als Argument entgegengehalten: „Das dauert zu lange, sich dort zu verankern, und deswegen müssen wir … alles andere tun.“ Ja, es ist ein zähes Geschäft aber wir kommen voran. Das zeigt nicht zuletzt die Gründung der Betriebsgruppen. (…) Eine wichtige Grundlage des Erfolges ist die Arbeit der SDAJ der letzten zehn Jahre. Viele Genossinnen und Genossen der SDAJ haben diesen Weg beschritten und bilden jetzt ein Fundament für die Arbeit der DKP. Es ist für uns eine Verpflichtung, darauf aufzubauen, um die Grundlagenarbeit der SDAJ nicht ins Leere laufen zu lassen. (…)
Die Zeit drängt. Der Imperialismus bereitet weitere Kriege vor – sozialer und demokratischer Kahlschlag gehen Hand in Hand. Die Arbeiterklasse wird zum Objekt der Zumutungen – oder sie wird zur handelnden Kraft im Widerstand. Damit letzteres Realität werden kann, braucht es eine starke kommunistische Partei – und eine organisierte Präsenz in den Betrieben und Gewerkschaften. Die Erfahrung der Vergangenheit zeigt: Wo Genossinnen und Genossen im Betrieb aktiv sind, dort wächst das Ansehen der Partei. Dort entstehen politische Gespräche, Vertrauen, gemeinsame Aktionen – und dort gewinnen wir letztlich auch neue Mitglieder.