„Friedensfähig werden statt kriegstüchtig!“ war das Motto des diesjährigen Gedenkens auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof in Stukenbrock bei Bielefeld. 80 Jahre nach der Befreiung zogen die Veranstalter, der „Arbeitskreis Blumen für Stukenbrock“, damit die Lehren aus den Verbrechen des Faschismus. „27 Millionen Tote hatten die Völker der damaligen Sowjetunion zu beklagen. Zu denen gehören auch die 65.000 Soldaten der Sowjetarmee, die man im Stalag 326 in Stukenbrock in deutscher Gefangenschaft zu Tode gequält hat“, erinnerte der Arbeitskreis in seinem Aufruf.
Dem folgten mehrere hundert Antifaschistinnen und Antifaschisten, darunter viele russischsprachige. Anwesend waren der Botschafter der Russischen Föderation, Sergej Netschajew, sowie offizielle Vertreter aus Belarus und Kasachstan. Auch der ukrainische Botschafter war eingeladen, hatte die Teilnahme jedoch abgelehnt. Erneut waren zahlreiche Jugendliche unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die SDAJ hatte auch in diesem Jahr zu einem dreitägigen Antifa-Camp mobilisiert. 120 Jugendliche besuchten das Zeltlager mit zahlreichen Workshops und Vorträgen, unter anderem zu der Polizeigewalt gegen das Camp von „Rheinmetall Entwaffnen“ in Köln am Wochenende zuvor und zu antifaschistischer Arbeit an der Schule.
An der Gedenkfeier am Obelisken sprachen neben weiteren der russische Botschafter Netschajew, der Historiker und Sohn von Willy Brandt, Peter Brandt, und Hubert Kniesburges für den Verein „Blumen für Stukenbrock“. In seiner Ansprache dankte Netschajew den Teilnehmern für ihr Bemühen, die Erinnerung an den Großen Vaterländischen Krieg zu bewahren, und für die Pflege der Ehrenfriedhöfe und Gedenkstätten. Er betonte: „Für unser Land ist das Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkrieges ein absoluter moralischer Grundsatz. Das sowjetische Volk hat den höchsten Preis für die Zerschlagung des Nazismus gezahlt.“
„Wohin es führen kann, wenn Vizekanzler Lars Klingbeil eine deutsche Führungsrolle nach 80 Jahren Zurückhaltung fordert, wohin das Streben nach Profit, wohin der imperialistische Zwang nach Krieg führen kann, das sehen wir hier, das sehen wir an dem Blut, das in Stukenbrock vergossen wurde“, mahnte Marco Blum, der für den Bundesvorstand der SDAJ sprach. Jugendliche seien bereits im Ersten Weltkrieg in Betrieben und im Bekanntenkreis gegen Krieg aufgetreten, „führten den Kampf um einen antimilitaristischen Kurs in SPD und Gewerkschaft, gingen mit Aktionen auf die Straße“, erinnerte Blum. Diesen Kampf hätten sie häufig mit einem hohen Preis bezahlt. Ihnen sei Hochverrat vorgeworfen worden, ihnen hätten Freiheitsstrafen oder der Tod gedroht, die SPD habe sie nicht selten an die Polizei verraten. „Doch das hat sie nicht abgehalten.“ Heute seien Jugendliche erneut aktiv gegen den Krieg, indem sie der Bedrohungslüge widersprechen und dagegen kämpfen, für Konzerninteressen an der Front verheizt zu werden – „auch wenn wir dafür erneut als Vaterlandsverräter gelten“. Als positive Beispiele nannte Blum den „GegenWEHR-Kongress“, den die junge GEW NRW im Februar gegen die Militarisierung an Schulen ausgerichtet hatte, und das Bündnis „Nein zur Wehrpflicht“. Das Bündnis führe in ganz Deutschland Schülerbefragungen gegen die Wehrpflicht durch und störe die Bundeswehr überall, wo sie auftrete.
Weitere Reden werden im Blog von unsere-zeit.de veröffentlicht.
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