Freya Pillardy hat Recht: Wer wie Manfred Sohn „die Logik des Kapitals“ übernimmt, ohne die Klassenfrage zu stellen, verkennt nicht nur den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit, sondern auch den zwischen Kapitalfraktionen. Sohn behauptet, die Bundesregierung habe die „Fundamentaldaten“ der Welt nicht verstanden – doch hat er sie sich selbst angeschaut?
Russland ist rohstoffreich, aber keineswegs „absatzstark“. 2021 lag das Handelsvolumen mit Russland bei 59,8 Milliarden Euro – mit den USA bei 142,4 Milliarden Euro. Entscheidend ist auch die Struktur: Die USA kaufen Hochtechnologie, Russland eher Basisgüter. Russlands Bedeutung für das deutsche Kapital wird überschätzt – wirtschaftlich ist es eher mit Polen oder Skandinavien vergleichbar. Auch bei China verkennt Sohn die Realität. Der chinesische Markt ist riesig – aber China ist zugleich der zentrale Konkurrent des deutschen Kapitals: in der Elektromobilität, im Maschinenbau, bei KI und grünen Technologien. Die Vorstellung, China sei nur „kooperationsbereit“, blendet den systemischen Konkurrenzcharakter aus. Sohns geopolitischer Wunschtraum – wachsendes deutsches Kapital dank billiger Rohstoffe aus Russland und wachsendem Absatz in China – blendet aus, warum Kapitalfraktionen strategisch auf die USA setzen. Nicht aus Dummheit, sondern aus ökonomischen Erwägungen. Dass die Arbeiter in dieser Vorstellung dank des Mythos vom Trickle-Down auch noch profitieren, ersetzt endgültig die politische Ökonomie der Arbeiterklasse. Wer die Widersprüche zwischen Kapital und Arbeit ernst nimmt, darf die Widersprüche innerhalb des Kapitals nicht ignorieren. Wer über „Fundamentaldaten“ spricht, muss die Realität des Weltmarkts kennen – und die Realität der Klassenverhältnisse.