Am 28. August stand im Stadtrat Hannover ein Antrag des BSW zur Abstimmung: „Die Stadt wendet sich an den Bildhauer Steffen Friedrich, der bereit ist, den historischen Originalzustand des Gedenksteines am Ehrenfriedhof Maschsee-Nordufer wiederherzustellen, wie er nach dem Entwurf des Bildhauers Nikolai Muchin-Koloda ursprünglich aussah. Ziel ist, einen dem Original entsprechenden Sowjetstern auf dem Denkmal zu platzieren.“ Die BSW-Fraktion unterstützte damit die Aktion „Stern zurück auf das Mahnmal“ der Initiative Frieden mit Russland Hannover.
Mit Ausnahme der zwei Antragsteller Dirk Machentanz und André Zingler des BSW lehnten erwartungsgemäß alle Anwesenden den Antrag ab. Der Vertreter der Partei „Die Linke“ entzog sich der Abstimmung unter dem Vorwand „akuter Telefonitis“. Die Ratsmehrheit folgte damit zum zweiten Mal der antisowjetischen und antirussischen Tradition aus der Zeit des Kalten Krieges, in der das Hannoversche Bauamt den Sowjetstern vom Sockel entfernen und verschwinden ließ. Zunächst hatte das BSW den Antrag auf Wiederherstellung des Sowjetischen Ehrenmals am 20. Juni in den Kulturausschuss eingebracht. Seitdem hatten die Mitglieder des Stadtrats Zeit, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen. Ihre Begründung für die Ablehnung lautete damals sinngemäß: In Zeiten wie diesen könne ein solcher Antrag von derartigen Putin-Verstehern nur zurückgewiesen werden.
Die Initiative Frieden mit Russland sieht es genau umgekehrt: Gerade in Zeiten wie diesen, wo sich Deutschland – geht es nach den Plänen der Herrschenden – bereits im Krieg mit Russland befindet oder auf dem besten Wege dahin ist, sind Initiativen zur Entspannung bitter nötig. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen die Meinungsfreiheit beschnitten wird, Symbole der sowjetischen Befreier vom Nazismus nicht mehr gezeigt werden dürfen und Friedenskräfte verunglimpft und verfolgt werden, sind antifaschistische und geschichtsbewusste Signale von größter Bedeutung.
Am Tag der neuerlichen Abstimmung hatten sich deshalb rund 20 Mitstreiter der Initiative und des BSW mit einem Duplikat des Sowjetsterns in Originalgröße vor dem Rathaus versammelt und Flugblätter an Ratsmitglieder und Passanten verteilt, um noch einmal über die Hintergründe ihrer Aktion aufzuklären – und für ihre Kundgebung am Antikriegstag zu mobilisieren.

Am 1. September trafen sie sich dann auf der Wiese neben dem Ehrenfriedhof am Maschsee-Nordufer in Sichtweite des seines Sterns beraubten Mahnmals. Während die Initiative ihre Kundgebung vorbereitete, fand auf dem nebenliegenden Ehrenfriedhof die Veranstaltung der Stadt Hannover und der IG Metall zum 1. September statt. In Redebeiträgen wurde dort beteuert, die Stadt stehe fest an der Seite der Ukraine und Israels – ein Schulterschluss mit NATO-Kriegstreibern sowie der israelischen Regierung, gegen die eine Klage wegen Völkermord im Gaza-streifen vor dem Internationalen Gerichtshof läuft.
Einige der Teilnehmer der städtischen und IG-Metall-Veranstaltung schlossen sich später der Kundgebung der Initiative Frieden mit Russland an, nachdem sie deren Flugblatt bekommen hatten. Der Steinbildhauer Steffen Friedrich gab dort seiner Erleichterung Ausdruck, hier gemeinsam mit Menschen zu stehen, die sich nicht der herrschenden Propaganda unterwerfen und sich stattdessen Feindbildaufbau und Kriegshysterie entgegenstellen. Als vorrangigen Beweggrund, den Stern zu reproduzieren, nannte er die Absicht, auf dem Ehrenfriedhof als Ort mit hoher Symbolkraft auf das Thema Krieg und Faschismus aufmerksam zu machen. Eine Zusage des Rates, den Stern zu reinstallieren, sei ein Zeichen für den verantwortungsbewussten Umgang mit der Geschichte, so Friedrich. Die Stadtspitze könne damit deutlich machen, dass die Parole „Nie wieder Krieg und nie wieder Faschismus!“ keine leere Floskel für sie sei. Auch der Vertreter des BSW-Kreisvorstandes, Jan Krüger, bezog sich in seiner Rede auf den Schwur von Buchenwald und erinnerte daran, wie Sozialdemokraten und Kommunisten sich dem Ziel verschrieben hatten, die verheerende Spaltung der Vorkriegsjahre hinter sich zu lassen, um es nie wieder zu Krieg und Faschismus kommen zu lassen. Folgerichtig hätten sich alle Parteien im ersten niedersächsischen Landtag unter dem Ziel geeint, die Schlüsselindustrien zu vergesellschaften, um die Drahtzieher des Faschismus zu entmachten.
Gemeinsam zogen die Teilnehmer anschließend zum Ehrenfriedhof, um den provisorischen Sowjetstern über dem trauernden Soldaten zu platzieren – und damit das historisch korrekte Gesamtbild nach über 70 Jahren erstmals wieder herzustellen. Das Zeichen des antifaschistischen Sieges über den Hitlerfaschismus auf seinem rechtmäßig angestammten Platz zu sehen, vermittelte allen Beteiligten ein Gefühl der Abbitte gegenüber den Bestatteten und der Genugtuung über den Sieg über den deutschen Faschismus. Zugleich symbolisierte es die historische Wahrheit über die Lügen der „Kriegsertüchtiger“ von heute.
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