Nach den Wahlen ist für Israel nichts Gutes zu erwarten

Gewalt und blanker Rassismus

In der fünften Wahl in Israel in vier Jahren blieb die Wahlbeteiligung mit mehr als 70 Prozent erstaunlich hoch – und brachte ein klares Ergebnis. 64 Knesset-Abgeordnete unterstützen eine mögliche Regierung Benjamin Netanjahus. Der Erfolg von Likud und seinen Verbündeten war ein Sieg für die israelische Rechte. Aber es war kein Wahlsieg für eine „klassische Rechte“, sondern eine Rechte, die noch mehr als bisherige Regierungen auf Gewalt und blankem Rassismus basiert.

Für rechte Parteien und Abgeordnete war es noch nie ein Nachteil, in Skandale, Gewalttaten, Korruption und Steuerhinterziehung verwickelt zu sein. Bezalel Smotrich, der Führer der Religiös-Zionistischen Partei (6 Abgeordnete hinzugewonnen), erklärte, wer gegen Ehen zwischen Arabern und Juden sei, sei kein Rassist. Und Immobilienhändler sollten Grundstücke oder Häuser nicht an Araber verkaufen müssen.

Eigene Grundstücksgeschäfte machte Arje Deri von der ultraorthodoxen israelischen Partei Shas (2 Abgeordnete hinzugewonnen). Er wurde wegen Bestechlichkeit als Innenminister verurteilt und trat im Jahr 2000 seine Haftstrafe an. 2016 wurde ein Strafverfahren wegen verbotener Grundstücksgeschäfte gegen ihn eröffnet. Im Jahr 2022 gab es einen Deal, Deri bekannte sich der Steuerhinterziehung schuldig und wurde zu zwölf Monaten auf Bewährung und 180.000 Schekel (etwa 51.000 Euro) Geldstrafe verurteilt.

Der Extremist Itamar Ben-Gvir – ein Anwärter auf das Amt des Polizeiministers – erregte Aufsehen, als ein Video bekannt wurde, das zeigt, wie er arabische Parkplatzwächter mit einer Pistole bedrohte, die ihn aufgefordert hatten, sein Auto aus einer Parkverbotszone zu entfernen. Und regelmäßig provoziert er mit seinen Auftritten arabische Einwohner in Jerusalem.
Gegen den voraussichtlichen Ministerpräsidenten Netanjahu läuft noch immer das Verfahren wegen Bestechung, Betrug und Veruntreuung. Und so darf er zwar Ministerpräsident werden, aber kein Ministeramt ausüben.

Das sind die Wahlgewinner. Dabei trennen nur 30.293 Stimmen das Lager der Wähler Netanjahus von seinen Gegnern, wenn man die Stimmen von Meretz – Mitgliedspartei der sogenannten „Sozialistischen Internationale“ – und der arabischen Partei Balad hinzuzählt, die beide an der 3,25-Prozent-Hürde gescheitert sind. Balad, die zuvor mit den linken Parteien Hadasch und Ta‘al in einer gemeinsamen Liste war, lehnte das für diese Wahl ab, obwohl absehbar war, dass sie die Hürde nicht würde überwinden können.

Ayman Odeh und Ahmad Tibi als Vertreter der Liste von Hadasch und Ta‘al wandten sich vor der Wahl in einem besonderen Aufruf auf Hebräisch an ein jüdisches Publikum und warben um dessen Stimmen und Unterstützung gegen eine weit rechts stehende Regierung mit dem Rassisten Ben-Gvir und seinen Verbündeten. Ben-Gvir konnte nicht verhindert werden, aber die gemeinsame Liste von Hadasch und Ta‘al konnte ihre fünf Plätze in der Knesset verteidigen, obwohl Balad nicht mehr Teil des Bündnisses war.

Eine weitere arabische Partei – Ra’am unter Mansour Abbas – konnte einmal davon träumen, die Rolle des Königsmachers zu spielen und Netanjahu zum Wahlsieg zu verhelfen. In der jetzigen Wahl behielt sie zwar ihre fünf Knesset-Abgeordneten, spielt aber wohl kaum mehr eine Rolle.

Schon während der Amtszeiten von Jair Lapid und Naftali Bennett nahmen der Siedlungsbau und die Vertreibungen von Palästinensern aus Jerusalem zu. Mit der kommenden Regierung wird sich das noch mehr beschleunigen.
Die Palästinenser haben mit dieser extrem rechten Regierung noch weniger als in der Vergangenheit einen Gesprächspartner für Verhandlungen.

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"Gewalt und blanker Rassismus", UZ vom 11. November 2022



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