Kultur I. Die (Buch-)Ausstellung ist vorbei, es soll eine der erfolgreichsten seit jeher in Dortmund gewesen sein. Also gemessen in Quadratmeter mal Öffnungstagen durch Besucher/innen. Oder hoch Besucher/innen? Oder Besucher/innen im Quadrat mal Tage/innen? Kann jemand noch Mathe ohne KI? Oder wenigstens KI ohne Mathe? Man weiß es doch nicht.
Freizeit vs. Liebe I. In der Stammkneipe: „Pech im Spiel, Glück in der Liebe“, murmelt ein müder Gartenbro, als er gerade seine 9. Runde im Schocken verliert. Anwesende Menschen nicken wissend. Ich nicht. Blödes Spiel, dieses Schocken.
Krieg I. Diskutiere mit einem Kumpel, der tatsächlich für die Aufrüstung ist, des Russen wegen. „Ja“, sag ich, „was will er denn wollen, dieser Russe, bei uns? Bodenschätze? Ham‘ wa‘ nicht. Industrieanlagen? Werden schnell kaputt sein im Kriegsfall. Infrastruktur? Ist doch schon ohne Krieg desaströs. Unsere schöne Kultur? Deutschen Wodka? Ach komm schon, man …“

Wunder I. Unsere Schrebergartenanlage, die wir in diesem Sommer circa sechs Mal von Innen gesehen haben, hat die Silbermedaille gewonnen. Es ist die – Achtung – zweitschönste Anlage von 1.600 in NRW! Hammer. Der Gartenbro und ich haben nicht den Hauch einer Ahnung, wie unser Vorstand das Komitee an unserem Garten vorbeilotsen konnte. Ich meine, man geht rein in die Anlage, und der erste Garten rechts ist … man weiß es doch nicht.
Freizeit vs. Liebe II. Es regnet einfach. Die ganze Zeit. Wir spielen unser Bouleturnier trotz alledem. Gewinne mein Einzel gegen einen aus der Top 3 (!) 13:12. Gewinne mein Doppel gegen zwei aus der Top 10 mit 13:11. Fahre stolz wie Pumuckl nach dem Zerdeppern einer Vase, aber zitternd vor Nässe und Kälte, nach Hause. Und ganz leise, von sechs Straßen weiter, grinst der Gartenbro vom warmen Sofa: „Glück im Spiel, Pech in der Liebe“. Argh.
Krieg II. „Das einzige“, sag’ ich, „was ich mir erklären (und sogar ein bisschen verstehen) könnte, warum ‚der Russe‘ – wer immer das sein soll – Deutschland angreifen sollte: Diesen Deutschen, die jetzt das 3. Mal gegen uns aufrüsten und nach Krieg hecheln, diesen Deutschen, die uns schon Abermillionen Tote gebracht haben, diesen Deutschen, die wieder mit ihren Säbeln rasseln, als träfe Alzheimer auf Parkinson, ein für alle Mal das Maul zu stopfen. Isso.“
Gesundheit. „Ihr Herz ist tipptopp, auch wenn Sie stinken wie ein Aschenbecher“, sagt die Gefäßuntersucherin nach dem Ultraschall und fügt hinzu: „Ist denn sonst was?“ „Jau, sage ich, Donnerstag geht’s ins Krankenhaus, die Beckenarterien sind möglicherweise zugesetzt.“ „Jau“, imitiert sie mich mit einem diabolischen Grinsen, „wenn das so ist, sollen die doch gleich zusätzlich ’ne Katheteruntersuchung vom Herz machen!“ Schmeißt mir ’ne Überweisung auf den Schoß und ich denke mir: Vielleicht einmal die Fresse halten? Nur ein einziges Mal? Mann!
Wunder II. 11. 11., die fünfte Jahreszeit, Karneval. Uff. Im Radio werden Menschen gefragt, warum sie das denn nun feiern. „Weil Karneval der Sinn meines Lebens ist“, krakeelt eine junge Frau ins Mikro. Meinertreu, mir schämt es sich bereits ganzheitlich fremd, aber eine zweite Dame steht ihr noch zur Seite mit dem gruseligen Satz: „Weil da alle mit offener Hose tanzen!“ Und unterstreicht das Ganze mit einem markerschütternden „Hellauuu!“ Und außer sehr, sehr, sehr schaurigen Bildern fällt mir nun gar nichts mehr ein. Außer natürlich:
Man weiß es doch nicht.



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