Wer von uns wüsste nicht, dass es zur Propagierung des Marxismus auch einiger zündender Einfälle bedarf? Sie müssen nicht immer neu sein, aber doch den Leser überraschen. So verhält es sich auch mit der Idee, Zwiegespräche zu veröffentlichen, die eigentlich fiktiv sind, aber dennoch real sein könnten. Es ist Wilhelm Rettler aus der Lutherstadt Wittenberg, der schon seit Jahren – diesem Konzept folgend – mit Erfolg „Die Einsicht“ veröffentlicht und verbreitet. Nun liegt eine Auswahl dieser Interviews aus den Jahren 2023 und 2024 als Buch vor.
Der Autor behandelt eine breite Palette an Themen wie Sprachkritik, Philosophie, Recht, Ökonomie und Politik. Die Gesprächspartner sind frei erfunden, Rettler beantwortet „ihre“ Fragen aus marxistischer Sicht. Man merkt, dass ihm die formale Logik und die Exaktheit des Denkens besonders am Herzen liegen. Seine Antworten sind nicht immer bequem und werfen manche weitergehende Frage auf. Bekanntes und Geläufiges stellt der Autor infrage. Nicht immer gelingt es ihm, zu überzeugen – aber Kritik ist ausdrücklich erwünscht. Manchmal überspannt er den Bogen, dann aber nur um der klaren Aussage und der Ehrlichkeit willen – so zum Beispiel bei der Behandlung der ökonomischen Probleme der DDR.
Die 65 „Einsichten“ zu unter anderem „Israelkritik strafbar?“, „Antikommunismus heute?“, „Über Rechtsstaat und Demokratie“, „Begriff und Meinungsmanipulation“, „Über Ausbeutung“, „Herrschende Meinung und Angst“ sind alle parteilich, denn Rettler ist Kommunist.
Ich empfehle dieses gut lesbare Buch – auch deshalb, weil es zur eigenen Auseinandersetzung mit den Themen, den Grundlagen des Marxismus und aktuellen Problemen anregt.
Wilhelm Rettler
Einsicht(en)
Juristische, sprachkritische, philosophische und politologische Analysen
aktueller Geschehnisse aus den Jahren 2023 und 2024
Kömmt Verlag 2025, 193 Seiten, 18 Euro
Bezugsadresse: whrettler@web.de