Vom 31. Oktober bis 2. November 2025 wird Nürnberg erneut zum Treffpunkt der kritischen Gegenöffentlichkeit. Zum 30. Mal öffnet die Linke Literaturmesse ihre Türen – und wie zu Beginn im Künstlerhaus, direkt im Herzen der Frankenmetropole. Sie zeigt auch im Jubiläumsjahr, dass linke Debatten nichts an Aktualität verloren haben. Drei Tage lang diskutieren Autorinnen und Autoren, Aktivistinnen und Aktivisten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über den Zustand einer Gesellschaft im Umbruch – zwischen Kriegswirtschaft, Demokratieabbau und sozialer Spaltung.
Den Auftakt bildet am Freitagabend im Glasbau die Podiumsdiskussion „Das Ende der liberalen Demokratie!? Staatsräson und reaktionärer Staatsumbau“. Die Zeitenwende, so die These, hat längst nicht nur die Außenpolitik verändert, sondern das politische Fundament selbst. Während sich viele auf den Aufstieg der Rechten konzentrieren, treiben die Parteien der „Mitte“ einen Umbau des Staates voran – mit verschärfter Repression, sozialem Rückbau und einem neuen Konsens der „Staatsräson“.
Der Schriftsteller Raul Zelik analysiert, wie Kultur und Wissenschaft zunehmend unter politischen Druck geraten. Tim Roth von der Nürnberger Antifa-Aktionskneipe berichtet von Ermittlungsverfahren und der Kriminalisierung antifaschistischen Engagements. Hannah Kegel, Aktivistin der Kampagne „Rheinmetall entwaffnen“, schildert die staatliche Härte gegen Friedensproteste, während UZ-Autor Henning von Stolzenberg den autoritären Umbau der Justiz als Ausdruck einer neuen Klassenpolitik beschreibt.
Auch an den folgenden Tagen greift die Messe Themen auf, die kaum in Feuilletons und immer seltener bei Gewerkschafts- und Parteitagen Platz finden. Ulrike Eifler etwa widerspricht in ihrem Vortrag „Rüstung ist keine Lösung“ der Erzählung, Aufrüstung sichere Arbeitsplätze. Der Umbau zur Kriegswirtschaft, so Eifler, sei keine Perspektive, sondern Ausdruck einer Politik ohne soziale und ökologische Zukunft. Gewerkschaften müssten sich, sagt sie, an die alte Losung erinnern: Produziert Frieden!
Wie sich gesellschaftlicher Widerstand konkret formt, zeigt Rolf Hoffrogge in seiner Lesung „Die Mieten sind zu hoch!“ Sein Buch „Das laute Berlin“ (Brumaire Verlag) zeichnet nach, wie Initiativen wie „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ eine Bewegung aufgebaut haben, die weit über die Hauptstadt hinaus wirkt. Es geht um Selbstorganisation, Solidarität – und um die Frage, warum der Kampf ums Wohnen längst ein Kampf um Demokratie geworden ist.
Einen internationalen Blick eröffnet schließlich die Veranstaltung „Santiago de Cuba – Krise, Gesundheit und Revolution“, in der eine Delegation von ihrer Reise nach Kuba berichtet. Zwischen Mangel, Blockade und Beharrlichkeit zeigt sich dort eine Gesellschaft, die trotz widriger Umstände an ihren revolutionären Idealen festhält.
Mit über 60 Veranstaltungen – von Lesungen bis zu Podien – bleibt die Linke Literaturmesse ein Ort des internationalen und spektrenübergreifenden Austauschs, der Auseinandersetzung und des Widerspruchs. Sie lebt vom Engagement vieler, die ein Jahr lang ohne Bezahlung an ihr arbeiten – und von dem Anspruch, Denken und Handeln zusammenzubringen.
Dreißig Jahre nach ihrer Gründung ist sie nicht nostalgisch geworden. Im Gegenteil: Noch immer will sie nicht nur verstehen, warum Dinge sind, wie sie sind, sondern zeigt sich kämpferisch und lädt mit den Worten „Bildung ist eine Waffe, aber sie muss mit Bewusstsein geladen werden“ zum Besuch ein.
30. Linke Literaturmesse
Freitag, 31. Oktober bis Sonntag, 2. November 2025
Künstlerhaus
Königstraße 93
Nürnberg
Der Eintritt ist frei.
Das Programm und weitere Infos gibt es auf der Website der Linken Literaturmesse.