Guten Morgen!

Nischel - Guten Morgen! - -
Wir sind in Karl-Marx-Stadt. Was für ein Symbolbild sollen wir denn sonst posten? (Foto: UZ)

Um 9 Uhr geht es weiter. Den Anfang machen die Berichte aus dem Frauen/FLINTA*-Plenum und dem Migrantischen Plenum. Das kennen wir schon von den vergangenen Parteitagen und wagen die Prognose, dass sich die Spannung auch bei den Delegierten in Grenzen hält.

Der gestrige Tag lässt uns hingegen etwas ratlos zurück. Was wir erlebt haben: Verbalradikalismus („Kapitalismus abschaffen“), Bekenntnisse zur „Friedenspartei“ und den im Leitanatrag beschlossenen Vorsatz, „Glaubwürdigkeit und Anti-Establishment“ zu verkörpern. Was wir in den vergangenen Wochen von der „Linken“ erlebt haben: die Zustimmung zu den Kriegskrediten im Bundesrat, die Mithilfe bei der Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler und einen Parteivorsitzenden, der jedes Interview mit Sanktionsforderungen gegen Russland überschattet. Und nun?

Papier ist geduldig und die bisherige Beschlusslage gibt keinen grundsätzlichen Kurswechsel her – der wäre aber bitter nötig, um insbesondere die Vorsitzenden und die Parlamentarier der Partei an die Kandare (ja, so schreibt man das) zu nehmen. Noch seltsamer wird das Ganze dadurch, dass diejenigen, die etwas zur politischen Klärung beitragen könnten, sich auffallend zurückhalten. Kritik von Delegierten gibt es ja durchaus, aber aufgenommen oder gar diskutiert wird sie nicht.

Bodo Ramelow behauptete nach der Merz-Wahl auf allen Kanälen: „Wir haben Friedrich Merz nicht gewählt. Aber wir haben den Wahlgang ermöglicht, um die Demokratie zu schützen.“ Auf dem Parteitag sprach er als Bundestagsvizepräsident zu den Delegierten, auf einem zuvor gesetzten Redeplatz in der Generaldebatte. Sein Thema: Der Papst, der neue, der alte und wie schön doch alles mit den Päpsten ist. Wer sich so offensiv der Debatte über das eigene Handeln verweigert, verschärft das Zwei-Welten-Problem zwischen Parteitag und politischem Alltagsgeschehen.

Ob der zweite Tag heute zur Klärung beitragen kann? Wir haben Zweifel, aber bleiben dem Parteitagsmotto treu und organisieren die Hoffnung. Auch hier im Ticker.

Unsere Zeit