„Immer Frühling“

Cheffriedenstaube mit Tax-the-Rich-Shirt: Jan van Aken (Foto:UZ)
Cheffriedenstaube mit Tax-the-Rich-Shirt: Jan van Aken (Foto:UZ)

„Liebe Genossinnen und Genossen, rastet aus für Jan van Aken,“ feuert Kathrin Vogler für das Tagespräsidium die Delegierten an. Die folgen ihr eher mäßig begeistert.

Aken fängt damit an, dass er lange überlegt habe, wie er anfangen soll – und nimmt dann den selben Auftakt wie bei seiner Bewerbungsrede um den Parteivorsitz in Halle. Er sei Jan van Aken und er findet, es sollte keine Milliardäre geben.
Im Wahlkampf habe man bei den Haustürbesuchen gemerkt, dass die Einsamkeit grassiert in diesem Land. Und diese Einsamkeit komme von Arbeitslosigkeit, von der Angst um die Wohnung und der Angst, den Kindern am Ende des Monats kein warmes Essen mehr auf den Tisch stellen zu können. „Mit dieser Einsamkeit muss endlich Schluss sein“, ruft Jan van Aken den Delegierten zu. Deren Stimmung kocht immer noch nicht so richtig, von Ausrasten keine Spur.

Dann nimmt sich Aken die Koalition vor, die wissen schließlich gar nicht, was hier unten los ist. Im Koalitionsvertrag kein Wort von hohen Lebensmittelpreisen oder anderen Alltagssorgen der Menschen. Aken schlussfolgert: „Wir müssen Merz und Klingbeil stoppen!“

Nach der Debatte gestern ist es ganz nett, dass Aken wenigstens die Profitmacherei von Rheinmetall kritisiert und eine Übergewinnsteuer für Rüstungskonzerne fordert. „Denn keiner darf am Leid verdienen“. Ansonsten sagt er zum Frieden nichts. Ist auch besser so, sonst hätte er vielleicht wie in jedem Radiointerview wieder von der russischen „Schattenflotte“ und den Sanktionen geredet, die er sich wünscht.

Also lieber was fürs Herz der Linkspartei: Millionär Merz hole sich andere Millionäre ins Kabinett, um Politik für Millionäre zu machen. All das Gerede über zu wenig Geld: nur Ablenkung, um das Geld von unten nach oben zu schaufeln, so Aken. Man dürfe sich nicht spalten lassen, die Grenze verlaufe nicht zwischen Menschen mit und ohne deutschem Pass, nicht zwischen arm und ärmer, nicht zwischen Kuh- oder Hafermilchtrinkern, sondern „die Grenze verläuft immer zwischen oben und unten!“

Und weiter geht es mit den Kernthemen: Die CDU habe das Nest für die AfD gebaut. „Die Linke“ habe gezeigt, dass man mit dem richtigen Wahlkampf und den richtigen Themen gegen die AfD gewinnen kann. Von der AfD geht es zum Lieblingsthema: Mietendeckel. Der wird kommen, verspricht Aken. „Vielleicht nicht dieses Jahr, vielleicht nicht nächstes Jahr, aber er wird kommen.“ Zudem wolle die Linkspartei den Mietwucher bekämpfen. Schnell noch ein paar Worte zur menschengemachten Klimakrise und dem CO2-Ausstoß der Superreichen und da ist die Zeit schon um.

Also noch mal was fürs Herz, aber diesmal richtig. Jan van Aken wünscht sich „ein Land, in dem immer Frühling ist … in dem die Hoffnung wächst und nicht die Angst … in dem keiner mehr entscheiden muss zwischen einem warmen Essen und einer warmen Wohnung.“ Und er versichert den Delegierten: „Wir werden den Menschen wieder Hoffnung geben!“
Und dann ist doch mal Stimmung in der Bude. Das erste Mal in Chemnitz erhebt sich der Parteitag geschlossen und klatscht dem Vorsitzenden zu. Linke Slogans kommen an, auch, weil Aken jedes strittige Thema gemieden hat. Auffällig: Bei Jan van Aken gibt es – anders als bei Ines Schwerdtner und Heidi Reichinnek – weder Klassen noch Kapitalismus in der Rede. Doch solange es „Hoffnung“ gibt, sind die Delegierten zufrieden.

Unsere Zeit