Die Deutsche Bahn AG (DB AG) stellt ihre Halbjahresbilanz 2025 als Erfolg dar: Der operative Verlust wurde um fast eine Milliarde Euro reduziert, die Schulden dank des Verkaufs von DB Schenker gesenkt und die Zahl der Fahrgäste ist erneut gestiegen. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Der Preis für diese „Sanierung“ ist hoch – und wird vor allem von den Beschäftigten und Fahrgästen gezahlt.
In diesem Jahr hat die Bahn bereits über 3.000 Vollzeitstellen gestrichen, vor allem in Verwaltung und Vertrieb. Das wird als „Verschlankung“ gefeiert, bedeutet in der Praxis jedoch zusätzlichen Druck auf die verbleibenden Beschäftigten, Know-how-Verlust und strukturelle Überlastung. Das hat massive Auswirkungen auf die Stimmung in der Belegschaft.
Währenddessen wird im operativen Bereich weiter eingestellt, um Engpässe notdürftig zu kompensieren. Dies ist in Wirklichkeit ein Spagat, der auf Dauer nicht tragfähig ist, denn natürlich wird auch bei den operativen Tätigkeiten versucht, durch Digitalisierungsprojekte eine Stellenreduzierung zu erreichen. Der Druck, der durch Personalabbau entsteht, wird allerorten wahrgenommen.
Zunehmend wird deutlich, dass die „Gemeinwohlorientierung“, wie sie mit der Gründung der DB InfraGO AG postuliert wurde, eine Mogelpackung ist. Die Bahn folgt weiterhin einer privatwirtschaftlichen Logik: Kosten runter, Effizienz rauf, Gewinnzone erreichen.
Doch die Deutsche Bahn ist kein gewöhnliches Unternehmen – sie ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Wenn sich die Konzernführung vor allem an wirtschaftlichen Zielvorgaben orientiert, bleibt das Gemeinwohl auf der Strecke. So erklärt sich auch, warum ein Ende der Rekordinvestitionen nicht absehbar ist und Züge auf der maroden Infrastruktur unpünktlich bleiben.
Mit einer Pünktlichkeitsquote von 63,4 Prozent im Fernverkehr liegt die Bahn im ersten Halbjahr weiter unter den eigenen Zielmargen. Fast jede zweite pünktlichkeitsrelevante Anlage ist erneuerungsbedürftig. Zwar verweist die Bahn auf Fortschritte wie die Riedbahn-Sanierung, doch insgesamt wird das Tempo der Netzerneuerung diesen Zustand noch Jahre aufrechterhalten. Das sind die Folgen des jahrzehntelang auf Verschleiß gefahrenen Schienennetzes. Die Verantwortung trägt aber nicht nur der DB-Konzernvorstand, sondern auch die Regierungsparteien der letzten drei Jahrzehnte seit der so genannten Bahnreform.
Auch im Güterverkehr zeigt sich das Dilemma: DB Cargo hat gezielt unrentable Verkehre eingestellt und transportiert nun rund 10 Prozent weniger Güter als im Vorjahr. So verbessert sich zwar das betriebliche Ergebnis, doch klimapolitisch ist das ein Rückschritt. Eine ökologische Verkehrswende braucht mehr Güter auf der Schiene – nicht weniger.
Die neue Infrastruktursparte DB InfraGO AG wird als „gemeinwohl-orientiert“ vermarktet, bleibt aber – wie die DB AG insgesamt – eine profitorientierte Aktiengesellschaft und damit weit entfernt von echter öffentlicher Kontrolle. Statt demokratischer Steuerung erleben wir Management nach Zielvereinbarung. Damit einher geht wenig Transparenz und viel PR.
Die Halbjahresbilanz 2025 zeigt: Die Bahn ist rein betriebswirtschaftlich betrachtet stabiler, aber politisch weiter auf dem Irrweg. Die Konzentration auf Gewinnzonen und Einsparungen konterkariert den Auftrag, eine leistungsfähige, bezahlbare und soziale Mobilität für alle bereitzustellen. Was es braucht, ist kein weiterer Spardruck, sondern ein grundsätzlicher Richtungswechsel: Weg von der Konzernlogik, hin zu einer demokratisch kontrollierten solidarischen Bahn im öffentlichen Interesse.