Erstmals mehr als eine Billion US-Dollar für US-Rüstungsetat. Gleichzeitig Verhandlungen um Frieden

Trumps Doppelstrategie

Am 10. September verabschiedete das US-Repräsentantenhaus den National Defense Authorization Act (NDAA) und ebnete damit den Weg für Pentagon-Ausgaben in Höhe von über 848 Milliarden US-Dollar im kommenden Jahr. Zusammen mit den zusätzlichen Mitteln der sogenannten „Big Beautiful Bill“, dem Steuersenkungs- und Investitionsprogramm der Trump-Regierung, wird damit der Haushalt des US-Kriegsministeriums erstmals auf über eine Billion US-Dollar gehoben. Inflationsbereinigt ist das, so William D. Hartung am 12. September auf der Plattform „Responsible Statecraft“, „deutlich mehr als die Höchststände auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges oder des Vietnamkriegs“. Überschrift: „Frieden durch Stärke“, also imperialistischer Diktatfrieden.

Diese zweite Seite der Trump-Strategie wurde in den vergangenen Tagen am diametral unterschiedlichen Umgang der USA und der NATO-Europäer mit dem Drohnenvorfall in Polen und Litauen deutlich. Ebenfalls am 10. September verletzten etwa 20 mutmaßlich russische Drohnen deren Luftraum. Polen verlangte Konsultationen nach Artikel 4 des NATO-Vertrages, die Kriegshysterie wurde in Westeuropa dankbar aufgegriffen: Das sei ein bewusster russischer Angriff. Man fand an den Drohnentrümmern zwar keinen Sprengstoff und der Generalstabschef von Belarus, Pawel Muraweiko, erklärte noch am selben Tag, Litauen und Polen seien von Belarus über die anfliegenden Drohnen informiert worden – egal. Nur in Washington erklärte Trump am Donnerstag: „Es könnte ein Fehler gewesen sein.“ Der erboste polnische Ministerpräsident Donald Tusk fauchte auf X am Freitag zurück, das sei kein Fehler gewesen: „Das wissen wir.“

Da war Trumps Sondergesandter John Coale am Donnerstag bereits beim belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko in Minsk zu Besuch gewesen, hatte dem einen von Trump mit „Donald“ unterzeichneten Brief – laut Coale ein „seltener Akt persönlicher Freundschaft“ – überreicht sowie als Geschenk Manschettenknöpfe mit dem Bild des Weißen Hauses in Washington. Lukaschenko dankte Trump „für seine Bemühungen um Frieden, vor allem in unserer Region“. Kein anderer US-Präsident habe „so viele oder solche Anstrengungen unternommen, um den Frieden auf der Welt zu sichern“. Coale kündigte die baldige Wiedereröffnung der US-Botschaft in Minsk und die Wiederaufnahme von Wirtschaftsbeziehungen an. Als ersten Schritt hoben die USA Sanktionen gegen die belarussische Fluggesellschaft Belavia auf. Am Ende des Tages reisten 51 von Belarus freigelassene Gefangene mit Coale nach Litauen – einer wollte allerdings Belarus nicht verlassen und blieb.

Als in NATO-Europa der Ruf nach weiteren Sanktionen gegen Russland wegen des Drohnenvorfalls nicht verstummte, platzte Trump offenbar der Kragen. Am vergangenen Samstag verlangte er auf seiner Plattform „Truth Social“ das Ende des Kaufs russischen Erdöls durch NATO-Staaten. Dann sei er „bereit, umfassende Sanktionen gegen Russland zu verhängen“. Die Käufe seien „schockierend“, da dies die Verhandlungsposition gegenüber Moskau schwäche. Zugleich regte er Strafzölle in Höhe „von 50 bis 100 Prozent“ auf Einfuhren aus China an. Er sei überzeugt, dass eine solche Maßnahme „ebenfalls sehr hilfreich zur Beendigung dieses tödlichen, aber lächerlichen Kriegs“ sei. Am Montag dieser Woche schließlich teilte der Verteidigungsminister von Belarus, Wiktar Chrenin, mit, am vom 12. bis 16. September abgehaltenen russisch-belarussischen Manöver „Sapad 2025“ hätten Beobachter aus 23 Ländern, darunter aus den USA, der Türkei und Ungarn, teilgenommen. Mehr Missachtung der Westeuropäer geht kaum.

Am Dienstag fasste CDU-Fraktionschef Jens Spahn das Kontrastprogramm des Paktes im Rundfunk Berlin-Brandenburg gut zusammen: „Wir haben im Grunde die NATO europäisch neu begründet, weil Deutschland jetzt aufrüstet, weil wir über den Wehrdienst reden, weil wir tun, was notwendig ist.“ Trump hat nichts gegen den wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands und der EU durch Aufrüstung, Hauptsache, es bleiben die 750 Milliarden US-Dollar übrig, für die Ursula von der Leyen Gas und Erdöl in den USA kaufen will. Trumps Billionen-Kriegsetat muss schließlich finanziert werden.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Trumps Doppelstrategie", UZ vom 19. September 2025



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Auto.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit