Es gilt das gesprochene Wort.
Liebe Genossinnen und Genossen,
2024 ist die DKP Trier erfolgreich zur Kommunalwahl angetreten, und ich möchte hier einige Erfahrungen mit euch teilen aus Fehlern, die wir hierbei gemacht haben, aber auch von Erfolgen, die wir feiern konnten. Zunächst ist festzuhalten, dass wir es versäumt haben, mit einer vollständigen Liste anzutreten. Dies hat uns vor allem bei Menschen, die unsere komplette Liste gewählt haben, einige Stimmen gekostet. Wir traten mit drei Kandidatinnen und Kandidaten an, was uns mit maximal neun Stimmen über die Liste wählbar machte. Somit verschenkten wir jedes mal, wenn jemand unsere Liste wählte, einige Stimmen. In der Auswertung haben wir daher festgehalten, dass es in jedem Fall Sinn macht, die Liste zu füllen. Dies muss nicht zwangsweise mit den Parteikadern geschehen, die sich im Zweifel auch ein Amt im Stadtrat vorstellen könnten, sondern kann auch gut genutzt werden, um die SDAJ und das sympathisierende Umfeld ein- und anzubinden. Auch unsere gemeinsame Veranstaltung mit Genossin Martina Lennartz war zwar für uns als Parteigruppe eine lehrreiche, da wir von ihren Erfahrungen als Stadträtin profitieren konnten, jedoch mussten wir im Nachhinein auswerten, dass es für eine größere Außenwirkung besser gewesen wäre, ein lokalpolitisches Thema als Kennenlernveranstaltung der Partei auszuwählen. Der Wahlkampf hat alle Beteiligten viel Zeit und Anstrengung gekostet. Die Formalia zu erfüllen, aber auch Wahlkampf zu betreiben ist eine an den Kapazitäten der Grundorganisation zehrende Zeit. Ein Großteil der Parteitreffen wurde bestimmt durch die Wahl und den Wahlkampf. Es ist uns hier nicht gelungen, viele Themen politisch zu diskutieren, sondern wir haben uns, auch aufgrund mangelnder Erfahrung, viel mit Organisatorischem beschäftigt. Je nach Gruppengröße könnte es hier sinnvoll sein, ein extra Wahlkampfteam zu bestimmen, das sich um Organisatorisches kümmert, um die Parteitreffen nicht damit zu überladen. Wir mussten hier leider auch festhalten, dass es uns nicht in ausreichendem Maße gelungen ist, unser Sympathisierendenumfeld und die SDAJ einzubinden, obwohl beide grundsätzliches Interesse hatten, uns im Wahlkampf zu unterstützen.
Doch obwohl wir einige Fehler begangen haben, haben wir auch vieles richtig gemacht. Die Werbung über Plakate war teuer, aber wichtig und lief über Personenplakate, was uns eine gute Resonanz einbrachte. Gerade Plakate vor den Betrieben der kandidierenden Genossen sorgten dafür, dass die Kandidatur unter Kolleginnen und Kollegen immer wieder Gesprächsthema war, und konnten genutzt werden, um die Genossen als Kommunisten im Betrieb zu etablieren bzw. bekannter zu machen. Vor dem Antritt zur Wahl wurde ein Zeitplan erstellt, der regelte, wann und wie Unterschriften zum Wahlantritt gesammelt werden, wann Fotos geschossen, Plakate, Flyer und anderes Werbematerial designed und bestellt werden soll, wann und wo Infostände stattfinden, welche Kennenlernveranstaltungen wann stattfinden et cetera. Außerdem wurden direkt zu Beginn die Verantwortlichkeiten festgelegt.
Die Arbeit mit diesem Wahlkampfplan hat sich als höchst effizient und sinnvoll herausgestellt. Nicht nur wurde alles geplant durchgeführt, sondern die Verantwortlichkeiten waren klar geregelt, und am Ende des Wahlkampfs konnte politisch kassiert werden, was erfolgreich, was weniger erfolgreich war, und was Verbesserungspotential hat. Wir würden jeder Gruppe einen Wahlkampfplan ans Herz legen, und sind gerne bereit, unseren als Grundlage zur Verfügung zu stellen, falls Inspiration für einen eigenen Wahlkampfplan gesucht wird.
Von den lokalen Medien wurde unsere Kandidatur überwiegend totgeschwiegen und ignoriert. Zu großen, werbewirksamen Podiumsdiskussionen und anderen Veranstaltungen wurden wir nicht eingeladen, und auch auf Nachfrage nicht zugelassen. Wir konnten aber an Ortsbegehungen von Bürgerinitiativen teilnehmen, und auch ein Interview im lokalen Radiosender kam zustande. Ansonsten mussten wir unser aber auf unsere eigene Werbung verlassen. Auf Haustürwahlkampf haben wir vollkommen verzichtet, da wir keine Kapazitäten hierfür aufbringen konnten. Insgesamt mussten wir auch feststellen, dass Infostände besser als Anlaufpunkt zum Reden mit der Bevölkerung funktionierten als zum Sammeln von Unterschriften. Das Sammeln von Unterschriften funktionierte allerdings hervorragend in unserem privaten und sympathisierenden Umfeld, im Betrieb, in der linken Szene und vor Supermärkten wie Kaufland.
Wir verfolgten auch die Taktik, auf Social Media zu kontroversen Themen bewusst in die Kommentarspalten bürgerlicher Parteien und Medien zu gehen und dort unsere Positionen zu vertreten, bzw. die bürgerlichen Parteien auch offen herauszufordern, auf uns zu reagieren. Dies zeigte Erfolg, und einige bürgerliche Parteien fühlten sich genötigt, Statements zu dem von uns Geschriebenen zu veröffentlichen.
Insgesamt haben wir den Wahlantritt als positiv ausgewertet, auch, weil er den Auftakt der Grundorganisation zur Schwerpunktorientierung auf Kommunalpolitik darstellte. Wir sind erfolgreich angetreten, konnten eine starke Präsenz in der Stadt zeigen, die kandidierenden Genossinnen und Genossen in ihrem Lebensschwerpunkt und Umfeld als Kommunisten etablieren bzw. festigen, und bekamen Zuspruch von vielen Seiten. Wir haben ein umfassendes Wahlprogramm entwickelt, das die Grundlage für kommende Wahlen sein wird, und das immer wieder in einem Diskussionsprozess beeinflusst wurde von Bürgerinitiativen und Begehren der Bevölkerung. Hier war es unser Vorteil, dass wir von Anfang an Teil von großen Bürgerinitiativen waren und die DKP dort stets als verlässlichen, unbestechlichen Bündnispartner präsentiert haben, wie z. B. bei der Rettung des größten Jugend- und Kulturtreffs in Trier, dem eXhaus. Wir erreichten ein Ergebnis wie die anderen Kleinparteien, und das, ohne vorher in der Kommunalpolitik aktiv gewesen zu sein – eine volle Liste wäre hier noch hilfreicher gewesen.
Mit Abschluss der Wahl haben wir auch unsere kommunalpolitische Kleinzeitung „Balaver“ (Dialekt für „Lärm“ oder auch „Stress machen“) gegründet, die seitdem einmal im Quartal erscheint. Nach anfänglichem kollektiven Erarbeiten auf den wöchentlich stattfindenden Parteitreffen hat sich eine Redaktion herausgebildet, die seitdem die Herausgabe organisiert, um die Parteitreffen nicht zu überladen und Platz für andere wichtige TOPs zu schaffen. Die „Balaver“ erscheint in einer Auflage von 1.000 Stück, und erscheint im 1. Quartal vor dem Frauenkampftag, und im 2. Quartal vor dem 1. Mai, um die größten und wichtigsten Demonstrationen im Jahr direkt mit ihr versorgen zu können. Die Resonanz war bisher hervorragend, und einige Exemplare habe ich mitgebracht, ein kostenloses Online-Abo ist natürlich möglich – sprecht mich einfach an. Den Rest der Ausgaben verteilen wir nach den Demos auf den monatlich stattfindenden Antimilitarismus-Infoständen in der Trierer Innenstadt oder in die Briefkästen der Trierer Haushalte. Ein wichtiger Aspekt, den wir zukünftig auch weiter ausbauen wollen, ist die Online-Werbung, insbesondere in Form von Kurzvideos, die wir auf TikTok und Instagram publizieren. Natürlich findet die Themensetzung immer wieder Rückkopplung mit der Grundorganisation, die Themen einbringt. Auch im Jahresarbeitsplan gibt es bei uns jetzt eine Hauptverantwortung für Kommunales.
Ich möchte noch einen letzten Punkt einbringen, mit dem wir es immer wieder schaffen, unsere Veranstaltungen einer größeren Zielgruppe nahezubringen, die vorher nicht in unserem direkten Umfeld war. Wir haben 2020 eine Arbeitersport-Struktur gegründet, die anfänglich aus zwei Abteilungen, einmal Boxen und einmal Ballsport, und inzwischen leider nur noch aus der Boxgruppe besteht, die sich wöchentlich trifft. Es gelingt immer wieder, junge Menschen aus der Stadt über diese Struktur zu gewinnen und über gemeinsame Chat-Gruppen zu unseren Veranstaltungen einzuladen. Auch wenn die Teilnehmer stetig wechseln, ist die Sportgruppe inzwischen ein Selbstläufer, der sich herumspricht und dazu führt, dass Menschen andere Menschen mitbringen. Wir verbuchen diese Struktur daher als Erfolg. Verankerung in der Kommune bzw. im Stadtteil kann eben auch heißen, Freizeitangebote zu schaffen, die eine Alternative zum durchkapitalisierten Freizeitbetrieb darstellen, in dem in einem solidarischen Rahmen gemeinsam positive Erfahrungen gemacht werden können – ganz ohne Konsumzwang und wirtschaftliche Konkurrenz.
Vielen Dank.