Vom 31. Oktober bis 2. November hat sich das Künstlerhaus Nürnberg, ehemals KOMM, erneut in einen Treffpunkt linker Kultur- und Buchöffentlichkeit verwandelt. Über drei Tage präsentierten über 70 Verlage, Zeitungen und Selbstverlage ihr Programm – 65 Lesungen, Diskussionen und Buchvorstellungen warteten auf das interessierte Publikum.
Von Beginn an war spürbar: Diese Messe wollte nicht nur Bücher unter die Menschen bringen, sondern eine politische Öffentlichkeit herstellen. In Zeiten, in denen Bildung, Kultur und Öffentlichkeit unter wachsendem Druck stehen, war dies allgegenwärtig spürbar. Schon die Eröffnungsveranstaltung vor 200 Besuchenden am Freitagabend, „Das Ende der liberalen Demokratie!? Staatsräson und reaktionärer Staatsumbau“, zeigte: Es geht hier nicht nur um Literatur, sondern um das große Ganze.
Ein Blick auf ausgewählte Veranstaltungen zeigt exemplarisch, wie breit und zugleich konsequent das Programm gestrickt war.
Georg Auernheimer: „Zweierlei Antisemitismus: Staatsräson vor universellen Menschenrechten?“
Georg Auernheimer fordert bei seiner Buchvorstellung dazu auf, die tief sitzende „Erbschaft des Antisemitismus“ in der Bundesrepublik ernst zu nehmen – und die Frage zu stellen, wie sich deutsche Israel-Bilder im Laufe des Nahostkonflikts verändert haben. Zugleich wirft er einen kritischen Blick darauf, wie heute ein „israelbezogener Antisemitismus“ zur Einschränkung von Grundrechten instrumentalisiert wird.
Nick Brauns: „Pressefreiheit in Zeiten von Militarisierung und medialer Mobilmachung“
Nick Brauns, Mitglied der Chefredaktion der „jungen Welt“, sieht einen reaktionär-militaristischen Staatsumbau voranschreiten, eine Anpassung der Mainstream-Medien an Kriegstauglichkeit und somit eine Gefährdung der Pressefreiheit – etwa wenn Journalisten, die gegen das Kriegsgeschrei einstehen, durch den Inlandsgeheimdienst unter Druck geraten.
Jenny Farrell: „Kunst und Befreiung“
Jenny Farrell richtete den Blick auf eine andere Sphäre: die Kunst. Sie zeigte anhand von Literatur, Musik und Malerei, wie aufgeklärte Künstler seit der Renaissance – also seit dem Beginn der kapitalistischen Ära – sich der Aufgabe stellen, „auf der Seite des Volkes der Barbarei zu widerstehen“. Kunst werde hier nicht als Dekoration verstanden, sondern als kraftvolle Form des Begreifens und Veränderns der Welt.

Kurz vor Beginn der Messe kam es zu einem Zensurskandal durch die Stadt Nürnberg. Am Tag vor der Eröffnung teilte die Stadt mit, dass der Veranstaltungstext des Mehring Verlags inakzeptabel sei, und drohte bei Beibehaltung mit dem Verbot dieser Lesung. Der Text des Verlags erwähnte den Völkermord in Gaza und die deutsche Beteiligung an diesen Kriegsverbrechen. Die Gemeinschaft der Verlage auf der Linken Literaturmesse weist dies als Zensur und Angriff auf die Meinungsfreiheit entschieden zurück. Auch wenn der Text geändert werden musste, konnte die Veranstaltung störungsfrei stattfinden.
Die Linke Literaturmesse 2025 hat ihren Anspruch eingelöst: als Ort, an dem Literatur und politische Aktion zusammenfinden, wo Analysen angeboten werden, die weit über den Buchmarkt hinausreichen, und Kultur als Teil linker Praxis verhandelt wird. Sie war kein gemütliches Treffen von Literaturfreunden, sondern eine aufgeladene Plattform – und angesichts zunehmender Militarisierung, Medienkonformität und Einschränkung demokratischer Freiräume auch heißbegehrt. Knapp 2.000 Interessierte fanden den Weg. Auch mit den Veranstaltungen und Standflächen war die Messe am äußersten Rand ihrer Kapazität.
Die Linke Literaturmesse ist eine bleibende Erfolgsgeschichte in immer schwieriger werdenden Zeiten.



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