Aktionstag in Gießen für öffentliche Würdigung der Widerstandskämpferin Ria Deeg

Auf den Spuren von Ria

Der Name Ria Deeg steht für den Arbeiterwiderstand gegen Faschismus und Krieg – auch weit über die Grenzen ihrer Heimatstadt Gießen hinaus. Dennoch weigern sich die politisch Verantwortlichen in der Universitätsstadt an der Lahn beharrlich, die engagierte Antifaschistin öffentlich mit einer Stele in der Innenstadt zu ehren. Das fordern die DKP und weitere Fraktionen im Stadtparlament sowie zahlreiche Initiativen seit Jahren. Die Begründung für die Ablehnung, die vor allem aus den Reihen von Bündnis 90/Die Grünen und der Union gebetsmühlenartig vorgebracht wird, lautet: Ria Deeg war „Stalinistin“, bekennende Kommunistin, aktives Mitglied der KPD und später der DKP.

Am 20. November steht die Ehrung auf Antrag der DKP erneut auf der Tagesordnung des Gießener Stadtparlaments. Das war der Anlass für einen Aktionstag der Omas gegen rechts Gießen und des örtlichen DGB am vergangenen Freitag. Im Gießener Gewerkschaftshaus wurde symbolisch eine Stele für Ria Deeg enthüllt. Das sollte die öffentliche Ehrung nicht ersetzen, sondern im Gegenteil den politischen Druck erhöhen, so die Initiatoren.

In der Einladung, der rund 50 Gäste ins örtliche Gewerkschaftshaus gefolgt waren, hieß es: „Ria Deeg war eine der prägenden Persönlichkeiten des Gießener Widerstands gegen die Terrorherrschaft der Nazis. Als junge Frau stellte sie sich mutig dem NS-Regime entgegen, organisierte illegale Aktivitäten, schrieb und verteilte Flugblätter, hielt Kontakte zu Verfolgten aufrecht – und nahm Verfolgung, Haft und Folter in Kauf.“ Nach der Befreiung habe sie sich als Stadtverordnete, Gewerkschafterin, VVN-Mitglied und Zeitzeugin für Demokratie, Frieden und soziale Gerechtigkeit engagiert. Doch trotz ihrer unbestrittenen Verdienste als Widerstandskämpferin und Zeitzeugin werde eine öffentliche Ehrung Ria Deegs in Gießen mit Verweis auf ihre Parteizugehörigkeit blockiert. „Als DGB sehen wir es als unsere Pflicht, Haltung zu zeigen“, heißt es in der Einladung weiter. „Ria Deeg war Kommunistin: Sie war eine mutige Frau aus der Arbeiterklasse, deren Leben von Solidarität, Entschlossenheit und antifaschistischem Engagement geprägt war.“ Ihr Engagement und ihr Lebenswerk seien größer als jede parteipolitische Zuordnung. Es stehe für Mut, Haltung sowie den Einsatz gegen Faschismus und für Demokratie. „Gerade heute, in einer Zeit, in der rechtsextreme Kräfte wieder erstarken, braucht es Erinnerungsorte, die an mutige Frauen wie Ria Deeg erinnern“, so die Einlader.

Die Veranstaltung wurde von Klaus Zecher, DGB-Kreisvorsitzender in Gießen, moderiert. Es sprachen Inge Bietz (SPD) für die Omas gegen rechts Gießen und Ulf Immelt für die DGB-Region Mittelhessen und die VVN-BdA Gießen. Es folgte ein Stadtrundgang „Auf den Spuren von Ria“ durch die Gießener Innenstadt. Hier berichteten Ernst und Irmi Richter vom Verein „Wetzlar erinnert“ an historischen Orten über Faschismus und Widerstand in Gießen. Der Aktionstag wurde mit einem Vortrag von Reinhard Hamel vom Georg-Büchner-Club Gießen zum Leben und Wirken von Ria im Dach-Saal des Gießener Gewerkschaftshauses und der klaren Botschaft abgerundet: Ria Deeg verdient eine dauerhafte Ehrung in der Stadt, sichtbar, öffentlich und würdig.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.



UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
Unsere Zeit