Israel tötet erneut Journalisten in Gaza, um Berichterstattung zu unterdrücken

Aus niedrigen Beweggründen

In den zwanzig Jahren des Vietnam-Kriegs wurden 63 Journalisten getötet. In den 22 Monaten des Kriegs gegen Gaza tötete die israelische Armee 242 Journalistinnen und Journalisten.

Am vergangenen Sonntag waren die Opfer Anas Al-Sharif, Mohammed Kreika, Ibrahim Saher, Mohammed Nufal und Mohammed Al-Khalidi. Sie wurden nicht von Querschlägern getroffen, nicht von Trümmern erschlagen oder in einer nicht kalkulierbaren Explosion getötet. Sie starben in einem Zelt für Journalisten vor dem Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt. Der israelische Luftangriff auf das Zelt war gezielt, ihr Tod war gewollt. Al-Sharif, Kreika, Saher, Nufal und Al-Khalidi mussten sterben, weil sie die Wahrheit aus Gaza berichtet haben.

Israel behauptet, mit Anas Al-Sharif einen „Hamas-Terroristen“ getötet zu haben, der als Tarnung dem Journalismus nachgehe. Beweise? Fehlanzeige. Von angeblichen „Geheimdienstinformationen“ ist die Rede, von „gefundenen Dokumenten“ und einem Foto, das Al-Sharif mit dem getöteten Yahya Sinwar zeigt. Deutsche Medien beteiligen sich an dieser Hetze. Seid Wochen kolportiert man die Lügen der israelischen Propagandamaschinerie über Anas Al-Sharif als „getarnten Terroristen“. Von „taz“ bis „Bild“. Als Israel seinen Drohungen Taten folgen ließ und Al-Sharif und seine Kollegen ermordete und in der Folge selbst das Auswärtige Amt scharf nach Aufklärung fragte, wurden die Behauptungen leiser. Nur „Bild“ titelte mit „Als Journalist getarnter Terrorist in Gaza getötet“. Mit Journalismus hat das nichts zu tun. Es ist als Journalismus getarnte Kriegspropaganda.

Dabei wäre es – auch für deutsche Journalisten – so einfach, die Behauptungen der israelischen Armee zu überprüfen. Anas Al-Sharif war beim Fernsehsender „Al-Dschasira“ angestellt. Er hat Journalismus studiert, vor „Al-Dschasira“ war er bei Reuters. Er hat aus Gaza live berichtet, mehrmals am Tag. Das ist keine Nebenbeibeschäftigung, keine Tarnung, sondern ein Vollzeitjob unter schwersten Bedingungen. Anas Al-Sharif war Journalist.

Nach Artikel 79 des Zusatzprotokolls zum Genfer Abkommen sind Journalisten in Kriegsgebieten Zivilisten. Ihr Leben ist zu schützen.

Israel macht das Gegenteil und tötet Journalisten gezielt. Selbst nach eigenen Angaben der israelischen Armee war ihr Ziel Al-Sharif – seine Kollegen haben sie gleich mit getötet.

Wer Journalisten tötet, hat etwas zu verbergen. Mit dem Mord an Al-Sharif und den anderen 241 Kollegen soll beendet werden, dass Nachrichten aus Gaza in die Welt dringen. Nachrichten über verhungernde Kinder, getötete Ersthelfer, trauernde Eltern, die Leichen ihrer Kinder noch in der Armen. Jedes Bild, jeder Bericht aus Gaza macht deutlich, dass dort Kriegsverbrechen unglaublichen Ausmaßes geschehen, dass Israel einen Völkermord begeht. Nicht umsonst wird ausländischen Journalisten der Zugang zu Gaza schon lange verwehrt.

242 Journalistinnen und Journalisten haben durch die Taten der israelischen Armee in Gaza ihr Leben gelassen. Mehr als in allen Kriegen der Geschichte zusammen. Israel versucht mit diesen Morden seine Verbrechen zu verstecken. Denn Journalisten tötet nur, wessen Feind die Wahrheit ist.

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"Aus niedrigen Beweggründen", UZ vom 15. August 2025



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