CCP-NPA und philippinische Regierung verhandeln über Friedensabkommen

Ende des Partisanenkampfes?

Von Gunter Willing

Führende Kader der „Communist Party of the Philippines“ und ihres bewaffneten Armes, der „New People’s Army“ (CPP-NPA), nahmen am 22. August dieses Jahres in Oslo unter Vermittlung des norwegischen Außenministers Friedensgespräche auf. Unter ihnen waren José Maria Sison, seit der Gründung vor 48 Jahren Vorsitzender der CPP, und Vertreter der philippinischen Regierung. Die Verhandlungen sollen im Oktober fortgesetzt werden. Sison kam aus seinem niederländischen Exil nach Oslo. Die Gegenseite am Verhandlungstisch – die neue philippinische Regierung unter Rodrigo Duterte – hat sich das Ziel gestellt, die jahrzehntelangen blutigen Auseinandersetzungen sowohl mit den militanten muslimischen Separatisten im Süden des Landes als auch mit der CPP-NPA zu beenden.

Einschätzungen der Gespräche

Der Beginn der Verhandlungen wird von linker Seite verschieden eingeschätzt. So meldete sich der thailändische Sozialist Ji Giles Ungpakorn aus dem englischen Exil mit der sarkastischen Bemerkung zu Wort, wonach die beiden Protagonisten gut miteinander korrespondieren würden: Auf der einen Seite die maoistische CPP und auf der anderen Seite eine neofaschistische Regierung. Letzteres zielte auf Präsident Dutertes jüngste Erklärung, wonach bürgerlich-demokratische Rechte im „Krieg gegen die Drogen“ überflüssig seien. Hunderte kleiner Rauschgiftdea­ler und -abhängige wurden daraufhin von der Polizei an Ort und Stelle exekutiert.

Die Sozialistische Partei von Malaysia, die jahrelang für ihre Legalität gekämpft hatte, hielt sich bisher mit offiziellen Erklärungen zurück. In Malaysia hatte die KP zwischen 1948 und 1989 mit Waffengewalt für eine „Sozialistische Volksrepublik Malaysia“ gekämpft.

Von philippinischer Seite bemühte sich die Führung der sozialistischen „Parti do Lakas ng Masa“ (Partei der arbeitenden Massen) um eine mehrschichtige Stellungnahme, die versuchte, der Kompliziertheit der aktuellen Lage gerecht zu werden. In den Ausführungen der Partei wurde die überwältigende Popularität von Präsident Duterte über den gesamten philippinischen Archipel anerkannt und hervorgehoben, dass radikale Gewerkschafter, Bauernführer und landesweit bekannte Aktivistinnen der Frauenbewegung in wichtige Regierungsämter berufen worden sind. Nach wie vor arbeiten aber die reaktionären Seilschaften in den Regierungsapparaten, im Parlament und in den Gerichten.

Geschichte der PKP

Die Kommunistische Partei der Philippinen (Partido Komunista ng Pilipinas, PKP) wurde 1930 gegründet. Am Anfang kamen die Parteimitglieder vor allem aus dem Proletariat Manilas. Crisanto Evangelista, der Gründungsvorsitzende der KP, war ein anerkannter Funktionär der radikalen Gewerkschaft der Drucker. Die ersten Genossinnen waren in der Gewerkschaft der Zigarrenarbeiterinnen aktiv. Die PKP betrat die Bühne der Geschichte, als die Weltwirtschaftskrise von 1929/32 auch die Philippinen erschütterte. Vor allem das verelendete Landproletariat und die Kleinbauern rebellierten. Die Partei suchte daher nach der richtigen Taktik, in diese Kämpfe einzugreifen. 1932 wurde die PKP für illegal erklärt. Nach der japanischen Besetzung der Philippinen im II. Weltkrieg stellte die Partei eigene Kampfeinheiten auf, die „Anti-Japanische Volksarmee“ (Hukbalahap). Mehr als 20 000 „Huks“, meist landlose Bauern, und ihre 50 000 Helfer kämpften aufopfernd für die Befreiung des Landes.

An Wahlen von 1949 nahm die Partei erfolgreich teil. Diese Entwicklung brach ab, als den gewählten Vertretern der PKP der Zutritt zum Parlament verwehrt wurde. In dieser Situation setzte sich jene Fraktion innerhalb der Parteiführung durch, die die Macht im Lande mit Waffengewalt erobern wollte. Kämpfer der Partei griffen daraufhin militärische Einrichtungen an. Die Gegenattacken der philippinischen Armee waren umfassend, brutal und effektiv. Mitte der 1960er Jahre war die PKP nur noch eine kleine Gruppe.

Gründung der CPP

In dieser Situation kam es am 26. Dezember 1968 – zum 75. Geburtstag von Mao – unter Führung des Hochschullehrers José Maria Sison, zu einer „Neugründung“ der KP, die fortan in der philippinischen und internationalen Presse oft als „Communist Party of the Philippines“ (CPP) bezeichnet wird, um diese Partei von der alten PKP zu unterscheiden.

In Anlehnung an Maos Ideen vom Partisanenkampf in der halbfeudalen, halbkolonialen chinesischen Gesellschaft vor dem II. Weltkrieg rief die CPP zum Volkskrieg der bäuerlichen Massen gegen die US-amerikanische Marionettenregierung in Manila auf. Ab 1969 konnte die CPP für ihren bewaffneten Arm, die NPA, etwa 15 000 junge Kämpferinnen und Kämpfer rekrutieren. Besonders während der Diktatur von Präsident Ferdinand Marcos, der trotz seiner offenen Korruption demonstrativ von der US-Regierung unterstützt wurde, lieferte sich die NPA zahlreiche Gefechte mit Armee und Polizei.

In der CPP-Strategie des lange dauernden bäuerlichen Volkskrieges wurde der Arbeiterbewegung nur eine marginale Rolle zuerkannt. Die CPP hatte für die 1980er Jahre letztlich keine Strategie der Organisation der urbanen und ländlichen Arbeiterbewegung und vermochte daher auch nicht, hegemonial in der Anti-Marcos-Koalition aufzutreten. Die Ablösung der Diktatur 1986 und die Bildung der Regierung unter Corazon Aquino beobachtete die CPP nur als Zaungast. Dafür wurden blutige innerparteiliche Auseinandersetzungen bekannt. Ehemalige Kämpfer der NPA berichteten, wie sie von den eigenen Genossen als angebliche Verräter gefoltert wurden.

Es wird spekuliert, dass die NPA gegenwärtig noch etwa 4 000 Kämpfer haben soll. Die philippinische „Partei der arbeitenden Massen“ ruft alle linken und progressiven Kräfte auf, die Friedensgespräche zwischen der CPP-NPA und der Regierung zu unterstützen. Gleichzeitig betont sie, dass nur eine autonome starke Arbeiterbewegung auf den Philippinen der Garant für den demokratischen Weg des Landes ist.

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"Ende des Partisanenkampfes?", UZ vom 23. September 2016



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