Um echte Friedensverhandlungen zu erreichen, muss die Clique um Selenski ferngehalten werden

Endspiel in der Ukraine

Eine Delegation ukrainischer Unterhändler war am Sonntag zu Gast in Miami, um mit Vertretern der USA über einen Plan zur Befriedung des Ukraine-Konflikts zu sprechen. Ebenfalls am Sonntag hat Wladimir Selenski, Präsident der Ukraine mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum, eine grundsätzliche Bereitschaft zu Gebietsabtretungen angedeutet.

Dem vorausgegangen war die weltöffentliche Aufführung eines Krimis zum Thema Korruption in der Ukraine. Die vermeintlich unabhängige Antikorruptionsbehörde NABU trat am 11. November mit der Information an die Öffentlichkeit, im direkten Umfeld Selenskis ein System aus Korruption und Geldwäsche ausfindig gemacht zu haben. Darauf floh Timur Minditsch aus dem Land. Minditsch gilt als enger Freund und Vertrauter Selenkis. Die Behörde versprach weitere Veröffentlichungen in der nächsten Zeit.

Nun ist die vermeintlich unabhängige Antikorruptionsbehörde NABU alles andere als unabhängig. Sie wurde 2015 nach dem Maidan-Putsch gegründet. Das FBI unterhält ein Büro im Gebäude der Behörde und steuert laut ukrainischen Berichten die Ermittlungen. NABU ist ein Instrument der USA, die sich damit Einfluss auf die Entwicklungen in der Ukraine sichern.

Die Funktion der Antikorruptionsbehörde ist Selenski klar. Er versuchte daher, sie im Sommer durch ein Gesetz unter seine Kontrolle zu bringen, scheiterte aber. Zwar wurde das Gesetz verabschiedet, Selenski sah sich aber gezwungen, es nach wenigen Tagen zurückzunehmen. Unmittelbar nach Verabschiedung des Gesetzes brachen Massenproteste aus – ein Hinweis darauf, dass der Westen nach wie vor in der Lage ist, die ukrainische Zivilgesellschaft zu steuern.

Auch die EU drang auf Rücknahme des Gesetzes. Der Vorgang zeigt, wie souverän die Ukraine tatsächlich ist. Selenski begründete die Notwendigkeit des Gesetzes damit, die Antikorruptionsbehörde sei von Russland unterwandert, landete damit aber in Brüssel trotzdem keinen Treffer.

Einen Tag vor Abflug der ukrainischen Delegation in die USA musste ihre Zusammensetzung geändert werden. Andrij Jermak, der Chef des Präsidialamts der Ukraine und Vertraute Selenskis, hat dem US-Magazin „The Atlantic“ ein Interview gegeben, das zwei Tage vor der Abreise der ukrainischen Delegation in die USA veröffentlicht wurde. Jermak sagte, dass die Ukraine unter einem Präsidenten Selenski Gebietsabtretungen niemals zustimmen werde. Eine Tag später durchsucht NABU das Büro und die Privaträume Jermaks. Der sieht sich zum Rücktritt gezwungen.

Die Leitung der ukrainischen Delegation liegt nun bei Rustem Umerjow, dem ehemaligen Verteidigungsminister der Ukraine. Umerjow ist wie Jermak bisher nicht durch sanfte Töne aufgefallen. Allerdings dürfte ihm inzwischen klar sein, was ihm bevorsteht, sollte er allzu widerspenstig sein.

Wir wohnen einer Inszenierung bei, mit der die Absetzung der aktuellen ukrainischen Regierung legitimiert werden soll. Zudem geht es darum, der Ukraine einen gesichtswahrenden Ausweg zu ebnen. Das soll nicht heißen, dass die Korruptionsvorwürfe haltlos sind. Dass die Ukraine hoch korrupt ist, weiß man seit Langem. Dass man die Machthaber in Kiew aber ausgerechnet jetzt über den ausgelegten Fallstrick stolpern lässt, ist kein Zufall, sondern perfektes Timing. Über den Fallstrick stolpert aber nicht nur das politische Establishment in der Ukraine, sondern auch die EU und die westeuropäischen Kriegstreiber. In Russland stellt man sich die Frage, welche Politiker Westeuropas in das ukrainische Korruptionsschema verwickelt sind. Mit dem Schachzug macht Washington Brüssel klar, dass die Devise „Fuck the EU“ noch immer gilt.

Nach den Gesprächen in Washington sind Gespräche in Moskau geplant, um den Friedensplan weiter abzustimmen. Die Chancen auf eine Beendigung des Konflikts stehen gut. Voraussetzung dafür ist die Entmachtung Selenskis und seiner Clique. Zudem muss Westeuropa draußen gehalten werden. Die USA beenden den Maidan mit den Mitteln, die zum Maidan führten.

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"Endspiel in der Ukraine", UZ vom 5. Dezember 2025



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