Illegale Abhöraffäre und ein toter Verdächtigter

Eskalation in Sachen VW vs. Prevent

Über den Umgang von VW mit „unbotmäßigen“ Zulieferern hat UZ schon mehrfach berichtet. Der Wolfsburger Konzern scheint in der Auseinandersetzung mit dem ehemaligen Zulieferer Prevent seine eisenharte Vorgehensweise zu verschärfen – wohl auch, um andere Zulieferer einzuschüchtern. Inzwischen geht es in der Auseinandersetzung nicht mehr nur um Schadenersatzforderungen, sondern um eine illegale Abhöraffäre und einen toten Verdächtigten.

Der Streit, der mit Lieferverweigerungen wegen des Preisdrucks auf den Automobilzulieferer Halberg Guss und Grammer sowie andere Firmen aus dem Zulieferer-Konzern Prevent begann, kostete bereits Hunderte von Beschäftigten der Prevent-Firmen ihren Job. Doch die Manager von VW wollten offensichtlich mit kriminellen Methoden eine allerdings ziemlich herrschsüchtige Unternehmerfamilie, der eine große Zahl von Firmen gehört, vollständig in die Knie zwingen. Im Konflikt mit dem Autozulieferer Prevent wurden offenbar heimlich Tonaufnahmen von Besprechungen zwischen dem Zulieferer und VW angefertigt. Systematisch und über eine längere Zeit schnitt ein Unbekannter die Gespräche einer internen Arbeitsgruppe mit. Details wurden Ende Juli in die Öffentlichkeit getragen. Von fast 50 Stunden Audiomitschnitten aus den Jahren 2017 und 2018 ist die Rede. Über eine Berliner Sicherheitsfirma soll VW außerdem einen Auftrag zur Bespitzelung von insgesamt 37 „Zielpersonen“ aus dem Clan der Prevent-Familie vergeben haben.

Wer die Tonaufnahmen veranlasst und die Bespitzelung angeordnet hat, ist bislang noch nicht geklärt. Prevent streitet jede Verantwortung für die Spitzeleien ab. „Der Autobauer Volkswagen ist auf der Suche nach einem Spitzel in den eigenen Reihen“, meldete das Manager-Magazin. Er wurde wohl auch entdeckt und „natürlich freigestellt“. Doch jetzt ist der Mann tot. Er wurde laut der Lokalzeitung „Wolfsburger Nachrichten“ am 12. August in der Nähe von Wolfsburg in einem ausgebrannten Auto gefunden. Auch sein Wohnhaus ist abgebrannt. Wie die Staatsanwaltschaft Braunschweig am 10. August mitteilte, wird „ein möglicher Zusammenhang zu dem Brandverfahren von uns geprüft“. Das Gebäude in einer kleinen Ortschaft im Kreis Helmstedt sei im Mai in Flammen gestanden und vollständig zerstört worden.

Tritt man einen Schritt zurück und sieht über Selbstmord oder Mord hinweg, so bleibt der Blick auf ein mörderisches System mit dem Namen Kapitalismus.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Eskalation in Sachen VW vs. Prevent", UZ vom 21. August 2020



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Schlüssel.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit