Margaret Thatcher, die Ikone des Neoliberalismus, wurde vor 100 Jahren geboren

Feindin unserer Klasse

Sie ist seit zwölf Jahren tot, aber ihre Politik ist quicklebendig. Am 13. Oktober 1925 wurde Margaret Thatcher in Grantham, Lincolnshire, geboren, 1979 wurde sie britische Premierministerin. 1990 war ihre Aufgabe erfüllt und ihre Amtszeit zu Ende: Schließungen, Privatisierungen und „Restrukturierungen“ in traditionellen Industriezweigen waren unter ihrer Regentschaft durchgesetzt worden – ohne Rücksicht auf Verluste.

Die Privatisierungen staatlicher Unternehmen waren weitreichend und wirken sich bis heute drastisch aus. In der Energieversorgung wurden British Gas und British Petroleum verkauft, die British Telecom ebenso wie die Fluglinie British Airways sowie die British Airports Authority (BAA), die Flughäfen wie Heathrow und Gatwick betrieb. Die Bahnprivatisierung begann unter Thatcher und wurde später unter Premierminister John Major Mitte der 1990er vollendet.

Auch die Stahlproduktion und der Bergbau fielen Thatchers Politik zum Opfer. Der Bergbaustreik von 1984 bis 1985 war einer der bedeutendsten Kämpfe zwischen der Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung und einer Regierung, die im Auftrag des Kapitals versuchte, möglichst viele der in der Vergangenheit erkämpften Errungenschaften zu beseitigen. Thatcher setzte sich auch hier durch: Über 150 Bergwerke wurden geschlossen, zehntausende Arbeitsplätze wurden vernichtet. In der Stahlindustrie setzte Thatcher eine Schließungswelle und den massiven Abbau von Arbeitsplätzen in Gang, noch bevor British Steel letztlich privatisiert wurde.

Weitere Beispiele ließen sich anführen: Wohnungssektor, Busunternehmen, Wasserversorgung. Vor allem Letztere ist aktuell ein Dauerthema in den britischen Medien. Die schweren Folgen der Privatisierung der Wasserversorgung, die im Jahr 1989 erfolgte, zeigen sich heute sehr deutlich. Von einer „nationalen Krise“ ist die Rede.

Die regionalen Wasserversorger (wie Thames Water, Southern Water, Severn Trent etc.) haben nach der Privatisierung über Jahrzehnte hohe Gewinne an Aktionäre ausgeschüttet und gleichzeitig die Infrastruktur (Kläranlagen, Leitungsnetze) verkommen lassen. Viele von ihnen haben sich stark verschuldet, während sie im Besitz von Private-Equity-Firmen und internationalen Investoren waren. Die Schulden blieben bei den Unternehmen, während Gewinne abflossen. Die marode Infrastruktur führt dazu, dass die Betreiber immer wieder Abwasser in die Flüsse einleiten. Da die Strafen für diese Verschmutzungen oft niedriger sind als die Kosten für notwendige Investitionen, wird das auch „strategische Verschmutzung“ genannt.

Das Ausmaß dieser Verschmutzungen ist enorm. Wasserunternehmen dürfen bei starkem Regen ungereinigtes Abwasser in Flüsse und Meere leiten, um eine Überlastung der Kläranlagen und Überschwemmungen in Häusern zu verhindern. Im Jahr 2023 gab es laut der britischen Umweltbehörde über 3,6 Millionen Stunden solcher Einleitungen – und damit 105 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das, was da in die Flüsse eingeleitet wird, ist eine giftige Brühe aus ungereinigtem Abwasser (Fäkalien, Toilettenpapier), Chemikalien aus Haushalten und Industrie und Regenwasser von Straßen (mit Öl, Mikroplastik, Reifenabrieb).

Diese Probleme betreffen das ganze Land, aber vor allem im Südosten Englands machen sich die dichte Besiedelung und die veraltete Infrastruktur bemerkbar. Die Themse und ihre Zuflüsse sind besonders stark betroffen. Die Themse wurde an einigen Abschnitte für „biologisch tot“ erklärt. Thames Water (der größte Versorger) ist völlig überschuldet und steht im Zentrum der Kritik. Ein Ende der katastrophalen Lage ist nicht in Sicht (siehe diesen Beitrag aus dem britischen „Morning Star“).

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"Feindin unserer Klasse", UZ vom 10. Oktober 2025



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