Chinas Sondergesandter Li Hui informierte sich über Positionen zum Ukraine-Konflikt

Gesprächskanäle erforscht

Vom 15. bis 26. Mai besuchte der Sonderbeauftragte der chinesischen Regierung für Eurasische Angelegenheiten, Li Hui, die Ukraine, Polen, Frankreich, Deutschland, die EU-Zentrale und Russland. Westliche Medien begleiteten Li mit hämischen Kommentaren („FAZ“: „Kein neutraler Vermittler“) und einer Lügenattacke zum Abschluss. Das „Wall Street Journal” („WSJ“) behauptete am 26. Mai, Li habe die Botschaft überbracht, dass „die US-Verbündeten in Europa ihre Autonomie behaupten und auf einen sofortigen Waffenstillstand drängen sollten, so dass Russland im Besitz der Teile seines kleineren Nachbarn bleibt, die es jetzt besetzt hält.” Einen Tag später watschte Kiews Außenminister Dmitri Kuleba das „WSJ“ ab und erklärte auf Facebook, er habe sich nach Erscheinen des Artikels sofort mit seinen Kollegen in den von Li besuchten europäischen Hauptstädten in Verbindung gesetzt: „Keiner von ihnen hat bestätigt, dass Gespräche über die Anerkennung der Annexionen angekündigt oder geführt wurden.“ Er fügte hinzu, dass Kiew weiterhin Gespräche mit Peking als wichtigem Gesprächspartner führe. Das „WSJ“ äußerte sich nicht mehr.

Li führte zum Auftakt am 16. und 17. Mai in Kiew Gespräche mit Kuleba und dem Leiter des Präsidentenbüros, Andrej Jermak. Kuleba betonte dabei, dass sein Land keine Vorschläge akzeptieren werde, „die den Verlust seiner Gebiete oder ein Einfrieren des Konflikts beinhalten”. In Warschau traf Li am 19. Mai den Stellvertretenden Außenminister Wojciech Gerwel, der – so die polnische Seite – erklärt habe, „der Rückzug der russischen Truppen und die Rückgabe der von Russland rechtswidrig in Besitz genommenen Territorien” seien „die einzige akzeptable Lösung, um einen gerechten Frieden zu erreichen”. Waffenlieferungen an die Ukraine seien nicht nur ein aus der Charta der Vereinten Nation hergeleitetes Recht, sondern eine Pflicht aller UN-Mitgliedstaaten.

Vergleichsweise freundlich war der Empfang in Paris, wo Li am 23. Mai mit dem Generaldirektor für Politische und Sicherheitsangelegenheiten im Außenministerium, Frédéric Mondoloni, sprach. Mondoloni, erklärte, Frankreich sei überzeugt, dass China „bei der Rückkehr Europas zu einem gerechten und dauerhaften Frieden gemäß internationalem Recht” eine positive Rolle spielen könne. Er betonte zugleich, dass Frankreich und die EU entschlossen seien, die Ukraine auf allen Gebieten langfristig zu unterstützen.

Am 24. Mai hatte Li in Berlin ein Gespräch mit dem Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Andreas Michaelis (Bündnis 90/Die Grünen). Laut der chinesischen Mitteilung darüber soll dieser hohe Wertschätzung für „Chinas positive Bemühungen zur Deeskalierung der Ukraine-Krise” geäußert haben. Michaelis gab auf Twitter lediglich bekannt, dass es das Treffen gab. Am 25. Mai sprach Li in Brüssel mit dem Stellvertretenden Außenpolitikverantwortlichen der EU-Kommission, Enrique Mora. Beide hätten vereinbart, „im Austausch zu bleiben” und weiter auf einen „belastbaren Frieden” in der Ukraine hinzuarbeiten, hieß es. Brüssel erklärte anschließend: Die EU erwarte von China, dass es an einem „sofortigen und bedingungslosen Abzug aller russischer Streitkräfte und der gesamten Militärausrüstung“ vom gesamten Gebiet der Ukraine arbeite.

Am 26. Mai traf Li in Moskau Russlands Außenminister Sergej Lawrow und legte die Ergebnisse seiner Reise dar. Lawrow dankte China für dessen ausgewogene Haltung zur Ukraine-Krise und bekräftigte Moskaus Engagement für deren politische und diplomatische Lösung. Zugleich wies er, hieß es in einer Mitteilung des russischen Außenministeriums, auf die ernsthaften Hindernisse hin, die von der ukrainischen Seite und ihren westlichen Handlangern für die Wiederaufnahme der Friedensgespräche geschaffen wurden.

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"Gesprächskanäle erforscht", UZ vom 2. Juni 2023



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