Mitglieder von DKP und SDAJ Dortmund haben sich auch in diesem Jahr wieder zum Gedenken an die Schlacht auf dem Nordmarkt versammelt. Sie legten einen Kranz an der Stele auf der Südseite des Platzes ab. Dort hatten SA-Faschisten am 16. Oktober 1932 auf Kommunisten und Sozialdemokraten geschossen, zwei Menschen getötet und mindestens 14 verletzt. Stella von der SDAJ Dortmund und Annika von der örtlichen ver.di-Jugend gingen in ihren Reden auf die geplante Wiedereinführung der Wehrpflicht ein und machten deutlich, dass sich die Jugend gegen die Kriegstreiberei stellt und sich nicht spalten lässt. Wir dokumentieren die beiden Reden in voller Länge.
Stella, SDAJ Dortmund:
In diesem Jahr jährt sich der sogenannte Blutsonntag vom Nordmarkt zum 93. Mal. Am 16. Oktober 1932 zog eine circa 800-köpfige SA-Formation unter Polizeischutz in einem provozierenden Propagandamarsch zum Nordmarkt. Die Nordstadt war eine Hochburg der Arbeiterbewegung. 1932 erreichte die KPD dort 38,2 Prozent, und auch nach der Machtübernahme Hitlers konnte die NSDAP schwer Fuß fassen. Arbeiter aus der Nordstadt, die im kommunistischen Kampfbund oder dem sozialdemokratischen Reichsbanner organisiert waren, stellten sich dem Marsch in den Weg. Der bürgerliche Staatsapparat der Weimarer Republik unterstützte die SA und erschoss zwei unbeteiligte Anwohner.
Hat der Staat es 93 Jahre später immer noch nötig, seine Gegner von Nazis niederschlagen zu lassen? Oder reicht massive Polizeigewalt aus?
Migrantisch gelesene, Wohnungslose, Drogenabhängige und links organisierte Menschen sind Tag für Tag Repressionen und Polizeigewalt durch unseren Staat ausgesetzt. Die Liste der verbotenen Parolen wird jeden Tag länger. Hausdurchsuchungen und Festnahmen häufen sich. Unser Bundespräsident tritt offen rassistisch auf und preist Racial-Profiling.
Es gibt weiterhin eine beispiellose Hetze der bürgerlichen Medien gegen die Nordstadt, die von Rassismus durchzogen ist. Durch wachsende Perspektivlosigkeit, Armut und rassistische Anfeindungen gibt es Problematiken im Dortmunder Norden. Anstatt das zu benennen und dagegen vorzugehen, schieben unsere Medien alles auf die Zuwanderung.
Polizisten der Wache Nord ermordeten 2022 den jungen Geflüchteten Mouhamed. Die Anwohner forderten Gerechtigkeit, stattdessen wurden alle Polizisten des Einsatzes freigesprochen.
Während hier Menschen auf der Straße leben müssen und Arbeitsmigranten aus Osteuropa oft in schimmligen und heruntergekommenen Häusern leben müssen, machte der Staat allein dieses Jahr 108 Milliarden Euro für den Rüstungshaushalt locker. Bald soll die Wehrpflicht eingeführt werden, und damit Jugendliche gezwungen werden, für diesen Staat ihr Leben zu lassen. Die sozialen Verwerfungen nehmen weiter zu. Im Osten gewinnt die AfD eine Wahl nach der anderen, und auch hier nimmt die AfD an Prozenten zu.
Für uns als SDAJ und DKP ist dabei klar, dass wir von unseren Vorgängern, dem KJVD und der KPD, lernen müssen. Die KPD wechselte früh von der Stadtteilarbeit auf die Arbeit in Schule und Betrieb, weil dort unsere Macht liegt, dem Monopolkapital zuzusetzen. Wir wissen, dass hinter dem Faschismus das Kapital steht, also müssen wir mehr werden, und wir müssen kämpfen. So wie die Hafenarbeiter in Italien, die mit einem Generalstreik Waffenlieferungen nach Israel verhindern konnten.
Der Kampf um Befreiung ist international.
Wir lassen uns nicht spalten, nicht von Rassismus und Hetze, nicht von Geschlecht oder Sexualität, nicht von unserer Herkunft.
Denn wenn die Arbeiter sich zusammenschließen, können sie etwas erreichen und den Nazis entgegentreten, so wie vor 93 Jahren bei der Schlacht am Nordmarkt.
Annika, ver.di-Jugend Dortmund:
Hallo zusammen,
liebe Genossinnen und Genossen,
wir sind heute hier, um der Schlacht am Nordmarkt vom 16. Oktober 1932 zu gedenken.
Ein Tag, an dem sich KommunistInnen, AntifaschistInnen und GewerkschafterInnen gegen rund 600 Faschisten erhoben und für ihre Stadt, für ihre Nachbarschaft und für ihre Würde kämpften.
Was damals geschah, war kein spontaner Konflikt. Es war ein geplanter Angriff – organisiert und durchgeführt unter dem Schutz der Polizei. Ziel war es, die Grenzen der Nordstadt zu testen, herauszufinden, wie viel Angst, Einschüchterung und Hass man verbreiten konnte, ohne dass Widerstand folgte.
Doch unsere GenossInnen, unsere Brüder und Schwestern haben sich nicht einschüchtern lassen. Sie stellten sich entschlossen in den Weg, sie kämpften Schulter an Schulter gegen die Faschisten – und viele von ihnen bezahlten dafür mit schweren Verletzungen, einige unschuldige Zivilisten sogar mit ihrem Leben.
Ihr Einsatz war ein Zeichen, das bis heute nachhallt:
Die Nordstadt lässt sich nicht spalten.
Die Nordstadt duldet keine Faschisten.
Die Nordstadt steht zusammen – damals wie heute.
Wenn wir heute hier stehen, dann tun wir das, um ihre Entschlossenheit zu ehren.
Aber auch, um uns selbst zu erinnern: Der Kampf gegen Faschismus ist nicht Geschichte – er ist Auftrag.
Denn auch heute gibt es wieder jene, die Hass säen, die Menschen gegeneinander aufbringen wollen, die versuchen, Angst zu schüren und Solidarität zu zersetzen.
Denn auch neunzig Jahre später ist der Kampf nicht vorbei. Dortmund hat immer noch ein Naziproblem. Rechte Strukturen sind da – in Eving, in Dorstfeld, im Alltag. Und oft genug schauen die Behörden weg oder richten ihre Gewalt gegen die Unschuldigen. Polizeigewalt trifft hier nicht selten diejenigen, die sich für Solidarität und gegen Diskriminierung einsetzen.
Unsere Antwort muss dieselbe bleiben wie damals:
Zusammenhalt statt Spaltung.
Mut statt Angst.
Widerstand statt Schweigen.
Die Schlacht am Nordmarkt war ein Kampf um die Seele dieser Stadt – und sie mahnt uns bis heute, dass Antifaschismus keine Vergangenheit ist, sondern gelebte Verantwortung.
Lasst uns also laut bleiben, solidarisch und unbequem.
Für eine Stadt ohne Nazis.
Für eine Gesellschaft ohne Hass.
Für ein Dortmund, das niemals wieder wegschaut.



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