Andreas Eschbach widmet sich in seinem neuen Roman Helden unserer Kindheit

Keine Fragen offen

Ein kleiner Ort in Kalifornien, nah bei Los Angeles. Ein Mann, nicht mehr jung, repariert Dinge, statt sie wegzuschmeißen, und bringt anderen Leuten bei, wie das geht. In Los Angeles selbst arbeitet ein Mann, der etwa im gleichen Alter ist, bei einem Literaturagenten. Im Silicon Valley arbeitet ein weiterer Mann bei Google in der Kartenabteilung, auch er ist nicht mehr jung. Unabhängig voneinander erfahren sie, dass im tiefen Amazonas eine Frau aufgetaucht ist, die seit sieben Jahren verschwunden war. Wie von den Toten auferstanden. Aber kann das sein? Drei Männer beginnen ihre Ermittlungen.

Der Plot des neuesten Buches von Andreas Eschbach klingt etwas seltsam – und für ihn auch etwas uninspiriert. Doch die Frage, warum der Autor uns einen so krummen Krimi-Plot präsentiert, stellt sich nicht mehr, wenn man das Cover von „Die Auferstehung“ betrachtet. Es ist tiefschwarz, darauf ein stilisiertes Frauengesicht, drei eingeprägte Satzzeichen und dazu drei markante Farben: weiß, rot und blau.

Eingefleischte Fans wissen es spätestens bei den Farben sofort, andere brauchen etwas länger – aber Eschbach hat es wieder getan: Nach Perry Rhodan (siehe UZ vom 31. Juli 2020) widmet er sich erneut Helden unserer Jugend: Den drei Fragezeichen.

Einiges hat sich geändert in Rocky Beach: Das T. ist aus dem Namen des Gebrauchtwarencenters Jonas verschwunden, denn Onkel Titus lebt schon lange nicht mehr. Auch Kommissar Reynolds wacht nicht mehr über die Stadt, sein Neffe führt die Polizeidirektion. Und die drei Fragezeichen? Gibt es seit vielen Jahren nicht mehr. Justus spricht nicht mit Peter, Peter nicht mit Justus. Und neben dem Schicksalsschlag, der die beiden entzweit hat, hat auch das Leben zugeschlagen: Bob hält ebenfalls kaum Kontakt zu den alten Freunden, keine Zeit, der Job, die Familie, das Übliche.

Aber die Frau, die da von den Toten auferstanden sein soll, ist die Enkelin des legendären Krimiautors Alfred Hitfield, des frühen Förderers des Detektivunternehmens aus Rocky Beach. Als dessen Tochter Justus um Hilfe bittet, weil sie die aufgetauchte Enkelin für eine Betrügerin hält, kann er nicht widerstehen – und beginnt zu ermitteln. Unabhängig davon fangen auch Bob und Peter an, sich in den Fall zu verbeißen – alle mit sehnsüchtigen Gedanken an die gute, alte Zeit.

Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews sind nicht nur erwachsen geworden – sie sind alt. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Die fast 50 Jahre seit dem Erscheinen der ersten Folge der legendären Hörspielreihe sind auch in Eschbachs Roman vergangen. Und nicht immer wurde den ehemaligen Mitgliedern des Detektivtrios in diesen Jahren gut mitgespielt. Ehemalige und aktuelle Hörerinnen und Hörer der drei Fragezeichen werden der Geschichte wehmütig folgen, mit den Gedanken bei Morton, dem Chauffeur, bei Hitfield, Onkel Titus, Kenneth und Patrick. Beim Aztekenschwert, dem Superwal, dem Geisterschloss und dem magischen Kreis. Nicht immer gelingt es Eschbach, den Ton von Justus, Peter und Bob zu treffen, aber die Grundstimmung ist trotz aller Traurigkeit der Geschichte da in diesem kleinen Küstenstädtchen in einem scheinbar niemals endenden Sommer.

Und so macht es wenig, dass Tante Mathilda (offensichtlich unverwüstlich) Bob zur Begrüßung noch nicht einmal umarmt, dass Peter keine Angst mehr zu haben scheint und dass Bob offensichtlich von der Musik- in eine Literaturagentur gehüpft ist. Man ist in „Die Auferstehung“ zurück in Rocky Beach, es gibt Tante Mathildas Kirschkuchen, der Fall wird geklärt und sogar ein alter Feind bekommt einen unangenehmen Gastauftritt. Die Versöhnung von Peter und Justus fällt angesichts des Vorfalls und der Jahre kurz aus. Aber am Ende sitzen alle drei, mehr Rentner als Teenager, in der Zentrale auf dem Schrottplatz und lachen. Wie es sich für das Ende einer Drei-Fragezeichen-Folge gehört.

Andreas Eschbach
Die Auferstehung
Kosmos-Verlag, 448 Seiten, 24 Euro

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"Keine Fragen offen", UZ vom 29. August 2025



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