Am 28. Juni findet in Duisburg eine Demonstration und ein Tribunal gegen die Bundesrepublik statt. Zu Wort kommen vor allem Betroffene antipalästinensischer Repression. UZ hat mit der Palästina-Aktivistin und Mitorganisatorin Sharareh Shahedali über die Ziele und Themen gesprochen.
UZ: Was habt ihr für den letzten Samstag dieses Monats in Duisburg geplant und was ist das Ziel?
Sharareh Shahedali: Wir mobilisieren für den 28. Juni nach Duisburg, wo zuerst eine Demonstration und anschließend ein Tribunal stattfinden sollen. Die Demonstration wird sich schwerpunktmäßig gegen die Beihilfe Deutschlands beim Genozid im Gazastreifen richten, aber auch generell gegen die deutsche Komplizenschaft bei der Besatzung, Kolonisierung und Apartheid in Palästina. Gemeinsam ziehen wir von Hochfeld, einem migrantisch geprägten Arbeiterstadtteil, in die Duisburger Innenstadt.
Dort findet im Anschluss das Tribunal statt. Hier liegt der Fokus dann auf der Repression und dem Grundrechtsabbau, den wir seit Oktober 2023 im Zusammenhang mit Palästina erleben: Es wird je ein Podium zu Vereinsverboten, zu Angriffen auf das Versammlungsrecht, zu Berufsverboten, zur Verschärfung des Aufenthalts- und Einbürgerungsrechts, zur Rolle der Leitmedien bei der ganzen Repression, zu Repressionen im Hochschul-Kontext und zu „Offensiv-Klagen“ geben. Unter dem Letztgenannten verstehen wir Klagen, die sich ausnahmsweise einmal nicht gegen Angriffe auf uns wie etwa gegen Demo-Auflagen oder Vereinsverbote richten, sondern wo die Klagenden proaktiv vorgehen: Etwa Klagen gegen Waffenlieferungen an Israel oder Strafanzeigen gegen deutsche Politiker oder israelische Soldaten, die in Deutschland leben.
Nachdem wir dann alle Zeugnisse der Betroffenen und alle Expertenmeinungen angehört haben, wollen wir die BRD und die Bundesregierung symbolisch anklagen: wegen ihrer Verstöße und Verbrechen gegen unsere Grundrechte, aber natürlich vor allem auch gegen die Grundrechte der Palästinenser, gegen das Völkerrecht und gegen die Menschenrechte!
Es geht also nicht darum, dass wir uns hier in den Vordergrund stellen und selbstbemitleiden. Im Gegenteil: Die Repression gegen die Palästinasolidaritätsbewegung und gegen Palästinenser in Deutschland ist Teil der Unterstützung der BRD für Israels verbrecherische Politik, Teil der „Staatsräson“. Unser Kampf gegen diese Repression ist also Teil unseres Kampfes gegen diese „Staatsräson“. Und er ist notwendig, denn diese Repression soll uns schwächen – und sie tut es auch, indem sie Menschen einschüchtert und abschreckt und Betroffene mit Bürokratie, Gerichtsverfahren, Geldstrafen und Schikane vom eigentlichen Kampf ablenkt. Im schlimmsten Fall geht es sogar um Abschiebungen und Gefängnisstrafen.
UZ: Und wer wird alles zu Wort kommen?
Sharareh: Vor allem Personen, die von den verschiedenen Repressionsformen betroffen sind, beziehungsweise dagegen kämpfen, aber auch Expertinnen und Experten.
Mit dabei sind beispielsweise die Journalistin Hebh Jamal, die Klima- und Palästinaaktivistin Elisa Baş, der palästinensische Aktivist Mahmud Abu Odeh sowie Daniel Shuminov, der wegen seines Palästina-Engagements seinen Job im Historischen Museum in Frankfurt verloren hat. Zugesagt haben auch Ahmad Othman, ehemaliges Mitglied der illegalisierten Palästina Solidarität Duisburg (PSDU) und Melanie Schweizer von Mera25, die beide von Berufsverboten betroffen sind. Außerdem Zaid Abdulnasser, ehemaliger Deutschland-Koordinator von Samidoun, Leon Wystrychowski, der gegen das PSDU-Verbot klagt, und ein ehemaliges Mitglied des Vereins Palästina e.V. aus Frankfurt, der nach dem Willen der Repressionsbehörden verboten werden soll, obwohl er sich bereits Ende 2024 selbst aufgelöst hat. Doris Ghannam, die eigentlich über die Kriminalisierung von BDS berichten wollte, musste leider aus privaten Gründen absagen, wir bemühen uns aber um Ersatz.

Die juristische Perspektive und Expertise bringen der Rechtsanwalt Roland Meister, der unter anderem mehrere Verfahren wegen der Parole „From the River to the Sea, Palestine will be free“ führt, und die Anwältin Beate Bahnweg ein. Letztere hat unter anderem gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel geklagt. Ein Redner wird zudem die Arbeit der Hind Rajab Foundation aus Belgien vorstellen, die israelische Soldaten, die an Kriegsverbrechen beteiligt waren, juristisch verfolgt. Angefragt haben wir schließlich auch den renommierten Völkerrechtler Norman Paech.
Die Anklagen formulieren werden unter anderem der Aktivist Jules Jamal El-Khatib, der zahlreiche Familienmitglieder in Gaza verloren hat, sowie eine Vertreterin der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost.
UZ: Wer steckt hinter der Organisierung?
Sharareh: Die Initiative ging vom Komitee gegen das Verbot von PSDU aus. Die beiden Aktionen werden aber von verschiedenen Organisationen und Einzelpersonen aus ganz NRW getragen. Die meisten davon sind im bundesweiten Kufiya Netzwerk aktiv. Darin wiederum finden sich verschiedene palästinensische und palästinasolidarische Organisationen und Parteien aus ganz Deutschland. Daher läuft der gesamte Tag auch unter dem Motto des Netzwerks: „Freiheit für Palästina. Demokratie für Deutschland“.
UZ: Was ist mit denen, die es am 28. Juni nicht nach Duisburg schaffen?
Sharareh: Wir werden einen Livestream organisieren. Dazu folgen bald mehr Infos über unsere Kanäle.
UZ: Wie kann man euch unterstützen?
Sharareh: Vor allem natürlich durch Werbung und Mobilisierung: Auf Instagram und Telegram gibt es Sharepics und wir schicken auf Anfrage gerne Flyer- und Postervorlagen zum Ausdrucken. Wir sind darauf angewiesen, dass möglichst viele Leute aus NRW, aber auch von außerhalb kommen, um ein starkes Zeichen zu setzen.
Für Organisierte, die von weiter weg anreisen, gibt es auch eine „Bettenbörse“. Für all das muss man nur das Komitee gegen das PSDU-Verbot anschreiben, entweder über Instagram oder per Mail an: komitee@posteo.net.
Außerdem freuen wir uns, wenn in anderen Städten Public Viewings organisiert werden, wo Leute, die es nicht nach Duisburg schaffen, das Tribunal gemeinsam verfolgen können.
Demonstration gegen die Komplizenschaft der BRD beim Gaza-Genozid
Start: 13 Uhr, Pauluskirche, Duisburg-Hochfeld
Ende: 16 Uhr, Duisburger Innenstadt
Tribunal gegen die BRD
Beginn: 16 Uhr, König-Heinrich-Platz, Duisburger Innenstadt
Ende: 20 Uhr
Anschließend:
Abendliches Kulturprogramm bis 22 Uhr
