Provinzposse

Am Rande der großen Friedensdemonstration in Stuttgart ereignete sich eine Provinzposse. Ein vom Friedensaktivisten, Kommunisten und Künstler Klaus Mausner gestaltetes Transparent erregte die Aufmerksamkeit der Staatsmacht. Es ging um die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. Auf dem Banner stand die Parole: „Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust und wollen keinen Hass, Krieg und Frust.“ Mokiert wurde sich über die Gestaltung von Mausners „S“ im Wort „Hass“. Diese seien zu spitz und könnten mit Hakenkreuzen oder dem Symbol der faschistischen SS verwechselt werden. Nach hitziger Debatte konnte die Lage mit ein paar Strichen aus einem Edding „gerundet“ werden, das Transparent durfte hängen bleiben. Vor 20 Jahren machte sich ein gewisser Bernhard Häußler, Oberstaatsanwalt in Stuttgart, mit einem ähnlichen Vorgang einen Namen. Er hatte sich einen Versandhändler vorgeknöpft, der Artikel mit durchgestrichenen Hakenkreuzen angeboten hatte. Vom Bundesgerichtshof wurde der Angeklagte schließlich freigesprochen. Wenn sich Polizei und Justiz mit derartigen Spitzen und Kreuzen rumschlagen müssen, bleibt wenig Zeit, etwa diejenigen zu verfolgen, die in aller Öffentlichkeit einen Angriffskrieg vorbereiten.

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"Provinzposse", UZ vom 10. Oktober 2025



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