Vom Westen unterstütztes Oppositionsbündnis fällt bei den Wählern durch. Präsident Vucic und Russland weisen Einmischungsversuche zurück

Serbien bleibt widerständig

Schöne Bescherung für die vom Westen unterstützte Opposition in Serbien: Die Regierungspartei SNS von Präsident Aleksandar Vucic hat nach Auszählung aller Stimmen die Parlamentswahl vom 17. Dezember klar gewonnen und die Herausforderer auf die Plätze verwiesen. Nach Angaben der nationalen Wahlkommission RIK ist Vucics Serbische Fortschrittspartei auf 46,75 Prozent der Stimmen gekommen, das Oppositionsbündnis „Serbien gegen Gewalt“ hat demnach mit 23,66 Prozent nur die Hälfte davon erzielt. Die finalen Ergebnisse wurden in der vergangenen Woche vor den orthodoxen Weihnachtsfeiertagen bekannt gegeben.

Im Nachgang an die gefloppten Parlaments- und Kommunalwahlen im Dezember versuchte das prowestliche Bündnis „Serbien gegen Gewalt“ Massenproteste zu inszenieren. Allein, die Neuauflage einer „Farbenrevolution“ fruchtete nicht. Die Aufrufe zu Demonstrationen konzentrierten sich im Wesentlichen auf die Hauptstadt Belgrad und richteten sich gegen angeblich massiven Wahlbetrug. Ihren Höhepunkt erreichten die Proteste am 24. Dezember, als Demonstranten dort gewaltsam in das Rathaus einzudringen versuchten. Erinnerungen an den Parlamentssturm im Jahr 2000 wurden wach, der seinerzeit im Nachgang an den völkerrechtswidrigen NATO-Krieg gegen Jugoslawien von CIA-geschulten Otpor-Aktivisten orchestriert worden war und in dessen Folge der damalige Präsident Slobodan Milosevic gestürzt wurde.

Regierung und Bevölkerung ließen sich vom Krawall nicht beeindrucken und stattdessen die zuständigen Institutionen ihre Arbeit machen. Die Auszählung der Stimmen dauerte deshalb so lange, weil die Wahl in etwa 30 Lokalen wiederholt werden musste, in denen kein Ergebnis ermittelt werden konnte. Da die Opposition die Wahlwiederholungen boykottierte, konnte die Regierungspartei dort hohe Gewinne erzielen, in einem Bezirk kam sie auf 85 Prozent der Stimmen. Bezogen auf das Land fällt dies dennoch nicht ins Gewicht. Zum Vergleich: In Berlin muss im kommenden Februar wegen Unregelmäßigkeiten bei der Bundestagswahl 2021 nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nun in 455 von 2.256 Wahlbezirken neu gewählt werden – ohne dass sich die Zusammensetzung des Bundestages freilich nennenswert ändern wird.

Eine internationale Beobachtermission hatte von „Unregelmäßigkeiten“ bei den Wahlen vom 17. Dezember gesprochen, darunter Stimmenkauf und das Füllen der Wahlurnen mit gefälschten Stimmzetteln. Das Grünen-geführte Auswärtige Amt in Berlin hatte unter Berufung auf den Bericht erklärt, die Verstöße seien „für ein Land mit EU-Kandidatenstatus inakzeptabel“. Die USA forderten Serbiens Regierung auf, auf die „Bedenken“ der Wahlbeobachter einzugehen. Die Europäische Union erklärte, „spürbare Verbesserungen und weitere Reformen“ seien für den serbischen Wahlprozess notwendig.

Vucic verbat sich die ausländische Einmischung. Die serbischen Behörden würden „einen wichtigen Brief über den Einfluss und die Einmischung eines wichtigen Landes in den Wahlprozess in Serbien“ vorbereiten und wahrscheinlich noch im Januar veröffentlichen. In einer über die sozialen Medien verbreiteten Erklärung betonte der serbische Präsident: „Wir werden den Wählerwillen des Volkes verteidigen und daran besteht kein Zweifel.“ Und weiter: „Ich möchte Ihnen auch sagen, dass Sie sich keine Sorgen machen müssen. Viele aus dem Ausland würden uns gerne ihre Lösungen aufzwingen, um Serbien zu einer Bananenrepublik zu machen.“

Nach den gewaltsamen Angriffen auf Regierungsgebäude in Belgrad im Zuge der „Serbien gegen Gewalt“-Demonstrationen hatte Russland bereits die westliche Einmischung in Serbien kritisiert: „Die Versuche des kollektiven Westens, die Lage in dem Land zu destabilisieren, sind offensichtlich“, sagte die Sprecherin des Außenministeriums in Moskau, Maria Sacharowa, am 25. Dezember der russischen Nachrichtenagentur „Ria Nowosti“. Die Proteste und gewaltsamen Ausschreitungen in Serbien verglich sie mit denen auf dem Maidan in Kiew, die Anfang 2014 zum Sturz des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch führten. Washington hatte seinerzeit nach eigenen Angaben fünf Milliarden US-Dollar investiert.

„Serbien gegen Gewalt“ wurde vom Westen unterstützt mit dem Ziel nicht nur eines Regierungswechsels, sondern eines tatsächlichen Regime Change: Serbien soll, so wollen es Washington, Brüssel und Berlin, endlich seine politische Neutralität und die guten Beziehungen zu Russland und China aufgeben.

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"Serbien bleibt widerständig", UZ vom 12. Januar 2024



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