Was sind das nur für komische Dinger? Krallen, die der Teufel bei der Jagd nach armen Seelen verloren hat? Zusammengerollte Schlangen? Meteoriten? Alles falsch. Es sind Austernschalen, Ammoniten und Haifischzähne, die den Menschen lange Zeit Rätsel aufgaben und sie zu munterer Folklore animierten.
Fossilien übten seid der Antike eine Faszination auf die Menschheit aus. Von Mystik und Folklore über Kuriositätenkabinett und Sammelleidenschaft bis zu der Frage, wie man das denn nun alles herausfinden soll mit der Geschichte der Erde, ohne dabei Kirche und Bibel zu beleidigen, hat der britische Comiczeichner und Cartoonist Richard Cowdry eine äußerst unterhaltsame Graphic Novel geschrieben.
„Das Geheimnis der Knochen“ nimmt junge und nicht mehr ganz so junge Dinosaurierfans mit zu den Anfängen der Paläontologie, also der Wissenschaft von Lebewesen und Lebenswelten der geologischen Vergangenheit. Aber wie analysiert man Funde, deren Beschaffenheit man nicht versteht, weil die Versteinerung noch nicht bekannt ist? Wie ordnet man Funde ein von Tieren, die es offensichtlich so nicht gibt (oder nur noch in deutlich kleinerer Form), wenn die herrschende Meinung (also die der Kirche) vorgibt, dass die Welt nicht alt ist? Cowdry stellt den Leserinnen und Lesern clevere Wissenschaftler vor, die welche waren, als es für diesen Beruf noch nicht mal unbedingt einen Namen gab, die Umwege eingebaut haben in ihre Argumentation, um die Kirche zufriedenzustellen, und die (wie Lamarck, bei aller Albernheit, die seiner Theorie aus heutiger Sicht anhaftet) Wegbereiter der Erkenntnisse Charles Darwins über die Entstehung der Arten waren.
Anschaulich erfährt man, warum die Französische Revolution zwar eine blutige Angelegenheit, aber warum sie auch entscheidend für den wissenschaftlichen Fortschritt war. Die Trennung von Kirche und Staat trug natürlich einiges dazu bei, aber manchmal reicht auch eine scheinbare Kleinigkeit, wie die Befreiung geologischer und anderer Exponate aus dem Privatbesitz der Monarchie und ihre Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit in Museen.
So vergnüglich der gesamte Band ist, so wütend kann man werden, wenn man die Ungerechtigkeit betrachtet, mit der auch die Geschichte der Paläontologie gepflastert ist: Schon mal was von Mary Anning gehört? Vermutlich nicht. Das liegt an zwei Sachen: Erstens war sie arm und zweitens eine Frau. Um Geld zu verdienen, verkauften Anning und ihre Familie fossile Funde aus der Umgebung ihrer südwestenglischen Heimat. Mary Anning war – teilweise allein – verantwortlich für die größten paläontologischen Funde ihrer Zeit. Sie fand das erste vollständig erhaltene Skelett des Ichthyosaurus und das erste überhaupt des Plesiosauriers. Sie wurde damit nicht reich (im Gegenteil) und gedankt hat es ihr auch keiner. Nicht einer der Herren Geologen, die Vorträge in der Royal Society hielten, hatte es nötig zu erwähnen, wer die Fossilien gefunden, freigelegt und präpariert hatte, über die sie nun redeten. In ihrer Heimatstadt Lyme Regis erinnert heute wenigstens eine Statue an sie.
Für Freunde der Paläontologie (oder solche, die es werden wollen) ist „Das Geheimnis der Knochen“ ein amüsanter Schmöker, wer ihn liest, kann ein kleines bisschen besser mit fünfjährigen Dinosaurierexperten mithalten und erfährt nebenbei allerlei Interessantes über die Entstehung der Wissenschaft. Und wie die Dinosaurier zu ihrem Namen kamen.
Richard Cowdry
Das Geheimnis der Knochen. Eine Geschichte der Paläontologie
Avant-Verlag, 149 Seiten, 25 Euro


![UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis] UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]](https://www.unsere-zeit.de/wp-content/uploads/2021/04/Banner_800x90_Probeabo_Rahmen.jpg)





