50 Jahre neue Frauenbewegung – Erfolge und Rückschläge

Trotz Hoffnungen und Versprechen – die Ungleichheit blieb

Von Florence Hervé und Melanie Stitz

Dr. Florence Hervé, *1944, Autorin. Zahlreiche Veröffentlichungen zu frauenpolitischen und historischen Themen – zuletzt „Wasserfrauen“ (Fotos: Thomas A. Schmidt, Berlin 2017).

Melanie Stitz, *1971, Bildungsreferentin/Büroleiterin der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW. Engagiert in verschiedenen feministischen Zusammenhängen.

Beide Autorinnen sind Herausgeberinnen des „wir frauen“-Kalenders und Redakteurinnen der gleichnamigen Zeitschrift (www.wirfrauen.de).

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40 Jahre Kalender „wir frauen“ und 35 Jahre Zeitschrift „wir frauen“:

Das ist Anlass für einen Rückblick auf die Frauenbewegungen der letzten 50 Jahre und zu fragen: Welches sind die neuen Herausforderungen und Perspektiven?

Aufbruch aus der bleiernen Zeit

In den 1950er und 60er Jahren herrschte eine bleierne Zeit in der Bundesrepublik. Im innenpolitischen Bereich gekennzeichnet durch die kapitalistisch-patriarchalischen Verhältnisse, das Abbröckeln des sogenannten Wirtschaftswunders 1966/1967 und eine „Bildungskatastrophe“ (nach den Worten des Bildungsreformers Georg Picht 1964, wonach die BRD viel zu wenig im Bildungssystem investiert). Hinzu kamen die Gründung (1964) und erste Wahlerfolge der NPD (1967), die Verabschiedung der Notstandsgesetze 1968, und autoritäre Familienstrukturen. Die §§ 1356 und 1360 des BGB galten immer noch, wonach Frauen nur berechtigt waren erwerbstätig zu sein, „soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar“ sei.

Im außenpolitischen Bereich herrschte der Kalte Krieg, reaktionäre Diktaturen wurden von der Bundesregierung unterstützt.

Ende der 60er Jahre zeichnete sich wiederum eine rasante technisch-wissenschaftliche Entwicklung ab. In den 70ern brauchte die Wirtschaft wieder die Frauen, das Deutsche Industrieinstitut empfahl nun eine „Entlastung bei der Kinderbetreuung und Haushaltsführung“.

Eine Verständigung mit dem Osten bahnte sich an. Das kolonialistische System brach zusammen. Weltweit nahmen Befreiungskämpfe und die Bewegung gegen Kolonialismus, Rassismus und Faschismus, gegen Repressionsgesellschaft und Staat zu.

In der Bundesrepublik waren es Zeiten des Bruchs mit alten Werten und des Aufbruchs zu neuen Ufern. Zeiten der Auseinandersetzung mit der Nazi- Vergangenheit (1968 verpasste Beate Klarsfeld dem Nazi-Kanzler Kiesinger eine Ohrfeige), der Demonstrationen gegen den Schah-Besuch in Bonn und die Diktatur in Iran, gegen den Vietnam-Krieg, gegen die Notstandsgesetze und die Springer-Presse, der Proteste anlässlich der Ermordung des Studenten Benno Ohnesorgs und des Anschlags auf Rudi Dutschke. Es waren Zeiten des Kampfes um eine demokratische Universität, gegen den 1000-jährigen Muff unter den Talaren und Spießermoral. Eine neue Frauenbewegung entstand.

Ein Tomatenwurf und seine Folgen

Mit den Tomaten fing es symbolisch an. Als die männlichen SDS-Delegierten auf ihrer Bundeskonferenz 1968 zur Rede von Helke Sanders vom Berliner Aktionsrat für die Befreiung der Frau schwiegen – es ging um die tatsächliche Unvereinbarkeit von Kinderbetreuung, Hausarbeit, Studium und Beruf –, flogen die Tomaten dem SDS-Chef-Ideologen an den Kopf. „Hier wurde erstmalig klargestellt, dass diese Privatsache keine Privatsache ist“, schrieb die Journalistin Ulrike Meinhof in „Konkret“. Sozialistinnen machten das Private zum politischen und öffentlichen Thema. In den folgenden Jahren gründeten sich zahlreiche Frauengruppen, auch beeinflusst von der US-amerikanischen Women’s Lib und der Selbstbezichtigungsaktion der französischen Frauenbewegung, – eine Aktion, die unter dem Motto „Ich habe abgetrieben“ von Alice Schwarzer in die Bundesrepublik übertragen wurde. Neben Selbsterfahrungsgruppen und Kinderladenbewegung entstanden nun Gruppen gegen den § 218, die Demos, Busfahrten nach holländischen Kliniken und 1972 das Tribunal gegen § 218 in Frankfurt organisierten. Ausgerechnet im UNO-Jahr der Frau 1975 wurde die vom Parlament verabschiedete Fristenregelung vom Bundesverfassungsgericht zu Fall gebracht.

Aus dem Frauenprotest wurde eine bunte Frauenprojektbewegung: Frauenhäuser, Frauenkultur, Frauenforschung, Frauengesundheitszentren … Es gab auch die Aktionen der Arbeiterinnenbewegung: die Streiks der Pierburger Frauen in Neuss 1973 und der Gelsenkirchener Heinze-Frauen 1979 – gegen Lohndiskriminierung, für gleiche Löhne. Mitte der 80er Jahre waren es die Aktionen der Rheinhausener, der Hoesch- und der Hattinger Frauen gegen die Vernichtung von Stahlarbeiterplätzen im Ruhrgebiet. Die Familienfrauen organisierten Straßensperren, Mahnwachen, Demonstrationen, zeigten Mut und Entschlossenheit.

Außerdem entwickelte sich eine vielfältige Frauenfriedensbewegung – aus dem Zorn über die angekündigte Neutronenbombe 1978, über die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa 1979 und schließlich über die geplante Einbeziehung von Frauen in die Bundeswehr. 1980 demonstrierten 10.000 Frauen gegen einen Frauenwehrdienst und die damit einhergehende Militarisierung der Gesellschaft. Ein Anti-Militär- und Anti-Atom-Kongress, Frauen-Friedensmärsche wurden europaweit durchgeführt, Frauenfriedenszelte bis nach Nairobi zur UNO-Weltfrauenkonferenz 1985. Dabei wurde viel über die Ursachen der Frauendiskriminierung gestritten, ob Kapitalismus oder/und Patriarchat. Neu war diese Frauenbewegung eigentlich nicht – schließlich gab es auch in den 50er und 60er Jahren eine kleine Frauenfriedensbewegung (Demokratischer Frauenbund, Westdeutsche Frauenfriedensbewegung), die sich gegen Wiederaufrüstung, Wehrpflicht und Atombewaffnung engagierte.

Neu waren aber die Verbindung von persönlicher und sozialer Befreiung, das Infragestellen der Geschlechterordnung und Geschlechterrollen. Sie zeitigte eine kulturelle Revolution in den Beziehungsstrukturen.

Innerhalb dieser Bewegung spielte die Demokratische Fraueninitiative DFI, aus der Initiative im Internationalen Jahr der Frau ‘75 entstanden, eine nicht unerhebliche Rolle. Ihr Ziel war eine „Gesellschaft, in der Frauen und Männer gleichberechtigt miteinander leben können, patriarchalische Strukturen überwunden sind, die jahrhundertealte Unterdrückung der Frau aufgrund ihres Geschlechts ebenso der Vergangenheit angehört wie jede Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen.“ Für die Kommunikation unter den rund 100 Gruppen gab es ab 1977 einen hektographierten Rundbrief, der ab 1982 als Zeitschrift „wir frauen“ herauskam. 1978 erschien der erste Kalender „wir frauen“. Das Besondere lag in der Zusammenarbeit von Frauen unterschiedlicher Herkunft und Weltanschauung, – ob Autonome, Gewerkschafterin, Christin, Kommunistin oder Sozialdemokratin – und in der Verbindung von frauenspezifischen mit allgemeinen Forderungen.

Jahre des Backlashs – die Luft ist raus?

Von der neuen Frauenbewegung wurde manches Positive (Reförmchen des § 218, Reform des Familienrechts, Bewusstseinsveränderungen) aufgenommen. Zugleich fand eine Zersplitterung in vielfältige Einzelprojekte und Netzwerke statt, eine Individualisierung der Bewegung, eine stärkere Orientierung auf das eigene Ich und eine Abkehr von gemeinsamen Zielen. Neue Probleme entstanden: wachsende Distanz zwischen Wissenschaft und Bewegung, eine Professionalisierung der Bewegung, ihrer Orte und solidarischen Strukturen, die schon bald auch als „Versozialarbeiterisierung“ und Entpolitisierung kritisch reflektiert wurden.

Ende der 80er Jahre war die Zeit der kleinen Reformen und der großen Bewegungen vorbei. Viele Frauen zogen sich aus Politik und Bewegung zurück, Frauenzusammenhänge zerbrachen. Eine Zeit der Abwehrkämpfe begann.

1989 entstand in der DDR der Unabhängige Frauenverband als Dachorganisation autonomer Frauengruppen- und Bewegungen. Nach dem Anschluss der DDR, trafen Bewegungsfrauen aus Ost- und Westdeutschland aufeinander, geprägt in unterschiedlichen Verhältnissen und Debatten, ihre Befreiungsbegehren unterschiedlich sprechend. Sie engagierten sich hoffnungsvoll dafür, das Beste aus beiden Ländern zusammenzuführen, so die Paulskirchenversammlung mit ihrem Frankfurter Frauenmanifest, das Frauenbegehren „Selbstbestimmung gegen § 218“ und die Frauenstreikbewegung – und erfuhren schon bald Ernüchterung.

In den 1990ern formulierte die US-amerikanische Philosophin Judith Butler einmal mehr das Unbehagen mit dem Konzept der Zweigeschlechtlichkeit und wurde zur wichtigen Inspiration für die queer-Bewegung. Manchmal jedoch geriet in Vergessenheit, dass auch weite Teile der „alten“ Frauenbewegung gegen jeglichen Essentialismus argumentierten und gleichfalls die Aufhebung der Geschlechter anstrebten, Zuschreibungen und die vorherrschenden Arbeitsteilungen zurückwiesen, Kulturproduktionen kritisierten, kurzum: Mechanismen der Vergeschlechtlichung analysierten, noch bevor von „doing gender“ (Menschen stellen Geschlecht Tag für Tag aktiv her, durch Verhalten, Sprache, Kleidung …) die Rede war. Oftmals hämisch wurden Differenzen innerhalb der Frauenbewegung in den Feuilletons platt vereinfacht und auf Generationenkonflikte reduziert. Schon seit den 80er Jahren erachteten die TheoretikerInnen der Postmoderne die „großen Erzählungen“ zur Erklärung der Welt als obsolet, der Sozialismus galt spätestens in den 1990ern als diskreditiert und wurde zum Unwort, es waren Jahre des Backlashs. Weite Teile der feministischen Bewegung konzentrierten sich auf Fragen von Gleichstellung, Anerkennung, Repräsentation. Eindringlich appellierte die US-amerikanische feministische Philosophin und Politikwissenschaftlerin Nancy Fraser 2005: „Frauen, denkt ökonomisch!“ und bezichtigte Teile der feministischen Bewegung gar, „Steigbügelhalter des Neoliberalismus“ zu sein. Jene Strömungen, die dagegen nicht um die Hälfte vom verschimmelten Kuchen kämpften, sondern immer noch fragten, wem eigentlich die Bäckerei gehört, wirkten zwar weiter, blieben jedoch oftmals unter dem Radar breiterer Wahrnehmung. Es schlug die Stunde des Postfeminismus: Jungen weißen, meist heterosexuellen Frauen mit guter Ausbildung, tüchtig geübt in den Techniken der Selbstoptimierung, standen nun – vermeintlich – alle Wege offen. Sie waren „selbstbewusst genug“, um gemeinsam mit den Jungs über Sexismus lachen zu können, der Feminismus galt als erledigt, hieß es vielerorts. Wenn schon feministisch, dann bitte nicht so „altmodisch“, sondern sexy dabei, lautete die postfeministische Anrufung. Aber Ungleichheit blieb und bleibt bis heute. Noch immer gibt es, trotz aller Hoffnungen und Versprechungen, gläserne Decken, ungleichen Lohn für gleiche Arbeit, Frauenarbeit bleibt oftmals unsichtbar, prekär und schlecht oder gar unbezahlt. Vieles ist erneut beim Alten, z. B. sobald Kinder ins Haus kommen. Reproduktionstechnologien schaffen neue Möglichkeiten und zugleich auch neue Zwänge, z. B. perfekt getimete, optimierte Kinder in die Welt zu setzen, jedenfalls sofern frau der „richtigen“ Schicht und Ethnie angehört …

Feministischer Eingriff bleibt nötig

Immer lauter scheint feministische Kritik in den letzten Jahren wieder hörbar zu werden. Und es gibt wieder größere, sichtbare Sammlungsbewegungen, die hoffnungsvoll stimmen – wider die Vereinzelung, die Scham überwindend: Der „Aufschrei“ gegen Sexismus z. B. war schließlich nicht mehr zu ignorieren, ein Hashtag, mit dem Anfang 2013 über Twitter Berichte über sexistische Erfahrungen ausgetauscht wurden, Anlass war das verbal übergriffige Verhalten Rainer Brüderles gegenüber einer Journalistin (nicht nur). Feministinnen reden wieder öffentlich über die unbequemen Themen wie Löhne und Ausbeutung, über die Krise der Reproduktion und die Notwendigkeit, nicht den Profit, sondern das Leben in den Mittelpunkt zu stellen und von dort aus Politik zu machen. Angesichts der Krisen allerorts entwerfen AktivistInnen der „Care Revolution“ mit dem Slogan „Sorge ins Zentrum!“ Utopien einer solidarischen und radikal demokratischen Gesellschaft, Frauen aus aller Welt kommen zu internationalen Tagungen zusammen, um den Marxismus-Feminismus neu zu begründen und streiten für die Vier-in-Einem-Perspektive nach Frigga Haug, die alle gesellschaftlich notwendigen Tätigkeiten – die Herstellung der Mittel zum Leben wie die Hege und Sorge um das Leben selbst, politische Einmischung sowie Lernen und kulturelle Entwicklung – als Recht in die Verantwortung aller geben will. Internationale Solidarität bleibt ein Gebot der Stunde. Diskutiert werden Prozesse der Globalisierung, internationale Arbeitsteilungen und die „Feminisierung des Überlebens“: Weltweit gestalten Frauen Ökonomien – wenn auch nicht aus freien Stücken und unter Umständen, die sie nicht selbst gewählt haben, führt z. B. die US-amerikanische Soziologin und Wirtschaftswissenschaftlerin Saskia Sassen vor. Teile der Frauenbewegung weisen laut vernehmlich zurück, dass im Namen ihrer Rechte rassistische Politik gemacht, Kriege geführt oder Ressentiments geschürt werden. Feministinnen sind Teil und bringen sich ein in eine Vielzahl sozialer Bewegungen, demonstrieren mit Blockupy und gegen den G20-Gipfel. Diese Strömungen der feministischen Bewegung ringen um Hegemonie – gegen eine erstarkende Rechte und Angriffe auf vermeintlich längst Erreichtes (im neuen Bundestag ist der Frauenanteil so gering wie zuletzt vor 19 Jahren…) und zugleich auch gegen vermeintliche Sprecherinnen der Frauenbewegung, die sich eingerichtet haben in den Gameshows am Samstagabend, die für „Bild“ werben, damit „auch eine Frau auf den Plakaten dabei ist“, oder die Debatte um „den Islam“ und Frauen, die Kopftuch tragen, fahrlässig vereinfachen. Immer wieder gilt – nicht nur für die Frauenbewegung –, sich gegen die Entwendung unserer Begriffe und die Vermarktlichung unserer Freiheitsbegehren zu wehren: Anschaulich beschreibt Andi Zeisler, einst Mitbegründerin des Pop-Feminismus, wie derweil feministische Slogans teure Designer-T-Shirts schmücken oder Anti-Falten-Cremes mit „Ermächtigung“ beworben werden – ein durchaus widersprüchliches Phänomen. Was also ist widerständig und dazu angetan, im besten Sinne radikal zu sein, also an die Wurzel gehend? Nützlich ist Geschichtsbewusstsein: Nichts wurde uns geschenkt, nichts ist selbstverständlich!

Mit Blick nach vorn, aus Erfahrungen lernend

Die Frage, wie wertschätzend und respektvoll mit Differenzen unter Frauen umzugehen sei, wie diese produktiv gemacht werden können, bewegt die feministische Bewegung nach wie vor. Wohl kaum eine Bewegung hat sich so ernsthaft und selbstkritisch mit Klassenunterschieden und Rassismen auseinandergesetzt, hat so engagiert miteinander gestritten, die eigene Verstrickung in globale Ausbeutungsverhältnisse reflektiert und Wege des solidarischen Miteinanders gesucht und erprobt. Dass diese Fragen noch längst nicht gelöst sind, ist der Verfasstheit des Herrschaftsknotens (Frigga Haug) geschuldet: Zerren die einen an ihren Ketten, wird es für die anderen eng. So wird die Frage der Ökologie gegen die Belange der Arbeit gestellt, die Emanzipation der Frauen gegen die Errungenschaften der Arbeiterbewegung, (weiße) Frauen gegen (schwarze) Migranten, die Solidarität mit Geflüchteten gegen die „soziale Gerechtigkeit“… Die Widersprüche gehen mitten durch uns hindurch. Unermüdlich gilt es also, die Verfasstheit des Knotens zu studieren und ihn von allen Enden zugleich her zu lösen – miteinander, nicht gegeneinander. Wenn auch notwendig, ist es zugleich doch unendlich schwierig, die Kämpfe zu verbinden und ein gemeinsames Projekt zu entwickeln. Ist es womöglich dem Potential und den Erfahrungen der feministischen Bewegung geschuldet, dass ausgerechnet unter dem Motto „Feminismus für alle“ in den USA hunderttausende Menschen unmittelbar nach der Amtsübernahme Trumps auf die Straße gingen?

Alles in allem: Bewegte Zeiten liegen hinter uns und feministischer Eingriff ist nötiger denn je. Es braucht weiter Übung, unbequeme Fragen zu stellen, danach, wie die Verhältnisse funktionieren, wer profitiert, wie wir selbst verstrickt sind und sie mit am Laufen halten. Es braucht wachsame Skepsis gegenüber Strategien, mit denen wir uns vereinzeln. Wider die Scham, die uns voneinander isoliert – Scham, weil wir scheitern oder nicht genügen, uns schuldig machen, der falschen Klasse angehören, angeblich die falsche Hautfarbe, den falschen Pass, den falschen Körper, das falsche Geschlecht oder Begehren haben. Stattdessen braucht es kollektive Wut und Lebensfreude. Einen wertschätzenden Umgang mit der Vielfalt der feministischen Bewegungen, gleich welche Schreibweisen sie verwenden und welchen soziokulturellen Milieus sie angehören, Solidarität auch mit anderen Bewegungen, die alle Verhältnisse umwerfen wollen, „in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ Das Elend zu beschreiben reicht nicht aus, nötig ist auch ein gemeinsames feministisches Projekt nach vorn. Mut und historisches Bewusstsein sind dafür unabdingbar.

Seit nunmehr 40 Jahren verstehen sich Kalender wie Zeitschrift „wir frauen“ als Wegbegleiterinnen dieser Suchbewegungen. Die Macherinnen und Beitragenden sind selbst Teil davon, wollen Mut machen und Frauen als Akteurinnen sichtbar, damals wie heute, hier und andernorts.

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"Trotz Hoffnungen und Versprechen – die Ungleichheit blieb", UZ vom 15. Dezember 2017



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