Präsident Trump setzte sich über die Einwände des Gouverneurs von Kalifornien, Gavin Newsom, hinweg und verschärfte seine Terrormaßnahmen gegen Einwanderer und alle, die sie unterstützen, indem er die Nationalgarde in Los Angeles einmarschieren ließ.
Gouverneur Newsom sagte nach zwei Tagen von Protesten gegen die Einwanderungs- und Zollbehörde ICE, der Einsatz der Nationalgarde in der Stadt sei nicht nur unnötig, sondern diene dazu, die Lage durch ein „Spektakel der Gewalt“ noch zusätzlich aufzuheizen. Karen Bass, die Bürgermeisterin von Los Angeles, verurteilte den Einsatz ebenfalls und bezeichnete ihn als „Eskalationsmaßnahme, mit der Regierung versucht, eine Situation zu provozieren, damit sie dann ihre angebliche Stärke demonstrieren kann.“
Tom Homan, Trumps Grenzschutz-Sonderbeauftragter, sagte, dass Newsom und Bass „verhaftet werden, wenn sie unseren Einsätzen in die Quere kommen“.
Die Truppen der Nationalgarde trafen letzte Sonntag ein und wurden neben einem Gebäudekomplex der Bundesregierung stationiert, in den vermummte Geheimpolizisten Menschen bringen, die sie gesetz- und verfassungswidrig von ihren Arbeitsplätzen, aus ihren Wohnungen und von der Straße holt.
MSNBC-Reporter, die vor Ort über die Lage berichteten, sagten am vergangenen Sonntag, dass sie dort zahlreiche verängstigte und einige wütend Demonstranten dort beobachtet haben, dass aber von „Ausschreitungen“ nicht die Rede sein könne.
Gouverneur Newsom forderte die Demonstranten auf, Ruhe zu bewahren, und sagte: „Geben Sie Trump nicht das, was er haben will.“
Die Leute, die die Einwanderer aufgreifen, tragen keine Uniform, sind maskiert und haben keine Dienstabzeichen oder -ausweise. Wenn sie von den Leuten, die sie aufgreifen, oder von Demonstranten, die Zeugen dieser Entführungen sind, gefragt werden, wer sie sind, verweigern sie jegliche Auskunft.
„Es handelt sich schlicht und einfach um eine Geheimpolizei-Aktion, ganz im Einklang mit dem faschistischen Vorgehen dieser Regierung“, sagte ein Mitarbeiter der demokratischen Abgeordneten Maxine Waters.
Menschen im ganzen Land aufgegriffen
Die vermummte Geheimpolizei, angeblich ICE-Agenten, griff diese Woche in echter Polizeistaatmanier Menschen im ganzen Land Menschen auf, zum Teil sogar, wenn sie Gerichtstermine wahrnahmen: Menschen, die sich an das Gesetz hielten und gemäß ihrer Vorladungen bei Gericht erschienen, um ihren Fall überprüfen zu lassen, wurden von der Geheimpolizei aufgegriffen und in Haftzentren verschleppt, um ihre Abschiebung vorzubereiten.
In einem Fall in Los Angeles betraten die vermummten Männer ein Restaurant und nahmen das Küchenpersonal fest, das bei der Arbeit war. Die Gästen des Lokals waren über das Vorgehen empört und riefen Freunde und Nachbarn an, die sich schnell versammelten, um gegen die ICE-Aktion zu protestieren. In einem Akt des zivilen Ungehorsams stellten sie sich vor die Transportwägen und versuchten zu verhindern, dass die Restaurantangestellten in ein Haftzentrum gebracht werden.
Aktivistinnen und Aktivisten vor Ort erklärten, dass jegliche Gewalt, die in den letzten Tagen im Zusammenhang mit den ICE-Razzien im Raum Los Angeles auftrat, durch unnötige, gewaltsame und gesetzwidrige Razzien der vermummten Regierungstruppen ausgelöst wurde.
Demonstranten wurden angegriffen, auch mit Gummigeschossen, und mehrere wurden dabei schwer verletzt. Die Bürgerrechtsanwältin Maya Wiley sagte, dass die Trump-Regierung für alle Gewalttaten verantwortlich sei: „Wenn man die Rechte der Menschen mit illegalen Razzien verletzt und dann friedliche Proteste und Menschen angreift, die zivilen Ungehorsam üben, dann kommt es zu diesen sporadischen Gewalttaten, die Trump in die Hände spielen.“
Es war das erste Mal seit Jahrzehnten, dass die Nationalgarde eines Bundesstaates ohne entsprechendes Ersuchen des Gouverneurs eingesetzt wurde, eine bedeutende Eskalation der Trump‘schen Terrorkampagne gegen die Menschen, die sich den illegalen Abschiebungen der Regierung widersetzen.
Am Sontag, den 8. Juni waren Truppen der Nationalgarde vor dem Städtischen Gefängnis im Zentrum von Los Angeles stationiert, in Kampfmontur, mit Langwaffen und gepanzerten Fahrzeugen.
Die Abgeordnete Maxine Waters kam zu dem Gefängnis und forderte Zutritt zu der Einrichtung. Sie hatte sich mit einer kleinen Gruppe Menschen den Weg über eine Straße bahnen müssen, die mit Tränengaskanistern übersät war, die tags zuvor gegen Demonstranten eingesetzt worden waren. Kongressabgeordnete haben per Gesetz Zutritt zu allen Bundesgebäuden, doch Waters wurde der Zutritt trotz mehrerer Aufforderungen an die Nationalgarde verweigert.
Die Proteste hatten am Freitag in der Innenstadt von Los Angeles begonnen. Am Samstag begannen Proteste in Paramount, einer von Latinos geprägten Stadt unmittelbar südlich von Los Angeles.
Die Geheimpolizei, die von den Konzernmedien meistens als „Bundesbehörden“ bezeichnet werden, errichtete ihr „Hauptquartier“ provokativ in einem Baumarkt in Paramount.
Auf den provokativen Einmarsch folgten provokative Festnahmen durch Vermummte auf der Straße, in Wohnungen, und an Arbeitsplätzen. Trumps Geheimpolizei geht schon seit Wochen im ganzen Land auf diese Art und Weise vor.
Die Menschen in Los Angeles sind wütend, doch nur eine winzige Minderheit hat Steine auf die Fahrzeuge der Grenzpolizei geworfen oder sonst irgendetwas getan, das man als „gewalttätig“ beschreiben könnte. Ein Demonstrant sagte in einem Interview mit MSNBC, dass keine Steine geworfen wurden, bis die Demonstranten mit Gummigeschossen attackiert wurden. Ein blutüberströmter Demonstrant zeigte vor laufender Kamera eine klaffende Fleischwunde, die ein Gummigeschoss gerissen hatte.
Als ein paar Menschen in der Nähe des Baumarktes Steine auf die großen Fahrzeuge der Grenzpolizei warfen, folgte eine massive Überreaktion der Geheimpolizei in Kampfmontur: enorme Mengen an Tränengas, Blendgranaten und Pfefferspraygeschossen.
Gewerkschaftsführer verhaftet
David Huerta, der Vorsitzende der Gewerkschaft SEIU für Kalifornien, wurde bei den Protesten verhaftet, als er von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung und Beobachtung der Ereignisse Gebrauch machte. Ihm wird „Behinderung des Gesetzesvollzugs“ vorgeworfen.
Am 9. Juni veranstalten die Gewerkschaften AFL-CIO und SEIU einen Aktionstag. Sie forderten die Freilassung von Huerta und ein Ende der ICE-Razzien. In Los Angeles, Atlanta, Boston, Chicago, Raleigh, Sacramento, Seattle und Washington sind Demonstrationen geplant.
„Was sie am Freitag mit David gemacht haben, betrifft nicht nur einen einzelnen Gewerkschaftsführer, es ist ein Angriff auf all jene, die an das grundlegende amerikanische Recht glauben, sich für Gerechtigkeit einzusetzen und Arbeiterrechte zu verteidigen“, hieß es in einer Erklärung der AFL-CIO.
„Wir lehnen diese Taktiken der Grenzbehörden ab, die Angst erzeugen und Gewalt schüren. Wir stehen geschlossen hinter der Forderung, Huerta sofort freizulassen, und fordern darüber hinaus die Regierung auf, ihre Angriffe auf migrantische Arbeiter, die unsere Familien ernähren, unsere Alten versorgen und tagtäglich zu unserer Wirtschaft beitragen.“
Führende Demonstranten in Chicago verurteilten die Verhaftung. Sie erklärten, dass diese der Einschüchterung der Arbeiter- und Migrantenbewegungen dienen sollten. Zu der Demonstration in Chicago hatten die AFL-CIO und Organisationen von Aktivisten für die Rechte von Migranten aufgerufen.
Die Kommunistische Partei der USA gab nach der Verhaftung eine Erklärung heraus:
„Wir verurteilen die jüngsten ICE-Razzien in Los Angeles, die Entführung von migrantischen Arbeitern von ihren Arbeitsplätzen und die gewaltsame Verhaftung von SEIU-Präsident David Huerta. Wir fordern die sofortige Freilassung von Bruder Huerta und allen anderen, die aufgrund der Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung festgenommen wurden (…) Wir fordern unsere führenden Politiker auf, sofort Schritte zu unternehmen, um diese staatliche Gewalt zu stoppen, aber das allein reicht nicht aus. Wir brauchen mehr Massendemonstrationen, Proteste und direkte Aktionen, und wir müssen Maßnahmen zur Verteidigung der Einwanderer ergreifen, die zur Zielscheibe gemacht werden.“
Huerta musste nach seiner gewalttätigen Verhaftung medizinisch behandelt werden. Er wurde aus dem Krankenhaus entlassen, steht aber weiterhin unter Arrest.
Gegen unsere Werte
Randi Weingarten, eine Staatsbürgerkundelehrerin und Juristin in New York sowie Vorsitzende der Lehrergewerkschaft AFT, erklärte: „Dieser Angriff auf Los Angeles widerspricht allem, wofür dieses Land steht. Wir sind eine Nation, die durch werktätige Immigranten gestärkt wurde, durch die Gewerkschaften, die sie vertreten, und durch die Rechtsstaatlichkeit. Das Vorgehen der Regierung wirft einen Schatten auf unsere Demokratie, aber wir lassen uns nicht einschüchtern und wir werden nicht schweigen.“
Mehrere Gewerkschaften, darunter die Hafenarbeitergewerkschafter ILWU, die United Farm Workers und der kalifornische Gewerkschaftsverband äußerten sich in ähnlicher Weise.
Das letzte Mal, dass die Nationalgarde ohne Erlaubnis eines Gouverneurs eingesetzt wurde, war 1965, als Präsident Lyndon B. Johnson Truppen nach Alabama schickte, um eine Bürgerrechtsdemonstration zu schützen.
Trump benutzt diese Aktionen, um die Angriffe und Kampagnen gegen jene Städte oder Bundesstaaten zu verschärfen, die von den Demokraten, von Schwarzen oder von Latinos regiert werden. Er hat behauptet, dass Gouverneur Newsom und Bürgermeisterin Bass nicht imstande seien, die Unruhen in der Stadt unter Kontrolle zu bringen – natürlich ohne zu erwähnen, dass sämtliche Unruhen das Ergebnis der vorsätzlichen Aktionen seiner „Bundesbehörden“ sind.
Trump beruft sich auf eine gesetzliche Bestimmung, die es ihm gestattet, Bundestruppen einzusetzen, wenn „ein Aufstand oder die Gefahr eines Aufstandes gegen die Autorität der Regierung der Vereinigten Staaten“ besteht. Er sagte, er habe den Einsatz von 2.000 Mitgliedern der Nationalgarde genehmigt.
Verteidigungsminister Pete Hegseth goss noch Öl ins Feuer, indem er drohte, auch noch die US-Marines zu entsenden: „Wenn sie gebraucht werden, stehen sie zur Verfügung“, sagte er. Auf die Frage, ob er die Marines einsetzen würde, sagte Trump: „Wir werden alles tun, was wir tun müssen, um Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten. Niemand wird damit durchkommen, unsere Polizei zu bespucken.“
Newsom sagte Trump in einem Telefongespräch, dass er „eine Krise fabriziert“.
Vorwürfe gegen Protestierende
Tricia McLaughlin, die stellvertretende Heimatschutzministerin, warf Politikern und Demonstranten in Kalifornien vor, „abscheuliche illegale ausländische Kriminelle auf Kosten der Sicherheit der Amerikaner“ zu verteidigen. Gegen keinen einzigen der angeblichen „abscheulichen Kriminellen“, die ohne Haftbefehl festgenommen wurden, wurde Anklage erhoben.
Das Verteidigungsministerium jubelte in den „sozialen Medien“, wie glücklich sich das Land schätzen könne, dass die Nationalgarde, die weiß, wie man Kriege führt, vor Ort sei.
Einige demokratische Abgeordnete sehen den Einsatz der Nationalgarde in Los Angeles und das Vorgehen gegen Demonstrationen im ganzen Land als Anzeichen für einen zunehmenden Autoritarismus oder sogar Faschismus in den USA.
Online wird vielfach darauf hingewiesen, dass nichts von dem, was die Demonstranten bisher getan haben, auch nur im Entferntesten damit vergleichbar ist, was die Trump-Anhänger im Jahr 2021 taten, als sie das Kapitol angriffen und Zerstörung, Verletzungen und Tote verursachten.
Übersetzung: UZ