Gaza: Gespräche über Waffenstillstand

Waffenruhe und „Plan B“

Lange Zeit wurde über einen Waffenstillstand in Gaza verhandelt. Nicht zwischen den Vermittlern aus Katar und Ägypten und der israelischen Regierung und Hamas – sondern zwischen den Gesandten von US-Präsident Donald Trump und des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Nach langen Diskussionen stimmte Netanjahu offenbar einem US-Vorschlag zu. Demnach sollte zunächst für 60 Tage ein Waffenstillstand gelten. Zu Beginn und am Ende dieses Zeitraums sollten Geiseln ausgetauscht werden. Anschließend sollten Gespräche über einen dauerhaften Waffenstillstand stattfinden.

Auch wenn die Details sich unterscheiden: Im Grunde ist es eine Neuauflage der Waffenstillstandsvereinbarung, die Israel im März mit der Wiederaufnahme der Luftangriffe gebrochen hatte. Seitdem tötet das israelische Militär bis zu hundert Palästinenser jeden Tag – aus der Luft oder an den Verteilstellen für Lebensmittel.

Nach einer Rücksprache mit anderen Organisationen in Gaza antwortete die Hamas grundsätzlich positiv auf den Vorschlag. Er sei ein guter Ausgangspunkt, um die Umsetzung des Plans zu diskutieren.

Gleichzeitig zeigen sich jedoch dieselben unvereinbaren Standpunkte wie zuvor: Israel plant nach wie vor die Zerstörung der Hamas. Die Hamas verlangt hingegen Garantien der Vermittlerstaaten und der USA, dass Israel die Angriffe nach Ablauf der 60 Tage nicht wieder aufnimmt. Das israelische Militär soll sich auf die Gebiete zurückziehen, die es vor dem Bruch des Waffenstillstands im März besetzt hatte. Und schließlich soll wieder humanitäre Hilfe von internationalen Organisationen verteilt werden und nicht von der US-Organisation GHF, die im Dienst der israelischen Armee agiert. Netanjahus Büro machte von vornherein deutlich, dass diese Forderungen für die israelische Regierung inakzeptabel sind.

US-Präsident Trump inszeniert sich als Retter von Gaza und Netanjahu konnte sich dem aufgrund seiner Reise nach Washington nicht offen widersetzen. Also entsendet Israel dennoch eine Delegation zu indirekten Gesprächen nach Doha.

Ob Trump während Netanjahus Besuch im Weißen Haus einseitig einen Waffenstillstand in Gaza erklärt, war zu Redaktionsschluss nicht bekannt. Doch unabhängig davon: Israel hat einen „Plan B“.

In einer stürmischen Kabinettssitzung mit Teilnahme des israelischen Generalstabs gab es viele gegenseitige Vorwürfe und eine Forderung Netanjahus: Nach seiner Rückkehr aus Washington wolle er einen Plan sehen, wie die Armee die verbliebenen Einwohner aus dem Norden des Gazastreifens in den Süden vertreiben kann.

Generalstabschef Eyal Zamir warnte vor einem möglichen Kontrollverlust über die hungernden und verzweifelten Menschen, doch Netanjahu beharrte auf seinem Plan. Unterstützung erhielt er von den Extremisten Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich, die noch weiter gehende Forderungen hatten. Sie wollen, dass die israelische Armee den ganzen Gazastreifen besetzt beziehungsweise eine totale Blockade des nördlichen Teils.

Trumps Waffenstillstand käme womöglich auch für Israel nicht ungelegen. Es kommt zu „schwierigen Sicherheitsvorkommnissen“ in Gaza – so werden durch die Militärzensur Angriffe der Hamas mit toten und verletzen israelischen Soldaten umschrieben. Immer wieder müssen Reservisten eingezogen werden, die dann der Wirtschaft fehlen. Regelmäßig greifen die Ansar Allah („Huthi“) mit ihren Raketen Israel selbst oder Schiffe an, lösen Luftalarm aus und unterbrechen den internationalen Flugbetrieb sowie den israelischen Alltag. Die Schäden, die iranische Raketen verursacht haben, sind noch nicht einmal vollständig erfasst, von einer Behebung kann keine die Rede sein.

Eine vorübergehende Waffenruhe scheint somit nicht ausgeschlossen. Die USA könnten Israels Waffenlager wieder auffüllen und am Ende gibt es ja noch den „Plan B“.

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"Waffenruhe und „Plan B“", UZ vom 11. Juli 2025



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