Zur Aktion „Adenauer SRP+“ des „Zentrums für politische Schönheit“

Weidels Helfer

Am 20. Juli erhielt das ARD-Sommerinterview mit der AfD-Kovorsitzenden Alice Weidel überproportionale Publizität. Von einem umgebauten Gefangenentransporter aus wurde das Gespräch, das im Freien stattfand, mit Hilfe großer Lautsprecher gestört, Trillerpfeifen und Hupen kamen hinzu – die Aktion schaffte es in alle Fernsehnachrichten. Weidel selbst reagierte gelassen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann meinte bei RTL/ntv, wenn man die AfD stark machen wolle, solle man ruhig solche Interviews stören. Man könne den Wähler nicht ignorieren und „kaputtschreien“, sondern müsse die AfD inhaltlich bekämpfen. Die zehn Millionen AfD-Wähler seien nicht von heute auf morgen weg. Der Mann hat recht.

Allerdings darf man gespannt sein, wie er auf das freundliche Zusammentreffen der brandenburgischen CDU-Bundestagsabgeordneten Saskia Ludwig mit Weidel bei einem Treffen rechter und faschistischer Politiker in Ungarn am vergangenen Wochenende reagiert. Ludwig, die sich schon im Januar für eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen hat, ist so etwas wie deren U-Boot innerhalb der CDU/CSU-Fraktion. An dem Treffen in Esztergom nahm übrigens auch der Silicon-Valley-Milliardär und Förderer Donald Trumps, Peter Thiel, teil. Die Symbiose von CDU/CSU mit der AfD und deren reichen Sponsoren ist weit gediehen. Eine Zäsur war – maßgeblich durch Ludwig vorangetrieben – die Ablehnung der SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht. Große Teile der CDU/CSU-Fraktion folgten einer von rechten und faschistischen Medien orchestrierten Lügenkampagne.

Ein Effekt der Störaktion gegen Weidel ist: Sie lenkt auch von solchen gravierenden Verschiebungen im politischen Gefüge ab. Das erwähnt Linnemann selbstverständlich bei seiner Kritik nicht. Bei der AfD handelt es sich schließlich um eine Partei, die in entscheidenden Punkten fest auf dem Boden eines antisozial-autoritären Kapitalismus steht.

Auch das „Zentrum für politische Schönheit“, das seiner Internetseite nach Lärm für Antifaschismus hält, schweigt davon. Was die Aktivisten inhaltlich von sich geben ist völlig im Sinn der bundesdeutschen Staatsideologie. Sie haben ihren umgebauten Gefangenenbus „Adenauer SRP+“ genannt. Begründung: „Der Zusatz ‚SRP+‘ ist eine Anspielung auf die erste rechtsextreme Partei, die in der Bundesrepublik jemals verboten wurde: diese Erfolgsstory der Demokratie ist ein leuchtendes Beispiel für ihre Verteidigung.“ Die SRP sei wie die AfD „ein Wiederbelebungsversuch der Ideologie der NSDAP, der mit scharfen rechtlichen Maßnahmen unter der Führung des Bundesinnenministers Robert Lehr (CDU) gestoppt wurde.“ Das Verbot der SRP sei „ein Meilenstein für die wehrhafte Demokratie und ein klares Zeichen, dass rechtsextreme Hetze in Deutschland keinen Platz hat.“

Das „+“ steht für die Erweiterung dieses Geistes in unsere Zeit.

Lehr (1883 bis 1956), als ehemaliger DNVP-Politiker einer derjenigen, die Hitler an die Macht brachten, verbot auch die FDJ in der BRD wegen ihres Widerstands gegen die Wiederbewaffnung. Er war federführend beim KPD-Verbotsantrag und nicht zufällig Nachfolger Gustav Heinemanns, der wegen der Kriegspläne Adenauers als Innenminister 1950 zurücktrat – aber was interessieren solche Kleinigkeiten Pfeifer und Tuter? Von Krieg und Hochrüstung reden sie nicht. Wer solche Antifaschisten hat, benötigt keinen Thiel, keine Ludwig, keine Weidel, keine AfD. Schließlich ist man sich offenbar einig, von Raketenstationierung, Kriegstüchtigkeit und Vorbereitung auf den nächsten Feldzug Richtung Osten gemeinsam zu schweigen. Oder sie gemeinsam voranzutreiben. Da hilft eine PR-Aktion für Weidel.

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"Weidels Helfer", UZ vom 8. August 2025



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