Die Deutschen Leichtathletikmeisterschaften in Dresden

WM-Qualifikation und Werben fürs Sterben

Jonas Lang

Vom 31. Juli bis zum 3. August haben die Deutschen Leichtathletikmeisterschaften im Rahmen des mehrere Sportarten umfassenden Programms „Die Finals“ in Dresden stattgefunden. Die besten Athletinnen und Athleten der Nation kamen hier im nach dem Dresdner Kommunisten, Arbeitersportler und Widerstandskämpfer benannten Heinz-Steyer-Stadion zusammen, um sich in den verschiedenen Disziplinen zu messen und um die Chance auf einen Platz im deutschen Kader für die im September anstehenden Weltmeisterschaften in Tokio zu ergattern.

Den Startschuss machten die Mehrkämpferinnen und -kämpfer am Donnerstag und Freitag vergangener Woche. Im Siebenkampf der Frauen setzte sich bereits am Donnerstag die frühere U20-Europameisterin Sandrina Sprengel (LG Steinlach-Zollern) mit über 200 Punkten Vorsprung von ihrer Konkurrenz ab. Bei den Männern wurde es dann der von Gold-Gewinner Tim Nowak (SSV Ulm 1846) gewünschte „Zehnkampf mit Höhen und Tiefen“, so verlor der bis zum Hochsprung führende Manuel Eitel seinen ersten Platz durch drei ungültige Versuche bei seiner Einstiegshöhe und auch der bis zum Stabhochsprung am Donnerstag Zweite, Nico Beckers (Track&Field Tigers) konnte seine Medaille nicht in den Speerwurf hinein retten. So konnte sich Nowak den Meistertitel mit fast 600 Punkten Vorsprung vor dem Frankfurter Andreas Bechmann sichern.

Bei den Einzeldisziplinen gab es wenig Überraschungen, bis auf einen Krimi in der 100-Meter-Staffel der Männer, in der gleich fünf Teams disqualifiziert wurden. Am Ende setzten sich hier die vier der LG Stadtwerke München 1 durch. Im Finale der 400-Meter-Hürden der Frauen konnte Eileen Demes (TV 1861 Neu-Isenburg) nicht nur Gold und damit den Deutschen Meistertitel gewinnen, sondern auch noch einen neuen Meisterschaftsrekord aufstellen.

Im am Samstag und Sonntag ausverkaufte Heinz-Steyer-Stadion lieferten zahlreiche Athletinnen und Athleten unter großem Ansporn aus dem Publikum ihre persönlichen Bestleistungen, der Zehnkämpfer Bastian Piwonski (TSV Bayer 04 Leverkusen) sogar in gleich mehreren Disziplinen.

Auch die Stars der deutschen Leichtathletik und Olympia-Medaillengewinner Yemisi Ogunleye, Leo Neugebauer, Malaika Mihambo und Gina Lückenkemper nahmen teil, Neugebauer am Zehnkampf jedoch außer Wertung. Ogunleye (Kugelstoßen), Mihambo (Weitsprung) und Lückenkemper (100 m) konnten sich dagegen einen weiteren Meisterschaftstitel holen. Für sie sowie für Sandrina Sprengel und den deutschen Meister im Hammerwerfen, Merlin Hummel (LG Stadtwerke München), geht es im September nach Tokio.

Neben dem Sportlichen fiel vor allem die Bundeswehr-Propaganda auf, die im und ums Stadium verbreitet wurde. Gleich zwei Werbetrucks standen bereit, um jungen Sportlern scheinbar verlockende Angebote als Sportsoldaten zu machen. Wie auch bei ihren Rekrutierungsversuchen an Schulen und auf Berufsmessen versucht die Armee, sich die prekäre ökonomische Situation junger Leute für ihre Nachwuchsgewinnung zunutze zu machen: Über ein Drittel der in einer Studie der Deutschen Sporthochschule Köln 2021 befragten Athletinnen und Athleten gaben an, sich aufgrund ihrer finanziellen Lage nur unzureichend auf den Sport konzentrieren zu können.

Immer wieder wird von Sportverbänden Kritik an der Sportförderung des deutschen Staates laut, passieren tut wenig. So wundert es kaum, dass bis auf eine Ausnahme alle Rekorde im Heinz-Steyer-Stadion seit 1945 von Athletinnen und Athleten der Deutschen Demokratischen Republik errungen wurden. Im Kapitalismus wird nur der Sport gefördert, der sich vermarkten lässt, und da eignet sich der schnelllebige Fußball eben besser als die langsamere Leichtathletik. Dazu kommt, dass die Sportverbände selbst für ihre Finanzierung verantwortlich sind, sich also Sponsoren suchen müssen – zwecks Nachwuchswerbung springt die Bundeswehr da gerne ein. Zynisch nur, dass im nach dem von der faschistischen Wehrmacht ermordeten Heinz Steyer benannten Stadion die Nachfolger der Mörder wieder für neues imperialistisches Morden werben dürfen – Blut ist eben immer noch rot.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"WM-Qualifikation und Werben fürs Sterben", UZ vom 8. August 2025



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Haus.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit