Syriza verhandelt, PAME protestiert

Zweifrontenverhandlung

Von Olaf Matthes

„Unsere Bedürfnisse können nicht warten“ – damit rief die klassenbewusste Gewerkschaftsfront PAME für den 11. Juni zu landesweiten Demonstrationen auf. „Jetzt und hier, gegen den Terror und die Erpressungen, müssen wir kämpfen für die Erhöhung der Gehälter und Renten, für den Ausgleich aller Verluste des Volkes, für die Wiederherstellung aller Tarifverträge, für den Schutz der Arbeitslosen.“ 200 Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter hatten am Morgen das Finanzministerium besetzt und ein Transparent entrollt, mit dem sie zur Gegenwehr gegen von ihnen erwartete neue Kürzungen forderte. Ein „neues Memorandum“ müsse verhindert werden.

Auch innerhalb der linken Regierungspartei Syriza gibt es Kritik: Abgeordnete und Vertreter der „Linken Plattform“ in Syriza forderten, die im Wahlkampf angekündigten sozialen Erleichterungen sofort umzusetzen – auch ohne Rücksicht auf die laufenden Verhandlungen mit den Gläubiger-Institutionen.

In diesen Verhandlungen war das Treffen der Euro-Finanzminister am 18. Juni als ein weiterer endgültig letzter möglicher Termin für eine Einigung beschrieben worden. Die SZ berichtete jedoch, dass die Eurogruppe bereits Vorkehrungen treffe, um Kontrollen des Zahlungsverkehrs zwischen Griechenland und den anderen Euro-Ländern einzuführen – für den Fall, dass sich die griechische Regierung immer noch weigern sollte, ihre Unterschrift unter das Diktat der Gläubiger zu setzen. Und während Syriza-Parlamentarier darüber diskutierten, ob eine „ehrenhafte“ Einigung möglich sei, forderte BDI-Präsident Ulrich Grillo in der FAZ: Ein „ehrenvoller Abschied aus dem Euro“ müsse möglich sein.

Angela Merkel hatte zuvor – auch gegen solche Kritik – die Parole ausgegeben: „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.“ Gemeint ist der Wille der Bundesregierung, auch weiterhin Steuermilliarden zu verwenden, um die Erpressung mit Hilfe der Staatsschulden aufrechtzuerhalten und damit die Eurozone als Spielfeld der größten Kapitalgruppen zu stabilisieren – und der Wille der griechischen Regierung, auch weiterhin das Spardiktat im eigenen Land abzusichern. Der griechische Finanzminister Varoufakis bekundete im Interview mit dem Tagesspiegel den Willen, den Gläubigern zumindest teilweise entgegenzukommen: „Obwohl es immer heißt, wir wären nicht konstruktiv, haben wir sogar gegen unsere Versprechen verstoßen und viele unserer roten Linien überschritten.“ Dennoch verhandelt die griechische Regierung an zwei Fronten – mit den Gläubigern und mit den Kritikern in Syriza, sie kann den Gläubigern nur so weit entgegenkommen, dass die eigene Mehrheit im Parlament noch gesichert bleibt.

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"Zweifrontenverhandlung", UZ vom 19. Juni 2015



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