Gewerkschaften legen ihre Forderungen für die Tarifrunde der Länder vor

300 Euro mehr

Am 17. November haben die Tarifkommissionen der Gewerkschaften ver.di, GEW und IG BAU die Tarifforderungen für die rund 2,6 Millionen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst der Länder beschlossen. Dabei folgten sie der in der Forderungsbefragung vorgegebenen Orientierung und legten den Schwerpunkt auf die Lohnfrage. Im ver.di-Bereich hatten sich über 68.000 Beschäftigte an der Befragung beteiligt und ihre Vorstellungen eingebracht. Nach der Beschlussfassung in der Bundestarifkommission der verhandlungsführenden Gewerkschaft ver.di steht nun fest, dass sie in den kommenden Monaten vor allem für eine Erhöhung der Entgelte um 7 Prozent, mindestens aber um 300 Euro mehr pro Monat kämpfen werden. Zusätzlich wird gefordert, alle Zeitzuschläge – für Überstunden, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit – um 20 Prozent zu erhöhen und damit die Arbeit zu belastenden Zeiten besser zu vergüten. Für die Auszubildenden ist die Frage nach Vergütungen, die angesichts der Preissteigerungen ein eigenständiges Leben ermöglichen, noch wichtiger. Sie fordern eine Erhöhung von 200 Euro und die unbefristete Übernahme nach der Ausbildung.

An der Forderungsbefragung hatten sich auch 5.000 studentische Beschäftigte beteiligt, für die erstmals ein Einstiegsgehalt von 17 Euro pro Stunde tarifiert werden soll sowie eine Mindestlaufzeit der Arbeitsverträge von 24 Monaten bei einem Mindeststundenumfang von 40 Arbeitsstunden im Monat. Zudem formulieren die Gewerkschaften die Erwartung an die Arbeitgeber, Benachteiligungen von Beschäftigten in den ostdeutschen Bundesländern aufzuheben, einen zusätzlichen freien Tag pro Jahr für Gewerkschaftsmitglieder zu vereinbaren und weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität im Öffentlichen Dienst der Länder zu vereinbaren.

Diese Erhöhung der Attraktivität zieht sich in Kombination mit weiteren Schlagworten, die für mehr Wertschätzung im öffentlichen Dienst stehen, wie ein roter Faden durch die gewerkschaftlichen Flugblätter. ver.di veröffentlichte den Forderungsbeschluss unter der Überschrift „Anerkennung, Respekt, Zukunft“ und betont, dass ein öffentlicher Dienst nur funktioniert, wenn die Beschäftigten dementsprechend behandelt werden. Bei der GEW wird in der zentralen Pressemitteilung herausgestellt, dass es nicht um Luxusforderungen geht, sondern um Respekt und Anerkennung durch Löhne, von denen man leben kann, und Arbeitsbedingungen, die gesund erhalten. Die politische Einordnung der zu erwartenden Auseinandersetzungen in der Tarifrunde kommt dagegen zu kurz. ver.di ordnet im Flugblatt für alle Beschäftigten nur kurz ein, worum es geht: „Das politische Klima, in dem die Verhandlungen stattfinden, ist rau. Der Sozialstaat soll zunehmend weggekürzt werden“ und mit der Infragestellung des 8-Stunden-Tags werde eine zentrale Errungenschaft der Arbeiterbewegung angegriffen. Klarer positioniert sich die ver.di-Jugend in ihrer Botschaft an die Auszubildenden: „2025 stehen wir vor massiven Herausforderungen: Die Klimakrise verschärft sich, internationale Konflikte prägen die politische Lage, der Wohnungsmarkt ist angespannt und der Fachkräftemangel bleibt dramatisch. Gleichzeitig erleben wir massive Sozialkürzungen und die Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht – ohne dass wir jungen Menschen dabei überhaupt gefragt werden.“

Ähnlich wie in der Tarifrunde für den Öffentlichen Dienst der Länder wird es die Aufgabe der Beschäftigten sein, die Verknüpfung mit der Kriegs- und Krisenpolitik der politisch Verantwortlichen in die Streikzelte und auf die Bühnen zu bringen. Nicht nur an den Streiktagen, sondern auch an den normalen Arbeitstagen gilt es, bis zur dritten und voraussichtlich letzten Verhandlungsrunde am 11./12. Februar 2026 mit den Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren und herauszuarbeiten, was das Besondere in dieser Tarifrunde ist. Der öffentliche Dienst soll im Auftrag der großen Konzerne und nach Willen von Merz und Co. in Frage gestellt und gezielt angegriffen werden. Das Geld wird für Aufrüstung und die Gewinne der Rüstungskonzerne gebraucht, da ist kein Platz für Respekt und Anerkennung. Es sei denn, die Beschäftigten erkämpfen sich diesen ab dem ersten Tag der Tarifverhandlungen am 3. Dezember. 300 Euro mehr wird es nur geben, wenn der Glaube an Sozialpartnerschaft ersetzt wird durch das Anerkennen, dass wir uns im Klassenkampf befinden – auch in einer Tarifrunde im öffentlichen Dienst.

Vernetzungskonferenz
23. November, 18 bis 19.30 Uhr
Auf unserer dritten Videokonferenz zur Tarifrunde der Länder schauen wir uns den Forderungsbeschluss der Bundestarifkommissionen an und beraten die nächsten Schritte. Die Teilnahme ist für alle Genossinnen und Genossen aus TdL-Betrieben sowie Grundorganisationen sinnvoll, die die Tarifrunde an einem Betrieb solidarisch unterstützen wollen. Anmeldung: betrieb.gewerkschaft@dkp.de

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    "300 Euro mehr", UZ vom 21. November 2025



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