Arabische Staaten diskutieren Pläne für Gaza

Absage an Fremdbestimmung

Die Versorgungslage in Gaza hat sich gebessert, seit der bedingte Waffenstillstand in Kraft trat. Doch noch immer ist es zu wenig, sind zu wenige Grenzübergänge geöffnet und wird internationales Hilfspersonal behindert. In den ersten Wochen wurden nur 1.000 Tonnen Nahrungsmittel pro Tag geliefert, kaum genug, um den dringendsten Bedarf zu stillen.

Das israelische Militär tötete in den ersten vier Wochen des Waffenstillstands mehr als 240 Palästinenser. Und weiterhin sind die Palästinenserinnen und Palästinenser ohne Schutz vor dem kommenden Winter mit Kälte und Wind. Der „Norwegische Flüchtlingsrat“ teilte mit, dass die israelischen Behörden 23 Anfragen von neun Hilfsorganisationen wegen der Lieferung von Zelten, Bettwäsche und Küchengeräten abgelehnt haben.

Der türkische Außenminister Hakan Fidan warnte davor, dass Israel seinen Verpflichtungen aus dem Waffenstillstand nicht nachkomme und nach Ausreden suche, den Waffenstillstand zu beenden.

Um Donald Trumps 20-Punkte-Plan umzusetzen, haben die USA ein „militärisch-ziviles Koordinierungszentrum“ im Süden Israels eingerichtet. Vertreter von 40 internationalen Organisationen und Staaten sind dort mittlerweile vertreten. Von hier sollen Hilfslieferungen und Wiederaufbaumaßnahmen koordiniert werden. Das Koordinierungszentrum soll die bisherige alleinige Kontrolle Israels über die Hilfslieferungen ergänzen.

Die „internationale Stabilisierungstruppe”, die die Kontrolle über Gaza übernehmen und die Hamas entwaffnen soll, soll vor allem von Staaten der Arabischen Liga und der „Organisation für islamische Zusammenarbeit“ gestellt werden. Ihr Oberkommando soll in enger Zusammenarbeit mit Ägypten und – ausgerechnet – Israel agieren. Die Türkei und Vertreter von Indonesien, Pakistan, Saudi-Arabien und Jordanien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten diskutierten auf einer Konferenz in Istanbul ihre Teilnahme an der Stabilisierungstruppe. Mögliche Teilnehmerstaaten machten klar, dass sie nur unter einem UN-Mandat dazu bereit wären.

Die israelische Regierung versuchte zunächst, ein UN-Mandat auszuschließen, musste aber auf internationalen Druck hin nachgeben. Jetzt nimmt sie Einfluss auf den Entwurf einer Resolution, die die USA zum Aufbau einer Stabilisierungstruppe formulieren. Außenminister Fidan bot die Unterstützung für den Friedensplan an – auch mit türkischen Truppen. Voraussetzung sei, dass Bedingungen und Rahmenpläne so gestaltet sind, dass die Türkei sie klar unterstützen könne. Doch US-Außenminister Marco Rubio hat bereits erklärt, dass die Schutztruppe auch die Zustimmung Israels braucht. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat sich aber bereits gegen eine Beteiligung der Türkei ausgesprochen. Wie in Syrien ist auch in Gaza der Einfluss der Türkei für Israel eine „rote Linie“.

In einem symbolischen Akt ohne praktische Konsequenzen hat mittlerweile das Büro des obersten Staatsanwalts in Istanbul Haftbefehl gegen 37 führende Vertreter von Regierung und Militär Israels erlassen, darunter Benjamin Netanjahu und Itamar Ben-Gvir. Der Vorwurf: Genozid in Gaza und der Angriff auf die Global Sumud Flotilla.

Anders als von US-Präsident Trump gewünscht, bestanden die Teilnehmer an der Konferenz in Istanbul darauf, dass die Palästinenser – mit Unterstützung der „Internationalen Gemeinschaft“ – sich selbst regieren, sowohl in Sicherheitsfragen als auch in der allgemeinen Verwaltung. Nur damit könne Stabilität für Gaza erreicht werden. Sie erteilten damit zunächst einmal einem „Gouverneur Trump“, der als Vorsitzender eines „Friedensrats“ (Board of Peace) Gaza regieren soll, eine Absage.

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"Absage an Fremdbestimmung", UZ vom 14. November 2025



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