Amazon-Prime-Days: Streik in Rheinberg

Arbeitsbedingungen „katastrophal“

ver.di hat die diesjährigen „Amazon Prime Days“ mit einem Streik begonnen. Vor dem Verkaufsevent, das am 8. Juli startete, rief die Gewerkschaft die Beschäftigten am Standort im nordrhein-westfälischen Rheinberg zu einem mehrtägigen Streik auf.

Die „Prime Days“ zählen für Amazon zu den umsatzstärksten Tagen im Jahr. ver.di fordert vom US-Monopolisten im Onlinehandel die Anerkennung der Tarifverträge des Einzel- und Versandhandels und will darüber hinaus Vereinbarungen über gute und gesunde Arbeitsbedingungen erstreiten. „Während Amazon Milliardengewinne einfährt, sehen sich die Beschäftigten weiterhin mit sehr hohen Arbeitsanforderungen, unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und fehlender Tarifbindung konfrontiert“, so Tim Schmidt, der zuständige Gewerkschaftssekretär bei ver.di. Er verweist unter anderem auf die Hochzeit des Amazon-Gründers Jeff Bezos in Venedig, die ein „dekadentes Spektakel der Superreichen“ gewesen sei. Den Beschäftigten verweigere man gleichzeitig faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen.

So sehen es auch die Kolleginnen und Kollegen im Amazon-Logistikzentrum in Werne. Sie nahmen die Prunk-Hochzeit des Konzerngründers zum Anlass, um in einen zweitägigen Streik zu treten. Die Arbeitsbedingungen in Werne seien nach wie vor „katastrophal“.

Die Arbeitsbedingungen bei Amazon sind immer wieder Gegenstand von Kritik. Beschäftigte, die in Verteilzentren arbeiten, berichten von ständiger Überwachung durch Apps, Scanner und Kameras. Diese erfassen jede Bewegung, jede Pause wird dokumentiert. Der permanente Druck mache krank, so die Beschäftigten. Deshalb fordert ver.di verbindliche tarifliche Regelungen zu „guter und gesunder Arbeit“. Der US-Konzern setzt dagegen auf Anwesenheitsprämien, um die hohen Fehlzeiten zu senken. Beschäftigte erhalten Boni, wenn sie regelmäßig zur Arbeit erscheinen – auch bei gesundheitlichen Problemen.

Einen Erfolg gegen die gewerkschaftsfeindliche Praxis von Amazon konnte ver.di vor Gericht erzielen. Das Arbeitsgericht Dortmund stellte am 11. Juni fest, dass ein 2024 von der Amazon Logistik Werne GmbH ausgesprochenes Hausverbot gegen Gewerkschaftssekretär Philip Keens rechtswidrig ist. Keens hatte im Juli letzten Jahres an einer Betriebsversammlung in Werne teilgenommen. Amazon warf ihm vor, im Anschluss zu einem Streik aufgerufen zu haben, und erteilte daraufhin das Hausverbot. Die 7. Kammer des Arbeitsgerichts Dortmund bestätigte nun, dass gemäß Paragraf 2, Abs. 2 BetrVG ein Beauftragter einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft Zugang zum Betrieb hat. Ein einmaliger – und zudem strittiger – Streikaufruf während oder im Anschluss an eine Betriebsversammlung rechtfertige kein dauerhaftes Hausverbot.

Laut ver.di sind bei Amazon in Deutschland aktuell rund 40.000 Menschen fest angestellt. Der US-Konzern hat seine Präsenz hierzulande ausgeweitet und betreibt nun 23 Logistik-, 9 Sortier- und 60 Verteilzentren. Mit dem sogenannten „Amazon Tower“, einem Hochhaus an der Warschauer Brücke, hat Amazon zudem Berlins höchsten Bürogebäude in Beschlag genommen. Bis zu 3.000 Beschäftigte sollen hier künftig für den Konzern arbeiten.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Arbeitsbedingungen „katastrophal“", UZ vom 11. Juli 2025



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Tasse.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit