Urenco liefert entgegen dem eigenen Grundlagenvertrag atomaren Sprengstoff

Auf dem Weg zur deutschen Bombe

Von Klaus Wagener

Schon Franz-Josef Strauß wollte sie. Konrad Adenauer versuchte sie als „Weiterentwicklung der Artillerie“ zu verkaufen. Die deutsche Atombombe. Doch den Strategen in den USA passten die Extratouren des westdeutschen Vasallen nicht.

Heute, nach fast 70 Jahren, scheint das US-Imperium geschwächt. Die deutsche EU fordert „strategische Autonomie“. Und die ist, wie uns das für solche Fälle bereitwillig assistierende NDR-Magazin „Panorama“ klargemacht hat, ohne die deutsche Bombe nicht zu haben. Als Angela Merkel den Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg verkündete, war klar, dass zwar einige AKW abgeschaltet, die deutschen Atomwaffenambitionen aber keineswegs mitbegraben werden würden. Ein Trumpf in diesem Spiel ist die deutsch-niederländisch-britische Atomfirma „Urenco“. Die deutschen Atomkraftwerksbetreiber RWE und E.ON besitzen jeweils ein Sechstel der Anteile. Urenco liefert Kernbrennstäbe in alle Welt, Weltmarktanteil ca. 30 Prozent. Und wie die Tagesschau berichtete, produziert und liefert Urenco über die US-Firma Westinghouse waffenfähiges Tritium (überschwerer Wasserstoff), der für die Sicherung der Einsatzfähigkeit des US-Atomwaffenarsenals benötigt wird. Das Wasserstoffisotop Tritium hat eine Halbwertzeit von 12,3 Jahren. Der Kernsprengsatz muss routinemäßig ausgetauscht werden. Urenco kann in seinen Zentrifugen atomaren Sprengstoff natürlich nicht nur für das Pentagon produzieren. In Anlagen dieses Typs ist auch die Herstellung von hochangereichertem, waffenfähigem Uran 235 möglich – wenn das „Nachdenken“ konkrete Ergebnisse zeitigt.

Nachdem die Kriegsprediger Gauck und von der Leyen 2014 in München den Einsatz (die „Verantwortung“) der Bundeswehr in der Welt gefordert haben, sind in Berlin offensichtlich alle Dämme gebrochen. Waffenlieferungen in Krisen- und Kriegsgebiete, an despotische Potentaten sind genauso selbstverständlich wie die Teilnahme an Angriffskriegen und Militärinterventionen, immer gerade da, wo es den Generälen passend erscheint. Und selbstverständlich folgt jetzt auch, entgegen allen atomaren Abrüstungsbeteuerungen, der Bruch des deutsch-niederländisch-britischen Grundlagenvertrags für den Betrieb der Urenco (Vertrag von Almelo), der Lieferung für militärische Zwecke ausschließt. Ebenso wie der Bruch des Atomwaffensperrvertrages, der in Artikel III fordert: „Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, (…) die Erfüllung seiner Verpflichtungen aus diesem Vertrag nachzuprüfen, damit verhindert wird, dass Kernenergie von der friedlichen Nutzung abgezweigt und für Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper verwendet wird.“

Seit Donnerstag vergangener Woche verhandeln 130 UNO-Staaten über ein rechtlich verbindliches Atomwaffenverbot. Die Friedenskämpfer aus der Berliner Regierung nehmen nicht teil. Die Verhandlungen würden wenig Sinn machen, weil die Atomwaffenstaaten nicht teilnähmen, meinte Außenminister Sigmar Gabriel. Das ist so ungefähr die „Logik“, nach der es keinen Sinn ergibt, ein Verbot für Mord zu fordern, wenn der Mörder nicht sein OK gibt.

Das „Nachdenken“ über die deutsche Bombe wird inzwischen von vielen betrieben. Im „Tagesspiegel“ bringt es ein Maximilian Terhalle auf den Punkt: „Deutschland braucht Atomwaffen, um Russland abzuschrecken.“ Nach zwei brutalen Vernichtungskriegen stehen deutsche Panzer wieder an der russischen Grenze. Ziemlich genau da, wo die Heeresgruppe Nord 1941 auf Leningrad vorstieß, um die Stadt dem Verhungern preiszugeben. Mehr als eine Million Sowjetbürger kamen um. „Atomwaffen, um Russland abzuschrecken“ – wenn das der „Führer“ noch erleben könnte.

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"Auf dem Weg zur deutschen Bombe", UZ vom 23. Juni 2017



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