UZ veranstaltet zusammen mit „Cuba Libre“, dem Magazin der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, regelmäßig Leserreisen auf die sozialistische Insel. Auf diesen Reisen stehen die kubanische Revolution, der Aufbau des Sozialismus sowie Solidaritätsprojekte der DKP vor Ort im Vordergrund. Peter Weyland, Mitglied des Parteivorstandes der DKP, hat an der Leserreise zum 1. Mai in Havanna teilgenommen. UZ sprach mit ihm über seine Eindrücke.
UZ: Peter, du warst mit einer elfköpfigen Reisegruppe auf UZ-Leserreise in Kuba. Seid ihr mit Soli-Gepäck auf die Insel geflogen?
Peter Weyland: Wir hatten Hygieneartikel dabei – Duschgel, Seifen, Tampons, Kondome … Die haben wir teilweise bei einem Kulturprojekt für Jugendliche und teilweise in einer Schule abgegeben. Dann hatten wir für Schulen und für die Kinder und Jugendlichen in Cárdenas Malzeug, Schulhefte, Stifte et cetera. Zudem haben wir Medikamente mitgenommen – die haben wir in Cárdenas und in einer Familienarztpraxis gelassen. Und es gab eine Lieferung von gebrauchten Brillen. Die ist an das ICAP gegangen, das Kubanische Institut für Völkerfreundschaft. Darüber hinaus hatten wir Bettlaken für die Klinik „Rosa Luxemburgo“ in Cárdenas dabei, also die Kinderklinik, die mit Hilfe eines Solidaritätsprojektes der DKP entstanden ist.
UZ: Kuba leidet seit über 60 Jahren unter der US-Blockade. Wie stark spürt man deren Auswirkungen als Tourist?
Peter Weyland: Leider spürt man die zuhauf. Wir waren ja nicht ganz so touristisch unterwegs. In den großen Hotels gibt es in der Regel Notstromaggregate. Da fällt es wahrscheinlich nicht so doll auf mit dem Strom und dem fehlenden Treibstoff. Wir hatten in unseren Hotels und auch sonst eigentlich täglich Stromausfälle. Wir hatten auch mit unserem Bus teilweise Schwierigkeiten. In Santa Clara zum Beispiel musste der Busfahrer 120 Kilometer weit fahren, um zu tanken, dann kam er wieder zurück und hat uns am nächsten Tag mitgenommen. Also 240 Kilometer umsonst.
Was man auch sieht, auch als Tourist, sind ziemlich viele Müllabladeplätze, gerade für Plastikmüll. Der Abfall kann nicht abgefahren werden, wenn die Müllabfuhr kein Benzin hat. Das ist sehr unangenehm und natürlich auch ein medizinisches Problem.
Darüber hinaus führt die Blockade dazu, dass die Kubaner teilweise darauf aus sind, Devisen zu bekommen. Gerade in Havanna wird man ziemlich viel angequatscht, ob man nicht Euros hätte. Man könne sich sonst dies und jenes nicht kaufen. Wobei es immer schwierig ist, auseinanderzuhalten, inwieweit das tatsächlich so ist oder diejenigen halt damit spielen, dass die Reisenden uninformiert sind und nicht wissen, was es auf Libreta, das staatliche Verteilungssystem, gibt und was nicht.
Aber die Versorgungssituation insgesamt war nicht gut. Die Mangos sind zwar an den Bäumen und sehen schön reif aus, können aber nicht geerntet werden, weil sie nicht weggefahren werden können. Durch den Treibstoffmangel gab es zum Beispiel für Touristen keinerlei Limetten für Mojitos. Auf den Fernstraßen waren wir teilweise alleine unterwegs mit unserem Bus. Weit und breit keine Fahrzeuge, höchstens Pferdekarren.
UZ: Ihr habt auf eurer Reise auch mit Vertretern von Gewerkschaften und der kubanischen KP gesprochen. Welche Probleme brennen Gewerkschaftern und unseren Genossen in Kuba aktuell am dringendsten unter den Nägeln?
Peter Weyland: Die Genossen sind zurückhaltend, wenn es darum geht über die Probleme zu sprechen, die ihnen echt unter den Nägeln brennen. Auch auf Nachfrage war das immer ein bisschen schwierig, weil man die Lage doch gerne etwas schöner darstellt, als sie ist. Ich glaube, das größte Problem für Kuba ist im Moment, dass sehr viele junge, gut ausgebildete Leute das Land verlassen und im Ausland arbeiten. Die imperialistischen Länder beschleunigen den Braindrain natürlich und nutzen aus, dass Kuba deren Ausbildung zahlt.
Das ist für das Land sehr schwierig. Es gibt nicht genügend Arbeitsplätze für junge Menschen. Wir haben das in einer Kaffee-Sortierfabrik live erlebt. Die dort Beschäftigten konnten nicht arbeiten, weil sie keinen Strom hatten. Hätten sie nun Strom, meinten sie, würden sie auch arbeiten, vorausgesetzt, sie bekommen Kaffee geliefert. Das setzt voraus, dass die Lieferanten Sprit haben. Wenn nachts doch wieder Strom fließt, rufen sie ihre Leute an. Die kommen dann zur Arbeit in die Fabrik. Ist der Strom wieder weg, gehen sie wieder nach Hause. Das sind keine günstigen Voraussetzungen dafür, als gut ausgebildeter Mensch langfristig effizient arbeiten zu können.
Das erschwert auch die Arbeit der Gewerkschaften. Die spielen in Kuba eine ganz andere Rolle als hierzulande. Für die Gewerkschaften ist die Versorgung des Landes das A und O – damit gearbeitet werden kann, damit das Land vorangebracht werden kann.
UZ: Hattest du den Eindruck, dass der Jugend klar ist, dass ihre Probleme vor allem durch die völkerrechtswidrige US-Blockade verursacht werden?
Peter Weyland: Zumindest diejenigen jungen Leute, mit denen wir gesprochen haben, wussten Bescheid. Die sind allerdings politisch engagiert. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass es neben den externen Problemen – verursacht durch die Blockade – durchaus auch interne Probleme gibt, die mit der Frage der Planung, der Verteilung und dem gesamten Prozess der Entwicklung in Kuba zu tun haben.
Das konnten wir aber nicht eingehend beleuchten, weil wir da nicht in der richtigen Position waren, solche Fragen mit den Genossinnen und Genossen zu besprechen. Und wir hatten oft relativ wenig Zeit bei den Terminen. Wenn man sich auf der Straße mit Menschen unterhalten hat, haben alle gesagt, die wirtschaftliche Situation im Moment sei kaum zu ertragen. Trotzdem haben sie betont, dass sie auf jeden Fall in einem sozialistischen Kuba leben wollen.
UZ: Ihr habt an der 1.-Mai-Feier in Havanna teilgenommen.
Peter Weyland: Wir waren auf der Tribüne vor dem Denkmal José Martís auf dem Platz der Revolution. Die Demonstration ist an uns vorbeigezogen. Das war sehr beeindruckend. Ich glaube, in Leipzig waren am 1. Mai ungefähr so viele Menschen auf der Straße wie in den ersten drei Reihen der Demo in Havanna. In Kubas Hauptstadt haben um die 600.000 Menschen an der Demo teilgenommen, landesweit über eine Million. Teilweise konnten Delegationen aus umliegenden Städten nicht nach Havanna kommen, weil sie keinen Sprit hatten. Selbst diese 600.000 waren überwältigend. Was uns aufgefallen ist: Die Demonstration wurde von zwei Sprechern kommentiert. Sie haben fast jeden Betrieb namentlich begrüßt, der vorbeimarschierte. Das wirkte sehr wertschätzend.

UZ: Ihr habt auch die Klinik „Rosa Luxemburgo“ besucht, die 2002 mit Spenden der DKP eingerichtet wurde.
Peter Weyland: Die Klinik scheint zu funktionieren, hat aber auch ihre Probleme – etwa die Versorgung mit Medikamenten und Strom. Teilweise müssen Therapien oder Diagnostik unterbrochen werden, wenn kein Strom da ist. Wenn mitten in einem EKG oder EEG der Strom ausfällt, gibt es keine Diagnose, und man muss wieder von vorne anfangen, wenn wieder Strom fließt. Sehr unangenehm ist das bei der Zahnärztin vor Ort: Ohne Strom kann die nicht weiterbohren.
Wir überlegen gerade, inwieweit wir Abhilfe schaffen können – vielleicht mit Solaranlage und Stromspeicher. Das ist noch in Abstimmung, weil die Geräte natürlich zum kubanischen Stromnetz passen müssen. Wir schicken der Klinik auch Medikamente.
UZ: Welchen Stellenwert genießen Umweltschutzprojekte in Kuba?
Peter Weyland: Wir haben das Centro de Estudios Ambientales de Cienfuegos (CEAC) besucht. Das Forschungszentrum arbeitet mit der UNO zusammen an Projekten wie der Speicherung von CO₂ in Mangrovenwäldern oder der Abwehr toxischer Algenblüten in kubanischen Buchten. Dort hielt man uns einen guten, ausführlichen Vortrag. Könnte Kuba CO2-Zertifikate gegen US-Dollar verkaufen, könnte das Land alleine mit der Versenkung von CO₂ in zwei Mangrovenwäldern etwa fünf Millionen US-Dollar pro Jahr einnehmen. Kubas Kraftwerke verursachen teilweise noch starke Emissionen. Mit dem Geld könnte man Energieprobleme auf dem internationalen Markt besser angehen. Man sieht mitunter schon, dass Solarkraftwerke neben alten Kraftwerken gebaut werden.
Beeindruckend fand ich auch das Naturschutzgebiet El Nicho. Das ist ein relativ großer Urwald mit interessanter Natur, der durchwandert werden kann. Der sollte immer im Programm der UZ-Leserreisen nach Kuba stehen. Sehr entspannend!
UZ: Was war dein persönliches Highlight der Reise?
Peter Weyland: Der Kongress der Solidaritätsgruppen am 2. Mai. Da sind zum Schluss Kinder aufgetreten, die über Kuba, die Situation auf der Insel und die Notwendigkeit von Solidarität mit dem kubanischen Volk geredet und eine kleine Tanzeinlage gegeben haben. Das war sehr bewegend. Genauso wie die Rede der Stellvertretenden Präsidentin des ICAP. Sie hat mit ihrer emotionalen Rede zu Gaza und Palästina den ganzen Saal mitgenommen. Manch einer hat ein Tränchen verloren.
UZ: Wirken sich die Erfahrungen, die du auf der Reise gemacht hast, auf deine politische Arbeit aus?
Peter Weyland: Ich engagiere mich jetzt verstärkt in der Kuba-Solidarität. Ich glaube, das geht allen Reiseteilnehmern so. Wir wollen die Auswirkungen des Embargos wenigstens abmildern. Natürlich werde ich auch persönlich darum kämpfen, dass sich mehr Leute in der Kuba-Hilfe und Kuba-Solidarität engagieren. Dafür, sich das selber anzugucken und es sich nicht nur als Tourist in irgendwelchen Hotels „all inclusive“ gut gehen zu lassen, sondern zu sehen, wo im Land Hilfe notwendig ist, um das zu erhalten, was wir dort haben.
Ich möchte mich bei den kubanischen Genossinnen und Genossen bedanken, dass sie uns das ermöglicht haben mit dem tollen Programm! Ich bin auf jeden Fall wild darauf, das zu wiederholen und meinen Beitrag dafür zu leisten, damit diese Revolution und der Sozialismus auf Kuba weitergehen können – vielleicht in einer Arbeitsbrigade.
Fotogalerie:
Reiseteilnehmerin Claudia Gabrian hat einen ganz persönlichen Reisebericht verfasst,
den wir im UZ-Blog veröffentlicht haben.
Am 1. Mai nach Havanna
Die nächste Reise von UZ und „Cuba Libre“ kann schon gebucht werden. Erneut kann man sich auf einen Höhepunkt freuen: Die Teilnahme an den Manifestationen am 1. Mai in Havanna.
Auf den Spuren der Revolution
22. April bis 9. Mai 2026
Die Reise führt in die Sierra Maestra, nach Santiago de Cuba, Santa Clara, Havanna und in das Valle de Viñales. Ein Reisepreis steht noch nicht fest.
Weitere Infos: reisen@unsere-zeit.de