Am 20. Oktober findet vor dem Landesarbeitsgericht Hamm die Verhandlung des AWO-Bezirks Westliches Westfalen gegen den 54-jährigen Altenpfleger R. M. aus Marl statt. Die AWO will dem Altenpfleger fristlos kündigen. Völlig unerwartet wurde der Kollege im März 2022 – kurz vor der Neuwahl des Betriebsrates – mit sechs Beschwerden von Bewohnern beziehungsweise Bewohnerinnen konfrontiert.
Der Betriebsrat bewertete die Angelegenheit insgesamt als sehr fragwürdig und machte erhebliche Bedenken gegen die Behauptungen geltend, zumal mehrere der ... Bitte hier anmelden
Bewohnerinnen und Bewohner gerontopsychiatrisch verändert seien. Außerdem stehe Aussage gegen Aussage und es lägen keine eindeutigen Beweise vor, die ihre Aussagen bestätigen würden. Deshalb verweigerte er seine Zustimmung zur fristlosen Kündigung. Die Initiative „Solidarisches Recklinghausen“ sieht die Vorwürfe als konstruiert an und geht davon aus, dass auf diesem Weg ein unbequemer Betriebsrat kaltgestellt werden soll.
Im März reichte der AWO-Bezirk Westliches Westfalen als Träger des Marler Seniorenzentrums Klage beim Arbeitsgericht in Dortmund ein, um sich die fehlende Zustimmung des Betriebsrates durch das Gericht ersetzen zu lassen. Aber auch das Arbeitsgericht Dortmund hat es abgelehnt, der fristlosen Kündigung von R. M. seine Zustimmung zu erteilen. Hierfür war die Tatsache ausschlaggebend, dass der AWO-Bezirk den Betriebsrat im März 2022 nicht ordnungsgemäß zu den Hintergründen der Kündigung angehört hatte. So habe ein entsprechendes Anhörungsschreiben gefehlt, in dem beispielsweise die konkreten Gründe für die fristlose Kündigung dargelegt worden seien. Eine unzureichende Unterrichtung des Betriebsrates führe jedoch – selbst wenn der Betriebsrat seine Zustimmung erteilt hätte – zur Unwirksamkeit der beabsichtigten Kündigung. Gegen diesen Gerichtsbeschluss hat der AWO-Bezirk Westliches Westfalen beim Landesarbeitsgericht in Hamm Beschwerde eingelegt.
Der von Kündigung bedrohte Altenpfleger ist seit fast 30 Jahren im Konzern AWO-Bezirk Westliches Westfalen tätig, zunächst als Auszubildender in der Altenpflegeschule im Lucy-Romberg-Haus in Marl, dann als Altenpfleger in einer Sozialstation des AWO-Stadtverbandes Marl und seit 1997 im Julie-Kolb-Seniorenzentrum in Marl. Dort war er die überwiegende Zeit als Nachtwache eingesetzt. Seit 1998 kandidierte er zu den Betriebsratswahlen und ist derzeit Stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrates.
Die Initiative „Solidarisches Recklinghausen“ unterstützt den Kollegen, der vor Gericht von seiner Gewerkschaft ver.di vertreten wird, und schätzt die Chancen für den Betriebsrat und Altenpfleger vor dem Landesarbeitsgericht optimistisch ein. „Immerhin hat das Landesarbeitsgericht Hamm erst am 18. Juli 2023 im Rahmen einer Berufungsklage entschieden, das R. M. Anspruch auf die rückwirkende Zahlung seiner Vergütung ab November 2022 hat“, so deren Sprecher Detlev Beyer-Peters.