Machenschaften gegen Betriebsräte müssen öffentlich gemacht werden

Union Buster entlarven

Union Busting ist ein in der BRD noch viel zu wenig erforschtes Phänomen, das auch in der breiten Öffentlichkeit kaum beleuchtet wird. Mit dem Begriff wird die systematische Bekämpfung von Gewerkschaftsarbeit und Betriebsräten beziehungsweise deren Gründung bezeichnet. Hierfür gibt es unterschiedliche Methoden und zuständige Stellen in- und außerhalb der Konzerne und Unternehmen. Betriebsinterne Stellen für das Union Busting fungieren unter verschiedenen Namen wie „Labour Relations Department“, also Abteilung für Arbeitsbeziehungen, oder werden als interne Revision geführt.

Laut Elmar Wiegand, Pressesprecher des Vereins Aktion gegen Arbeitsunrecht, gibt es konzerninterne Stabsstellen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überwachen – quasi in geheimdienstlicher Funktion. Diese Stellen könnten natürlich auch zur Überwachung und Drangsalierung von Betriebsräten genutzt werden. Vor allem US-amerikanische Unternehmen wie UPS oder Amazon seien dazu übergegangen, Betriebsratswahlen nicht mehr zu verhindern, sondern sie zu gewinnen. Dazu werden managementtreue Günstlinge für Kandidaturen eingesetzt oder Anti-Betriebsratslisten aufgestellt. Letzteres wird Astroturfing genannt, was wörtlich aus dem Englischen übersetzt „Kunstrasen“ bedeutet. Gemeint ist eine künstlich erzeugte Graswurzelbewegung, welche insbesondere in den USA politische Public-Relations- und kommerzielle Werbekampagnen durchführt. Astroturfing zielt darauf ab, den Eindruck einer spontanen Bewegung von unten vorzutäuschen. Dabei soll der Anschein einer unabhängigen öffentlichen Meinungsäußerung über Politiker, politische Gruppen, Ereignisse und Ähnliches erweckt werden. Tatsächlich werden Verhalten und Meinungsäußerungen jedoch zentral gesteuert, was sich auch auf die betriebliche Ebene übertragen lässt.

Es werde dann so getan, als bildeten sich diese Listen aus der Belegschaft, die aber im Grunde vom Management oder den internen Stabsstellen angeleitet würden, bestätigt Wiegand gegenüber UZ. Diese versuchten dann, gegen den Betriebsrat zu schießen, indem sie ihn für überflüssig erklärten oder versuchten, ihn unschädlich zu machen und alles durchzuwinken, was das Management sage. Das könne mitunter noch schlimmer sein als eine betriebsratsfreie Zone, in der eventuell durch Betriebsvereinbarungen noch etwas für die Beschäftigten erreicht werden könne.

„Amazon nimmt zum Beispiel noch Union-Busting-Kanzleien dazu, um seine Interessen juristisch durchzufechten. Aber die Sozialtechniken, die Bespitzelung und Überwachung, die Bearbeitung der Betriebsräte übernimmt dann die interne Stabsstelle. Man kann auch vermuten, dass manche Unternehmen sie dann auch bespitzeln, aber das ist natürlich schwer nachzuweisen“, erklärt der Sprecher des 2014 gegründeten Vereins, der Union Busting erforscht und Belegschaften bei Arbeitskämpfen und Betriebsratsgründungen berät. „Ein kleineres Unternehmen wird sich so eine Stabsstelle nicht leisten können und da bietet es sich natürlich an, direkt eine Kanzlei zu beauftragen, die das gesamte Union Busting regelmäßig und kontinuierlich praktiziert. Dort sammelt sich dann das strategische, juristische und praktische Know-how für die Umsetzung.“

Wie aber lässt sich Gegenwehr entwickeln? Wie kann man gegen einen scheinbar so übermächtigen Gegner mit finanziellen Ressourcen gewinnen? Für Wiegand ist schon viel gewonnen, wenn es gelingt, in der ständigen Auseinandersetzung ein Bewusstsein zu schaffen. Denn der Gegner agiere weitgehend im Verborgenen, so dass das Thema immer noch unterbelichtet sei. Es sei wichtig, dass jemand den Fokus darauf lege, sich an die Fersen der einzelnen Akteure hefte und diese auch benenne. Dadurch könne Schlagkraft entwickelt werden, das ärgere diese Akteure ungemein, wenn sie mit der Öffentlichkeit konfrontiert würden. Es sei wichtig, Impulse setzen und zu hoffen, dass sich das fortpflanze. Oft würde aber auch im Hintergrund beraten, denn der Verein habe einen Ruf wie Donnerhall bei den Unternehmen. Auf der Vereinswebseite würden aber auch einige Fälle dokumentiert, um harte Fälle abzubilden und nachvollziehbar zu machen.

Siehe auch „Kriminelle Vereinigungen“, UZ-Interview mit Elmar Wiegand in der Ausgabe vom 29. September.

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"Union Buster entlarven", UZ vom 20. Oktober 2023



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